Umstrittene Veranstaltung in Ludwigsburg: 40 Polizisten für 90 Reichsbürger

Erstveröffentlicht: 
18.01.2016

Die umstrittene Versammlung der Reichsbürgerbewegung in Ludwigsburg und die Gegendemo verlaufen friedlich, die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Was genau im Saal besprochen wurde, bleibt nebulös.

 

Nicht alle Personen, die sich am Sonntag vor dem Hotel Krauthof in Ludwigsburg aufhielten, sind politisch weit rechts zu verorten. Die regulären Hotel- und Restaurantgäste sowieso nicht – sie dürften sich eher über das große Polizeiaufgebot gewundert haben. Vermutlich gehören auch nicht alle, die eigens zu der umstrittenen Vortragsveranstaltung der Reichsbürgergewegung gekommen waren, eindeutig zum ganz rechten Spektrum. Manche aber offenkundig schon, denn die Einladung ließ an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig.

 

Über die „geplante Umvolkung der BRD“ und „Asylanten als Invasoren“, so hieß es vorab, sollte im Krauthof gesprochen werden. Weshalb sich am Sonntag dort rund 20 linke Gegendemonstranten versammelten. 40 Einsatzkräfte hatte die Polizei zusammengezogen, um bei Auseindersetzungen einschreiten zu können – zu denen es indes nicht kam. „Es blieb ruhig und gab keine größeren Probleme“, sagt der Polizeisprecher Peter Widenhorn.

 

Drei Teilnehmer fahren mit der Reichsflagge am Auto vor


Untätig waren die Beamten trotzdem nicht. Gegen einen Reichsbürger wurde ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet. Er hatte, so Widenhorn, einen „verbotenen Gegenstand“ offen in seinem Auto herumliegen lassen. Drei weitere Teilnehmer der Versammlung müssen wegen manipulierter Autokennzeichen Bußgeld zahlen: Statt des weißen Buchstabens „D“ auf blauem Grund mit Europaflagge klebte eine Reichsflagge auf ihren Nummernschildern. Die Reichsbürgerbewegung negiert die Existenz der Bundesrepublik und behauptet, das Deutsche Reich bestehe fort.

 

Eingeladen hatte zu der geschlossenen Veranstaltung eine Gruppierung mit dem Namen Primus inter Pares, den zentralen Vortrag hielt Gerhard Föll, der in Ludwigsburg wohnt. Inhaltlich ist Föll schwer zu fassen. Er betont, kein Rassist und kein Anhänger der Reichsbürger zu sein. Er sagt Sätze wie: „Es ist wichtig, Flüchtlingen in Not zu helfen.“ Er lobt die „vorbildliche Integration“ in Ludwigsburg. Aber er sagt auch, dass „die Kriegstreiber USA und Nato Flüchtlinge mobilisieren“. Denn dahinter stecke „ein alter Plan, um Europa zu destabilisieren“. Die Kanzlerin Angela Merkel sei eine Erfüllungsgehilfin für diesen Plan.

 

Es sei kein „rassistisches Wort gefallen“, sagt der Redner


Die Linken-Stadträtin Claudia Dziubas war am Sonntag vor Ort, um sich ein Bild von den Reichsbürgern machen. Gelungen ist ihr das nur zum Teil. Als Dziubas den Tagungsraum betreten wollte, verlangten die Organisatoren von ihr, ein Formular auszufüllen. Darin sollte sie unter anderem angeben, ob bei ihr ein „beglaubigter Ahnennachweis bis vor 1913 vorhanden“ sei. Außerdem sollte sie für zehn Euro eine Tagesfördermitgliedschaft bei Primus inter Pares abschließen, wozu sie nicht bereit war. „Wir wollen diesen Verein ja nicht finanziell unterstützen“, sagt Dziubas, zumal sie sich unter diesen „merkwürdigen Menschen sehr unwohl gefühlt“ habe.

 

Auch Jochen Faber, unter anderem Vorsitzender des Fördervereins Synagogenplatz, lehnte es wegen der Auflagen ab, den Saal zu betreten. „Mich hat das an eine Sekte erinnert“, sagt er. „Die wollen unter sich bleiben.“ Angekündigt war, dass im Krauthof auch über Vereinsgründungen und die weitere Vernetzung der Reichsbürger gesprochen wird – ob dies der Fall war, ist unbekannt. Denn auch die Presse hätte den Vortragsraum nur betreten dürfen mit der Auflage, nicht über die Veranstaltung zu berichten. Nach Fölls Angaben lauschten rund 90 Personen seinem Vortrag. Auch in diesem Zusammenhang ist es ihm wichtig zu sagen, dass dabei „kein einziges rassistisches Wort“ gefallen sei. Von der Gegendemonstration vor der Tür habe er nichts mitbekommen.

 

Peter Kraut, der Chef des Krauthofs, wollte sich am Montag nicht mehr zu der umstrittenen Veranstaltung in seinem Haus äußern.