„Die Bundesregierung bagatellisiert das Problem, dass die aufgrund eines Europäischen Haftbefehls von Deutschland ausgelieferten Personen anschließend von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung betroffen sein könnten. Dies ist besonders gravierend wenn die Bundesregierung an Staaten ausliefert, die schon bei den Ermittlungen für den Haftbefehl Folter oder Zwang einsetzen“, erklärt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag Andrej Hunko.Die Zahl der nach dem Europäischen Haftbefehl Ausgelieferten steigt weiter. In 2014 wurden 1.197 Personen an den Ausstellungsstaat überstellt. Unter ihnen waren 39 deutsche Staatsangehörige, auch diese Zahl nimmt weiter zu. Die Zahl der von der Bundesregierung ins Schengener Informationssystem eingestellten EU-Haftbefehle pendelte sich 2014 mit 2.219 Personen wieder auf hohem Niveau ein.
Andrej Hunko weiter:
„Laut der Antwort sind die praktischen Probleme der Haftbefehle und
Überstellungsverfahren nicht restlos behoben. Dies betrifft die mitunter
fehlende Verhältnismäßigkeit, die lange Bearbeitungsdauer oder die zu
kurze vorgegebene Frist.
Nach der Umsetzung des Rahmenbeschlusses in 2009 werden
Auslieferungsersuchen für ausländische Staatsangehörige nur
oberflächlich geprüft. Wie problematisch das ist, zeigt der Fall des
nach Frankreich abgeschobenen Tomás Elgorriaga Kunze. Nach seinen
Aussagen wurde er in Spanien in Isolationshaft gefoltert und
misshandelt, weshalb er das Land verließ und in Deutschland
untertauchte.
Ausgeliefert wurde der spanische Staatsangehörige zunächst an
Frankreich. Ich fürchte, dass Herr Elgorriaga Kunze nun nach Spanien
‚durchgereicht‘ wird, womit er in die Hände seiner früheren Folterer
fallen könnte.
Die Regierung Spaniens wurde vor einem Jahr ein weiteres Mal durch
den UN-Ausschuss gegen Folter gerügt. Auch Amnesty International
kritisiert, dass die Definitionen für Folter und Verschwindenlassen in
der spanischen Gesetzgebung nicht internationalen
Menschenrechtsstandards genügen.
Es handelt sich bei der Auslieferung von Herrn Elgorriaga Kunze also
um einen Fall von besonderer politischer und rechtlicher Bedeutung. Die
zuständigen Landesjustizbehörden hätten das Bundesamt für Justiz
darüber informieren müssen. Stattdessen wurde Herr Elgorriaga Kunze in
einer Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Information seiner Anwälte
ausgeliefert. Seine Versuche, politisches Asyl zu beantragen, wurden
ignoriert.
Das mit dem Europäischen Haftbefehl deutlich verkürzte und
vereinfachte EU-Auslieferungsverfahren gehört deshalb auf den
Prüfstand“.