Ein einflussreicher Beamter des Bundeskriminalamts kandidiert nach Informationen von SPIEGEL ONLINE für die rechtspopulistische AfD. Michael Goebel will sich am Sonntag in den Stadtrat von Wiesbaden wählen lassen.
In der Zentrale des Bundeskriminalamts sorgen die politischen Ambitionen eines einflussreichen Beamten derzeit für große Unruhe. Denn nach Informationen von SPIEGEL ONLINE tritt der stellvertretende Gesamtpersonalratsvorsitzende im BKA, Michael Goebel, am kommenden Sonntag für die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) bei der Stadtverordnetenwahl in Wiesbaden an. Auch seine Frau kandidiert für die AfD.
Auf Anfrage teilte Goebel mit, er könne in seinem politischen Engagement "keinen Verstoß gegen irgendwelche Gesetze, Regeln oder vereinbarte Verhaltensweisen" erkennen. Unbeantwortet ließ er die Frage, weshalb er sich für die AfD hat aufstellen lassen. Goebel verwies jedoch darauf, der AfD nicht anzugehören, sondern "als Parteiloser nur auf einem der hinteren Plätze der Wahlliste des AfD-Kreisverbandes Wiesbaden" zu kandidieren. Daher sei für ihn auch "ausschließlich" das Programm der AfD Wiesbaden maßgeblich.
Ein Sprecher des BKA erklärte, die Kandidatur des Mitarbeiters Goebel nicht kommentieren zu können. "Das politische Engagement eines Beamten ist gegenüber dem Dienstherrn grundsätzlich nicht anzeigepflichtig", hieß es. Die Rechte und Pflichten richteten sich nach dem Bundesbeamtengesetz.
Goebel vertritt im BKA-Personalrat die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die zum Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gehört und als SPD-nah gilt. Auch BKA-Chef Holger Münch, der nach einer Karriere in den Bremer Sicherheitsbehörden Ende 2014 an die Spitze des BKA berufen wurde, ist Mitglied der GdP.
Auf Anfrage sagte der Vorsitzende des GdP-Bezirks im BKA, Niko Speicher, das parteipolitische Engagement seiner Gewerkschaftsmitglieder sei ihm "im Einzelnen nicht bekannt". Es gebe dazu keine Meldepflicht. Natürlich sei eine Mitgliedschaft in Parteien zulässig, die auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden, Parteipolitik spiele aber keine Rolle in der GdP. Im Zweifel würde man sich jedoch auch "mit Argumenten von AfD-Mitgliedern im Rahmen eines demokratischen Diskussionsprozesses auseinandersetzen", so Speicher.
Der Gesamtpersonalrat soll als Interessenvertretung der Belegschaft ein Gegengewicht zur Behördenleitung bilden und ist daher in alle wichtigen strategischen Prozesse und Entscheidungen des BKA eingebunden. Am Mittwoch und Donnerstag wurde er neu gewählt.
Laut ihrem Programm versteht sich die Wiesbadener AfD als "wertkonservative Partei", die sich unter anderem für mehr Polizei, eine bessere Straßenreinigung und die "Bestrafung von Verschmutzern" einsetzt. Sie fordert zudem, "dass Integrationsmaßnahmen für neu ankommende Flüchtlinge nicht zu Nachteilen für die ansässige einheimische Bevölkerung führen dürfen".
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die AfD in einem Interview zuletzt als "Schande für Deutschland" bezeichnet. "Solche Demagogen zu wählen, denen die Unseriosität auf die Stirn geschrieben steht, hat Deutschland stets geschadet", sagte Schäuble vor einigen Wochen der "Passauer Neuen Presse". Vorausgegangen war die Äußerung von AfD-Chefin Frauke Petry, Flüchtlinge müssten notfalls mit Waffengewalt am illegalen Grenzübertritt gehindert werden.