Baden-Württemberg
Traurige Winterfolgen: Vier Obdachlose sind schon erfroren
An den Folgen der großen Kälte in diesem Winter sind in Baden-Württemberg bisher vier Obdachlose gestorben. Warum werden die Notunterkünfte nicht immer genutzt?
STUTTGART (dpa). Nach Angaben eines Sprechers der Liga der Freien Wohlfahrtspflege kamen zwei Wohnsitzlose in Ulm und einer in Mannheim ums Leben. Ein weiterer toter Obdachloser wurde am Samstag ebenfalls in Mannheim auf dem Balkon eines leerstehenden Hauses gefunden, wo er vermutlich schon vor einigen Tagen erfroren war.
Die Todesfälle sind aber nicht darauf zurückzuführen, dass es zumindest in den großen Städten nicht ausreichend Notunterkünfte gäbe. Doch bei den Wohnsitzlosen könnte nach Einschätzung der Fachleute die Akzeptanz für die Unterkünfte besser sein. Einige Obdachlose meiden den Weg in die Quartiere sogar ganz bewusst. Oft sind es persönliche Gründe, manchmal schreckt sie aber auch die Atmosphäre mit Unruhe und Gewalt ab. "Um einen der Männer, die in Ulm ums Leben gekommen sind, hatten sich schon mehrere Menschen bemüht. Er konnte Hilfe einfach nicht annehmen", berichtete Karin Ambacher, Leiterin des DRK-Übernachtungsheims in Ulm. 27 Plätze gebe es in dem Heim, 24 seien derzeit belegt. Bei Bedarf könnten weitere geschaffen werden.
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Die Gründe dafür, nicht in die Notunterkunft zu gehen, seien vielschichtig. Einige Obdachlose seien stolz darauf, selbst bei bitterem Frost draußen zu bestehen, andere hätten Angst vor Neuem. Auch das Heim selbst schrecke manchen ab. "Es ist keine Jugendherberge", sagt die Leiterin. Nachts sei es schon mal unruhig, hin und wieder gebe es Streit unter den Bewohnern. In den meisten Fällen ließen sich die Betroffenen aber aus psychischen und persönlichen Gründen nicht helfen.
Auch in Mannheim sind solche Vorbehalte bekannt, wie eine Stadtsprecherin sagte. Deshalb setzt die Stadt bei Minusgraden zusätzlich einen "Kältebus" ein. Dieser fährt von 22 bis 2 Uhr die bevorzugten Übernachtungsplätze von Obdachlosen ab, wo heiße Getränke, Decken und warme Kleidung verteilt werden. Im Notfall wird zudem medizinische Hilfe vermittelt. Wer möchte, kann sich mit dem Bus auch zur Übernachtungsstelle mit 25 regulären Plätzen und 25 Notbetten bringen lassen.
Freiburg macht die Notunterkünfte durch fünf Streetworker bekannt, die oft die Kälte am eigenen Leib spüren. "Sie sind selbst meist mit doppelter Unterwäsche unterwegs", berichtet eine Sprecherin. Die Stadt habe ein großes Aufnahmehaus mit 72 Plätzen. "Wir hatten in zwölf Jahren noch nie ein volles Haus." Bei anderen Trägern gebe es weitere Übernachtungsplätze. Um Reibereien von vornherein zu vermeiden, sind im Aufnahmehaus spezielle Bereiche für Frauen oder Hundehalter eingerichtet worden. Geht es trotzdem mal hoch her, sollen geschulte Hausmeister dem Streit Einhalt gebieten.