Rund 120 Menschen demonstrieren gegen ihrer Meinung nach “rassistische Polizeikontrollen”. Hintergrund ist ein Polizeieinsatz in der Hafenstraße.
Auf das Angebot eines Polizisten, die Demo doch noch anzumelden, wollten die Demonstranten nicht eingehen. Stattdessen setzten sich die rund 120 Teilnehmer, die sich am Mittwochabend um 20 Uhr am Antonipark, unweit der Hafenstraße auf St. Pauli versammelt hatten, unter lauten Rufen und zur Überraschung der Beamten unerwartet in Bewegung. Bereits nach wenigen Metern versuchten Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei, den Demonstranten an der Straße St. Pauli Fischmarkt den Weg abzuschneiden und den Demonstrationszug aufzustoppen.
Daraufhin löste sich die Demonstration zwar auf, dennoch zogen im Anschluss immer wieder Kleingruppen von Demonstranten durch die Straßen von St. Pauli. Die Polizei versuchte den Abend über, einzelne Gruppen festzusetzen. Meist jedoch vergeblich. “Keine Chance, die lassen uns auf zehn Meter rankommen, dann sind sie weg”, keuchte ein erschöpfter Beamter in sein Funkgerät. “Das klassische Katz-und-Maus-Spiel”, wie ein anderer Kollege es nennt.
Es habe jedoch keine besonderen Vorkommnisse gegeben, so ein Polizeisprecher am Abend. Die Polizei habe zahlreiche Personalien festgestellt. Ingewahrsamnahmen oder gar Festnahmen seien nicht erfolgt.
Hintergrund der heutigen Demonstration ist ein Polizeieinsatz am Dienstagnachmittag in der Hafenstraße. Laut Bewohnern habe es gegen 15:45 Uhr „rassistische Polizeikontrollen“ rund um die Hafentreppe gegeben. Die Beamten seien dabei äußerst aggressiv vorgegangen, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung, die am Mittwoch im Internet veröffentlicht wurde. Mindestens zwei Personen seien von der Polizei „brutal mitgenommen“ worden. Anwohner, die sich den Beamten in den Weg gestellt und versucht hätten, die Situation mit Handys zu filmen, seien „gewaltsam angegangen“ worden.
Die Polizei bestätigte den Einsatz auf Nachfrage und teilte mit, es habe sich um eine Rauschgiftkontrolle im Bereich der Hafentreppe gehandelt. Wie berichtet, fanden dort in den vergangenen Monaten mehrfach sogenannte Schwerpunkteinsätze zur Bekämpfung der Drogenkriminalität statt. Bei dem Einsatz sei ein 20-Jähriger vorläufig festgenommen worden. Eine weitere Person sei flüchtig.
Zudem wurden bei dem Einsatz laut Polizei mindestens drei Personen leicht verletzt, darunter zwei Polizisten und eine 60-jährige Anwohnerin, die offenbar versuchte, den Beamten den Zutritt in eine der Wohnungen zu verweigern. Bewohner der Hafenstraße berichten zudem, dass mindestens vier weitere Anwohner durch Pfefferspray verletzt wurden. Es soll bereits der zweite Vorfall innerhalb weniger Wochen gewesen sein. Demnach sei die Polizei bereits Anfang Februar in die Räume der sogenannten “HafenVokü” eingedrungen, um Personalien festzustellen.
Bereits kurze Zeit nach dem Vorfall am Dienstagnachmittag hatten Aktivisten aus der linken Szene zu Protestaktionen aufgerufen. „Dies wird nicht enden, wenn wir es nicht gemeinsam beantworten“, heißt es in einer schriftlichen Mitteilung auf der Internetseite der „HafenVokü“. Auch in den sozialen Netzwerken äußerten Unterstützer aus der linken Szene ihren Unmut: „Vor etwas mehr als zwei Jahren zeigten die fulminanten Proteste gegen die polizeilichen Hetzjagden auf Lampedusa in Hamburg und gegen das Gefahrengebiet, dass es möglich ist, der Polizei in St. Pauli effektiv Schranken aufzuweisen. Zeit für Runde Zwei!“