Razzia gegen rechtes Netz in Sonneberg

Erstveröffentlicht: 
28.01.2016

Die Bundesanwaltschaft und das Bundesinnenministerium sind gegen eine der größten Neonazi-Plattformen Deutschlands vorgegangen. In diesem Zusammenhang gab es auch eine Polizeiaktion in Sonneberg.

 

Erfurt -  Es ist ein Schlag gegen rechtsextreme Hetze im Netz: Die Bundesanwaltschaft hat Razzien in mehreren Bundesländern angeordnet, um dem Verdacht nachzugehen, die Betreiber der Neonazi-Plattform „Altermedia“ hätten eine kriminelle Vereinigung gebildet. Ausgeführt wurden die Razzien nach Angaben der Strafverfolgungsbehörde bereits am Mittwoch von Polizisten des Bundeskriminalamtes. Dabei seien auch eine 47-Jährige sowie ein 27-Jähriger festgenommen worden, die die Rädelsführer der Vereinigung gewesen sein sollen. Parallel zu den Razzien verbot das Bundesinnenministerium „Altermedia“. Dort werde zu Straftaten aufgerufen und der Nationalsozialismus werde dort gerechtfertigt, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Das sei mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.

„Altermedia“ war über mehr als zehn Jahre hinweg eine der zentralen Plattformen der rechtsextremen Szene in Deutschland. Zuletzt hatte das Portal allerdings an Relevanz verloren, weil auch mehr und mehr Neonazis begonnen haben, soziale Netzwerke wie Facebook zu nutzen.

Nach Angaben des Internetportals „Blick nach Rechts“ stammt der 27-Jährige aus St. Georgen im Schwarzwald, die 47-Jährige aus Bielefeld. Die Macher des Portals gelten als Experten für die rechte Szene in Deutschland und beobachten sie seit Langem.

Eine der Razzien im Zusammenhang mit den „Altermedia“-Ermittlungen der Bundesanwaltschaft fand darüber hinaus nach Informationen unserer Zeitung in Haselbach, einem Ortsteil der Stadt Sonneberg, statt. Dort wurde eine Immobilie durchsucht, die einer Frau gehört, die auch Mitglied der Thüringer NPD ist. Gegen sieben Uhr morgens seien dort mehrere Polizeifahrzeuge mit Bonner Nummernschild vorgefahren, sagten Augenzeugen unserer Zeitung. In der Region Bonn hat das Bundeskriminalamt einen seiner Dienstsitze. Anschließend seien Polizisten in das Haus der Frau gegangen und hätten sich dort bis zum Mittag aufgehalten, sagten die Augenzeugen. Ob bei dem Einsatz Gegenstände beschlagnahmt worden sind, ist unklar. Die Frau selbst sei nicht verhaftet worden, hieß es. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte mit Rücksicht auf das laufende Verfahren keine weiteren Details zu den Ermittlungen oder den Ergebnissen der Razzien nennen.

Die Frau aus Haselbach war auch in der Region schon seit Längerem wegen ihrer Vernetzung innerhalb der rechten Szene aufgefallen. Ihr Haus soll sie immer wieder für Veranstaltungen von Rechtsextremen zur Verfügung gestellt haben. Interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Während der Polizei-Aktion soll nach Augenzeugenberichten der Thüringer „Gebietsleiter“ der Holocaust-Leugner-Organisation „Europäische Aktion“ zum Haus der Frau gekommen sein. Auch er wohnt inzwischen in der Region. Nach Angaben der Linke-Landtagsabgeordneten Katharina König soll die Frau zudem auch in einem anderen, seit 2012 verbotenen Neonazi-Onlineforum aktiv gewesen sein.

 Wie auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling warnte König davor, sich von dem Schlag gegen „Altermedia“ allzu große Erfolge im Kampf gegen rechte Hetze im Internet zu versprechen. „Die Ersatzstrukturen sind längst in unterschiedlichsten Formen etabliert“, sagte König.