Brandanschlag auf Moschee in Stuttgart: Ein Echo aus der Türkei

Erstveröffentlicht: 
17.12.2015

Nach der Attacke deutet viel darauf hin, dass die Täter aus dem PKK-Umfeld stammen. Migrantenverbände warnen vor kurdisch-türkischen Spannungen.

 

Das Video der Überwachungskamera zeigt, wie vier vermummte Männer eine Scheibe einschlagen und Brandsätze in das Gebäude werfen. Im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach vermietet der Ditib-Moscheeverein Räume für Geschäfte und Restaurants, auch eine Bücherei befindet sich hier. Sie wurden in der Nacht zum Dienstag durch den Brand zerstört, die Polizei beziffert den Sachschaden auf 80.000 Euro.

 

Im Internet bekennt sich am Mittwoch ein „Baran-Dersim-Rachekommando“ zu dem „Angriff mit Molotowcocktails“, wie es auf der Webseite rojaciwan.com heißt. Die Gruppe kündigt weitere Anschläge gegen türkische Einrichtungen an, solange der seit 16 Jahren in der Türkei inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan nicht freigelassen werde.

 

Die Polizei prüft noch, ob das Bekennerschreiben echt ist. Am Abend vor dem Anschlag habe es aber am anderen Ende der Stadt eine Spontandemo von etwa 25 Kurden vor dem türkischen Konsulat gegeben. Nicht auszuschließen sei, dass die Spur in diese Richtung weise.

 

Auch der Sprecher von Civaka Azad, des Kurdischen Zentrums für Öffentlichkeitsarbeit, sagte der taz, er gehe davon aus, dass es sich um „kurdische Jugendliche“ gehandelt habe. Eine Verantwortung der verbotenen PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) schloss er aus, denn die PKK habe die „ganz klare Linie, in Europa keine gewaltsamen Aktionen“ zu verüben, er vermute eine „spontane Tat“. Der Name der Gruppe, die sich nach einem verstorbenen PKK-Kämpfer benannt hat, deutet aber zumindest auf PKK-Nähe hin.

 

Stuttgarter Kurdenvereine verurteilen die Tat


Entsetzt reagierte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „So was sind abscheuliche Taten“, sagte er. Man werde alles tun, um die Täter zu ermitteln. Mehrere kurdische Vereine in Stuttgart verurteilten den Anschlag. Hetav Tek von Komkar, dem überregionalen Verband der Vereine aus Kurdistan, sagte: „Gotteshäuser dürfen niemals zur Zielscheibe werden, und Gewalt lehnen wir aus Prinzip ab.“ Sie sprach von einer „Provokation“.

 

Doch sie befürchtete, dass der Konflikt aus der Türkei nach Deutschland ausstrahlen und Auseinandersetzungen zunehmen könnten. „Es braucht einen langfristigen Dialog zwischen türkischen und kurdischen Verbänden, religiösen und nichtreligiösen“, forderte Tek. Die deutsche Politik solle das unterstützen.

 

Im Südosten der Türkei geht die türkische Armee derzeit mit großer Härte gegen die PKK vor. 24 Menschen wurden dort in den letzten Tagen getötet, darunter mindestens ein Zivilist. Über mehrere Gebiete wurde eine Ausgangssperre verhängt, darunter im Viertel Sur in der Stadt Diyarbak ı r. Mehr als 10.000 Bewohner haben das Viertel wegen der Kämpfe dort verlassen.

 

Schon im September warnte das Landeskriminalamt in einem Lagebericht, auch in Deutschland sei „in Teilen der PKK-Anhängerschaft die Bereitschaft“ erkennbar, „militante direkte Aktionen“ zu planen.

 

Im September hatten Unbekannte in Münster versucht, mit Molotowcocktails das türkische Generalkonsulat in Brand zu setzen. Anfang Dezember wurde die türkische Botschaft in Stuttgart mit Farbbeuteln beworfen. Und erst am Donnerstag stürmten 15 kurdische Demonstranten den Landtag in Düsseldorf und veranstalteten eine Sitzblockade.