Am Mittwoch und Donnerstag kommt der Sächsische Landtag zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen. Ein bisschen sei es wie eine "Jahresendrallye", findet der CDU-Abgeordnete Christian Piwarz mit Blick auf einige Gesetzesabstimmungen. Den meisten Zündstoff bietet dabei die geplante (Wieder-)Einführung der Wachpolizei. CDU und SPD wollen damit die Polizei zumindest vorübergehend entlasten. Teile der Opposition halten es für falsch, die "Hilfssheriffs" schon nach drei Monaten in den Einsatz zu schicken. Über Umwege wird der Landtag auch noch einmal über die Krawalle am vergangenen Wochenende in Leipzig sprechen. Zum Auftakt der Sitzung am Mittwoch ergreift Ministerpräsident Tillich das Wort.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich stellt am Mittwoch im Landtag den Kompromiss zum Länderfinanzausgleich vor. Das kündigte die CDU-Fraktion am Dienstag an.
Weitgehend Konsens beim Länderfinanzausgleich
Tillich und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich Anfang
Dezember auf den Kompromiss geeinigt, dem "nur noch"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zustimmen muss. Laut Tillich
stehen Sachsen ab 2020 rund 807 Millionen Euro mehr pro Jahr in
Aussicht.
Die Linken im Landtag sehen durchaus Fortschritte.
Fraktionschef Rico Gebhardt erklärte am Dienstag, der Kompromiss sei auf
Kosten eines Dritten ausgehandelt worden. "Nämlich auf Kosten des
Bundes. Und man wird sehen, wie Schäuble reagiert." Die Grünen erkennen
an, dass der neue Länderfinanzausgleich - für Fraktionschef Volkmar
Zschocke ein "Länderfinanzdeal" - die Finanzen des Freistaates sichere.
Für Zschocke bleibt es aber ein "unübersichtliches Geflecht von
Sonderverordnungen", dessen Folgekosten noch gar nicht absehbar seien.
Hitzige Debatte zur Wachpolizei erwartet
Im Gegensatz zur Debatte um den Länderfinanzausgleich wird im Landtag
die Abstimmung über das Gesetz zur Wiedereinführung der Wachpolizei für
deutlich mehr Zündstoff sorgen. Während die Koalition von CDU und SPD
keine Alternative sehen, um die Personalprobleme bei der Polizei
kurzfristig zu lösen, halten Linke und Grüne die Wachpolizei für
gefährlich.
Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt bezeichnete es als
"illusorisch", dass innerhalb von drei Monaten "Hilfssheriffs"
ausgebildet werden, denen dann Waffen in die Hand gedrückt würden, um
dann beispielsweise Flüchtlingsheime zu bewachen. Grünen-Fraktionschef
Zschocke verwies auf die Zweifel von Sachverständigen. So habe
beispielweise Sachsens ehemaliger Datenschutzbeauftragter Thomas Giesen
verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Beide Parteien kündigten an,
dem Gesetz nicht zuzustimmen.
SPD wollte keine Debatte zu Ausschreitungen in Leipzig
Auch die linksextremistischen Krawalle in Leipzig am vergangenen Wochenende werden im Landtag ein Nachspiel haben. Allerdings nicht in Form einer Aktuellen Debatte. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Christian Piwarz, bedauerte am Dienstag, dass sich der Koalitionspartner SPD einer Debatte verweigere. Sachsens SPD-Generalsekretär Dirk Panter erklärte, bereits im Juni habe der Landtag über linksextreme Gewalt in Leipzig debattiert. "Es bringt nichts, wir brauchen keine weitere Bekenntnisdebatte." Sinnvoller ist seiner Ansicht nach eine sachliche Analyse auf anderer Ebene, beispielsweise durch eine Kommission.
AfD will politische Signale von Linken, SPD und Grünen
Und so werden die Ausschreitungen in Leipzig im Rahmen in der von der
AfD beantragten Debatte "Verurteilung jeglicher politisch motivierter
Gewalt" eine Rolle spielen. AfD-Landtagsmitglied Jörg Urban sagte am
Dienstag, Schwerpunkt seien die Anschläge auf Parteibüros. Nach dem
Angriff auf die Privatwohnung des sächsischen Justizministers Sebastian
Gemkow sei allerdings ein "trauriger Höhepunkt" erreicht worden. "So
kann es nicht weitergehen", betonte Urban, der ein klares politisches
Signal aller Fraktionen erwartet. "Vor allem von Linken, Grünen und
SPD", denen er Verquickungen mit dem sogenannten Schwarzen Block
unterstellte.
Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt hatte schon
zuvor angekündigt, während der Diskussion das Wort ergreifen zu wollen.
Er betonte am Dienstag, dass sich seine Partei ausdrücklich von den
Gewalttätern distanziere. "Der scheinbare Bezug der Gewalttäter auf
linke Positionen hat mit uns nichts gemein."
Anschläge auf Partei- und Politikerbüros in Sachsen im Jahr 2015 (Auszug)
Datum | Vorfall/Einrichtung/Partei | Ort |
---|---|---|
04. Feb | Scheibe im Büro der Linke-Bundestagsabgeordneten Caren Lay eingeschlagen | Bautzen |
März und April | Farbanschläge und zertrümmerte Scheibe im Büro der Linke-Landtagsabgeordneten Luise Neuhaus-Wartenberg | Delitzsch |
5./6. Juni | Schmierereien am Abgeordnetenbüro von SPD-Politikerin Simone Raatz (Bundestag) | Freiberg |
27. Jul | Sprengstoffanschlag auf das Auto des Linke-Politikers Michael Richter | Freital |
06. Aug | Unbekannte verwüsten Firmenräume der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry, verkippen Buttersäure und schlagen Fensterscheiben ein | Leipzig |
29. Aug | Scheibe im Büro des Linke-Politikers Lutz Richter eingeworfen | Pirna |
30. Aug | Scheibe im Büro des Linke-Landtagsabgeordneten Sebastian Scheel eingeworfen | Riesa |
04. Sep | Farbanschlag auf das Büro der Linke-Bundestagsabgeordneten Susanna Karawanskij | Eilenburg |
16. Sep | Buttersäureanschlag auf Büro des SPD-Landtagsabgeordneten Albrecht Pallas | Dresden |
19./20. September | Fenster im Abgeordnetenbüro von SPD-Politikerin Simone Raatz (Bundestag) eingeschlagen | Freiberg |
20. Sep | Anschlag mit Pyrotechnik auf Bürgerbüro der Linken, Scheiben und Fensterrahmen werden beschädigt | Freital |
27. Sep | Fensterscheibe und Teile der Inneneinrichtung im Abgeordnetenbüro von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) mit Pflastersteinen zerstört | Radebeul |
31. Oktober/1. November | Abschlag auf Büros der CDU-Abgeordneten Thomas Feist (Bundestag) und Andreas Noack (Landtag) | Leipzig |
15. Nov | Auf die Eingangstürs des Bürgerbüros der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry werden Steine geworfen. Nach AfD-Angaben gab es bereits gut 20 ähnliche Attacken auf Einrichtungen der Partei | Borna |
24. Nov | Anschlag auf Wohnung des sächischen Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) | Leipzig |
Ende November/Anfang Dezember | mehrere Anschläge auf Bürgerbüro der AfD | Chemnitz |