Gasthof oder Asylheim: „Altranstädter haben es selbst in der Hand“

Erstveröffentlicht: 
22.01.2016
Hemdsärmliger Inhaber Joachim Nöske droht / Kreis bleibt bei Ablehnung

VON JöRG TER VEHN

 

Markranstädt. Der traditionsreiche Landgasthof Altranstädt soll im Mai wieder eröffnen. Inhaber Joachim Nöske kündigt allerdings an, dass daraus schon ab Herbst eine Flüchtlingsunterkunft werden würde, wenn der Laden nicht laufe. So einfach geht das aber wohl nicht.

 

Inhaber Joachim Nöske habe im Ort eigentlich bislang einen guten Ruf gehabt, erzählt Ortsvorsteher Gerhard Schmit. Immerhin habe der Leipziger Gastronom den Gasthof wieder auf Vordermann gebracht und an Jörg Seifert verpachtet. Das seien die besten Jahre gewesen, weiß der Ortschef.

 

Seifert hat das Haus längst verlassen, sich Richtung Markranstädt orientiert. Der geräumige Gasthof stand danach lange leer, war nur kurze Zeit wieder in Betrieb, leider ohne großen Erfolg, wie Nöske erklärt. Gleichwohl hatten Nachbarn beobachtet, wie der Inhaber in den vergangenen Tagen große Mengen Betten in sein Haus bringen ließ, und Alarm geschlagen. Der Kreis hatte reagiert und erklärt, dass der Gasthof für eine Unterbringung von Flüchtlingen zwar mal im Gespräch war, aber wegen der ungünstigen Raumaufteilung und hohen Umbau- und Sanierungskosten wieder verworfen worden sei (die LVZ berichtete).

 

Er habe eine Hoteleinrichtung mit 60 Betten günstig erwerben können und diese im Saal eingelagert, erklärt Nöske. Im Mai werde das Gasthaus wieder öffnen. „Mit einem tschechischen Wirtepaar und richtig guter Küche“, schwärmt er. Das Haus werde wieder so gut wie zu Seiferts Zeiten, glaubt er. Gleichwohl hat Nöske aber für „Plan B“ schon mal die Betten bereitgestellt. Denn wenn der Gasthof nicht so gut angenommen und genutzt wird, werde daraus ab September eine Unterkunft für rund 120 Flüchtlinge, kündigt er an. „Die Altranstädter haben es selbst in der Hand“, meint er verschmitzt.

 

Bis zum 1. Juli wolle er die Entwicklung abwarten, danach entscheiden. Eine polnische Firma stehe bereit, die nötigen Umbauten etwa für den Brandschutz im Sommer vorzunehmen. Schon ab September könnten dann 120 Asylberechtigte einziehen. „Der Umbau kostet den Kreis nichts, das zahle ich alles selber“, glaubt er an sein Geschäft.

 

Nöske, schillernder Wirt der Nachwendezeit, war wegen seiner „anpackenden Geschäftsauffassung“ schon öfter in Kontakt mit der Justiz, hatte auch schon eine dreieinhalbjährige Haftstrafe aufgebrummt bekommen. Seine „Idee“ trifft beim Kreis aber weiter auf Ablehnung. Das Haus sei nicht geeignet, es gebe dazu auch keine Gespräche, so Sprecherin Brigitte Laux. Private könnten zwar Plätze zur Verfügung stellen, aber auch da müsse es einen Vertrag mit dem Kreis geben.

 

Asylberechtigte, also anerkannte Asylbewerber oder Flüchtlinge, könnten hingegen ihren Wohnsitz frei wählen und selbst mit einem Vermieter Verträge schließen - außer sie bekämen Sozialhilfe oder Leistungen wie etwa Hartz IV. Dann gälten die Bestimmungen wie für eine Unterkunft, und die Mietverträge würden entsprechend geprüft. Der Kreis vergebe keine Berechtigungsscheine für Wohnraum oder ähnliche Papiere, so Laux. Leipziger Flüchtlinge könnten wegen des geltenden Territorialprinzips nicht so ohne weiteres nach Altranstädt ziehen.

 

Die Drohung bleibt dennoch bestehen, und Nöske gilt als pfiffiger Geschäftsmann. Schmit wollte seine vielen Fragen noch am Donnerstagabend beim Ortschaftsrat ansprechen. Bürgermeister Jens Spiske erklärte vorab, er halte das Betreiben einer Asylunterkunft im dörflichen Bereich weder für die Asylbewerber/Flüchtlinge noch für die Bewohner für sinnvoll. Die Stadtverwaltung sei sensibilisiert. Spiske: „Wir werden sehr genau beobachten, was da passiert.