Rundschlag: Verdächtige Bartschatten

Erstveröffentlicht: 
17.12.2015

Ermittler quer durch die Republik haben mehr als ein Jahrzehnt lang die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds unter Verdacht gestellt – sie könnten in krumme Geschäfte verstrickt gewesen sein, Drogen, Schutzgeld, Türkenmafia, und wurden deshalb exekutiert von kriminellen Konkurrenten, so etwa stellten sich die Fahnder das vor.

 

In Wahrheit hatten die Erschossenen nichts Böses getan, außer Enver, Mehmet oder Süleyman zu heißen. Seither gärt die Frage: Leiden Teile der Polizei bisweilen an unterentwickeltem Sehvermögen, was rechte Gefahren, und an allzu großer Scharfsicht, was kriminelle Potenziale von Migranten betrifft? Der Fall sollte jeden Polizisten gelehrt haben, wie fatal es ist, sich bei Ermittlungen den Blick verengen zu lassen von Vorurteilen, Stereotypen, Denkschablonen, Klischees.

 

Jeden? Schauen wir uns einen von ihnen näher an. Dieser eine gab neulich dem Magazin „Compact“ ein Interview.

 

Falls Sie „Compact“ nicht kennen – das ist das Heft, dessen Chefredakteur Jürgen Elsässer im Internet forderte: „Soldaten der Bundeswehr, erfüllt euren Schwur und schützt das deutsche Volk und die freiheitliche Ordnung! Besetzt die Grenzstationen, vor allem die Grenzbahnhöfe, und schließt alle möglichen Übergänge vor allem von Süden. Wartet nicht auf Befehle von oben!“ So ein Militärputschle muss doch erlaubt sein, wenn’s gegen die Flüchtlingshorden geht, schließlich war „die Entscheidung der Bundeskanzlerin zur Grenzöffnung Hochverrat“. Zeit Online hat einmal neckisch formuliert: „Wäre die Welt eine Scheibe, müsste man aufpassen, dass das Compact-Magazin nicht rechts herunterfällt.“

 

Dieser eine Polizist also erkor sich „Compact“ als geeignetes Medium, um folgende Botschaft zu streuen: Junge Muslime brächten „aus der Heimat“ eine Idee mit – „Frauen sind weniger wert. Frauen muss man weder beachten noch respektieren. Das gehört fast zu den genetischen Grundbausteinen dieser Kultur.“ Tja, so sind sie, die Muselmänner, so ist halt ihre Kultur, ach was, ihre Natur: Das liegt denen im Blut. Quasi angeboren. Genau, wie Juden krumme Nasen haben, sind Mohammedaner natural born Megamachos.

 

Wer aber ist dieser eine, der das gesagt hat zum Deutsche-wehrt-euch-Heft? Es handelt sich um denselben, der im Jahr 2012 heftig zürnte, weil ein Oberverwaltungsgericht der Polizei untersagte, „Racial Profiling“ zu betreiben, also bei zufälligen Stichprobenkontrollen gezielt Dunkelhäutige oder mit mediterran üppigem Bartschatten Ausgestattete als per se schon mal grundverdächtig rauszupicken. Das Gericht fand, so was verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes – und dieser eine schimpfte: „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus.“ Ja, wo kämen wir denn da auch hin, wenn wir in der Praxis nett zu Negern sein müssten!

 

Ahnen Sie mittlerweile, um wen es sich handelt bei diesem einen? Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, demokratisch gewählter Hauptlautsprecher von 94 000 Mitgliedspolizisten, bekannt aus Funk und Fernsehen, Deutschlands berühmtester Freund und Helfer.

 

Aber schließen wir versöhnlich: Sie sind nicht alle so.