Ein Wettstreit der Revolutionärsten: Verpasste Chancen auf NaO-Tagung in Berlin

Erstveröffentlicht: 
15.02.2016

Linke haben eine neue Initiative gegründet, NaO genannt. Deren Untergruppen streiten am liebsten mit sich selbst - so das Fazit einer Tagung in Berlin.

 

Von Peter Nowak

»Imperialismus. Krise. Krieg. Fragen. Antworten. Widerstand«, lautete das Motto der zweitägigen Internationalismustage, die am vergangenen Freitag und Samstag in Berlin stattgefunden haben. Eingeladen hatte die Neue Antikapitalistische Organisation (NaO). Zu diesem Projekt hatten sich Ende 2013 nach einer längeren Diskussion mehrere Gruppierungen vor allem aus dem trotzkistischen und linksgewerkschaftlichen Spektrum zusammengeschlossen. In der Gründungserklärung hieß es, man wolle »ein internationalistisches und klassenkämpferisches Profil in der radikalen Linken vertreten«.

 

Im Oktober 2014 hatte sich die »Antifaschistische Revolutionäre Aktion« (ARAB) der NaO angeschlossen. Doch danach hat man von dem neuen Bündnis wenig gehört. Auf den Internationalismustagen wurde nun in Arbeitsgruppen über die Situation in Griechenland, Kurdistan, Portugal, Syrien und Polen diskutiert. Am Freitagabend sollte sich eine Podiumsdiskussion auch hiesigen Verhältnisse zuwenden. Das Motto der Debatte und die Zusammensetzung des Podiums versprachen eine kontroverse Diskussion. »Der deutsche Imperialismus auf dem Vormarsch - und die radikale Linke?«, lautete der Titel. Doch eigentlich ging es nur um die Frage: »Wer ist der Revolutionärste im ganzen Land?«

 

Diesen ironischen Einwurf machte ein Zuhörer. Zuvor hatte ein junger Mann, der sich als Mitglied der trotzkistischen Jugendorganisation Revolution vorstellte, bereits den Diskussionsstil kritisiert. Er sei nach Berlin gekommen, weil er sich Perspektiven für seine politische Arbeit erhofft. Das Bedürfnis mancher Diskussionsteilnehmer, nur die eigene Kleingruppe als revolutionär anzusehen und alle anderen als Reformisten zu entlarven, bezeichnete er als unerträglich.

 

Vor allem Tim Fürup von der Strömung Antikapitalistischen Linke in der Linkspartei wurde zur Zielscheibe der Kritik. Er hatte erklärt, dass eine Stärkung der LINKEN bei den Wahlen positive Wirkungen auf die außerparlamentarischen Kräfte hätte. Ein Vertreter des außerparlamentarischen Bündnisses Interventionistische Linke (IL) stimmte Fürup zu. Er betonte, dass parlamentarische und außerparlamentarische Linke auf verschiedenen Ebenen agieren und sich solidarisch aufeinander beziehen können.

 

Georg Ismael von der Gruppe Revolution warnte dagegen vor Illusionen bezüglich der reformistischen Linken. Allerdings betonte er, dass er sich trotz seiner scharfen Kritik mehr Aktivitäten von der IL und der Linkspartei wünsche. Im Publikum stieß er damit nicht nur auf Zuspruch. Ein Teilnehmer forderte die entschiedenen Linken zum Verlassen der Linkspartei auf, weil die längst im System angekommen sei.

 

Die NaO zumindest dürfte als Alternative ausfallen. Offen wurde die Krise in der noch jungen Organisation angesprochen. Es sei nicht gelungen, die Unterschiede zwischen den am NaO-Prozess beteiligten Gruppen zu überwinden und gemeinsam einen Neuanfang zu beginnen. Das Fazit der Diskussion ist daher ernüchternd. Während der deutsche Imperialismus erstarkt, ist ein Teil der radikalen Linken vor allem damit beschäftigt, die Verantwortung dafür, bei anderen linken Gruppierungen zu suchen.