Leipzig. Lag es am Versammlungsverbot, das die Stadt am Mittwoch für das Gebiet verhängt hatte? Die Silvesternacht am Connewitzer Kreuz ist anders als in den Vorjahren friedlich verlaufen. Nach Polizei-Schätzungen brannten 500 bis 1000 überwiegend junge Leute zwischen 23.50 und 0.40 Uhr ein ohrenbetäubendes Feuerwerk ab. Mit Raketen, Knallern und Bengalos tauchten sie die große Kreuzung im Süden in dichte Rauchschwaden.
Um 1 Uhr lichtete sich der Nebel, rückte auch schon die Stadtreinigung an, um die Fahrbahnen zu säubern. Polizeisprecher Andreas Loepki sprach zu diesem Zeitpunkt von einem „Silvester ohne besonders erwähnenswerte Vorkommnisse oder Straftaten“. Diese Einschätzung treffe auch auf die Lage am Augus-tusplatz und die Situation in den übrigen Leipziger Stadtteilen zu. „Hier und da haben Kollegen bei Schlägereien eingreifen müssen. Aber das ist in einer solchen Nacht normales Geschäft“, so Loepki.
In den Straßen rund um das Connewitzer Kreuz hatte die Einsatzleitung Dutzende Bereitschaftspolizisten in Stellung gebracht – für den Ernstfall. Die Beamten hielten sich während der Feierlichkeiten aber dezent im Hintergrund. Schon Stunden vor der großen Knallerei hatte es Pa-trouillenfahrten durch den Kiez gegeben. Auch nachdem sich die Menge aufgelöst hatte, blieb es bei den Kontrollen.
Anders als 2014, als den Behörden konkrete Randale-Hinweise vorlagen und gewaltbereite Autonome aus anderen Städten ihr Kommen im Vorfeld avisiert hatten, gab es für die Ordnungshüter diesmal offenbar deutlich weniger Grund zur Sorge. In der abschließenden Medieninformation zum Silvestergeschehen von gestern hieß es: „Der letzte Tag des Jahres 2015 und die Silvesternacht verliefen für die Polizeidirektion Leipzig und die im Einsatz befindlichen Kräfte vergleichsweise ruhig. Insofern bestätigte sich auch die zuvor formulierte Erwartungshaltung.“
Ausschlaggebend für diese Erwartungshaltung war nicht zuletzt das Versammlungsverbot, das die Kommune unter der Woche für Silvester, 23 Uhr, bis Neujahr, 6 Uhr, rund ums Connewitzer Kreuz erlassen hatte – ein Novum. Wie berichtet, waren Aufzüge und öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel in dieser Zeit untersagt. „Grund sind die unangezeigten Versammlungen der Vorjahre und deren Verlauf sowie die Lageeinschätzung der polizeilichen Behörden“, hatte das städtische Ordnungsamt als Begründung angeführt. Die Allgemeinverfügung galt für den Bereich zwischen Richard-Lehmann-Straße, Arthur-Hoffmann-Straße, Zwenkauer Straße, Meusdorfer Straße sowie Windscheidstraße und Brandstraße. Dort hätte die Polizei die Handhabe besessen, Spontan-Demos unverzüglich aufzulösen.
Zum Äußersten aber kam es nicht. Es liefen zwar Hunderte Menschen am Kreuz zusammen, um das neue Jahr mit dem Abbrennen von Unmengen an Pyrotechnik zu begrüßen, doch gegen diese Art der Versammlung konnte kein Mensch etwas haben. Wohl führte die Polizei während des Feuerwerks vereinzelt Rucksack-Kontrollen durch. Nennenswerte Schäden an Geschäften, Kiosken oder den Haltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) waren bis gestern Morgen nicht zu verzeichnen. Die LVB hatten allerdings vorgesorgt, ihre Station an der Südbrause aufwändig gesichert und die Glaswände der Unterstellhäuschen demontiert.
„So friedlich wie diesmal ist es hier Silvester noch nie zugegangen“, sagte eine Anwohnerin aus der Kochstraße, die das Geschehen gemeinsam mit ihrer kleinen Enkelin aus einem Fenster im zweiten Stock beobachtete. Symbolisch für die vergleichsweise entspannte Lage: Ein weißer Luftballon, von zwei jungen Männern kurz nach Mitternacht mitten auf der Kreuzung drapiert, hielt den Detonationen stand.