Schon zwei AfD-Chefs haben versucht, den merkwürdigen Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke zu entmachten; in beiden Fällen bisher ohne Erfolg. Im Frühsommer war es Bernd Lucke, der sich von Höcke distanzierte und seinen Parteiaustritt forderte. Kurz zuvor hatte Höcke die NPD-Mitglieder in Schutz genommen. Nicht alle von ihnen, meinte er, seien extremistisch. Lucke schäumte, doch das Parteiverfahren zog sich hin. Höcke blieb, es war Lucke, der wenige Wochen später gestürzt wurde und danach die AfD verließ.
Nun steht die neue AfD-Chefin Frauke Petry vor ihrem Höcke-Problem. Wieder hat der Thüringer etwas Provozierendes gesagt, wieder fällt es der Parteispitze schwer, ihn dafür zu maßregeln. Einerseits sind es immer wieder seine seltsam anmutenden, an NS-Begriffe erinnernden Aussagen. Andererseits weitet er immer mehr seinen Einfluss aus: Der Landesvorsitzende aus Sachsen-Anhalt, der im März Landtagswahlen bestehen muss, gilt als treuer Höcke-Gefolgsmann. Außerdem organisiert Höcke regelmäßig Demonstrationen in Erfurt mit hohen Teilnehmerzahlen. Vieles, was dort geäußert wird, verhöhnt den Parlamentarismus.
Doch es ist schwer, Höcke auf seine Positionen festzunageln. Im persönlichen Gespräch wirkt er eher leise und bedächtig, nicht wie ein Scharfmacher. Der 1972 in Westfalen geborene Gymnasiallehrer begnügt sich mit Andeutungen. Seine Kritiker in der AfD bescheinigen ihm zugleich gesittete Umgangsformen. Ihm wird nicht unterstellt, Intrigen zu spinnen.
Der Begriff „völkisch“ wurde auf Höcke angewandt – in dem Sinn, dass er sich gegen eine angebliche „Überfremdung“ wendet und dafür wirbt, dass die Deutschen mehr Kinder bekommen sollen. Damit ist implizit eine tiefe Skepsis gegenüber anderen Kulturen verbunden. Jüngst ging Höcke einen Schritt weiter – er trat in einem Kreis rechtsextremer Intellektueller auf und schwadronierte über „einen lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ im Unterschied zu einem „selbstverneinenden europäischen Platzhaltertypen“. Das klingt rassistisch, und Petry wollte das nicht länger tolerieren. Doch im AfD-Vorstand konnte sie nur eine Rüge gegen Höcke durchsetzen, nicht aber die Forderung nach seinem Amtsverzicht.
Der Fall Höcke stellt mittlerweile Petrys Autorität auf die Probe. Denn ihr bisher wichtigster Verbündeter, der Brandenburger AfD-Chef Alexander Gauland, kritisierte öffentlich das Vorgehen der Parteichefin gegen Höcke, den er in Schutz nahm. Wieder einmal wirkt die AfD tief zerstritten.