Gegen den Trend – deutsche Rüstungsbetriebe legen zu

Erstveröffentlicht: 
15.12.2015
Friedensforscher legen Jahresbericht vor: Weltweit gibt es weniger Waffenverkäufe, doch auch in Russland steigen die Zahlen an

Von Dirk Schäfer

 

Stockholm. Die Verkäufe der weltweit 100 größten Waffen- und Rüstungshersteller sind im vierten Jahr in Folge zurückgegangen. Wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervorgeht, nahmen Rüstungsexporte deutscher Hersteller im Jahr 2014 allerdings zu. Die Opposition im Bundestag kritisierte diese Entwicklung.

 

Weltweit setzten Rüstungskonzerne 2014 insgesamt 401 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 365 Milliarden Euro) um. Das waren demnach 1,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Friedensforscher erklären den Trend damit, dass führende Unternehmen in den USA und Westeuropa weniger Waffen und Militärausrüstung verkauften, während Rüstungsunternehmen in anderen Teilen der Welt ihre Umsätze steigern konnten. In Westeuropa, wo die Waffenverkäufe 2014 insgesamt um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sanken, verzeichneten nur deutsche und Schweizer Konzerne ein Umsatzplus (9,4 bzw. 11,2 Prozent).

„Entgegen dem weltweiten Trend haben es führende deutsche Rüstungsbetriebe wieder einmal geschafft, ihren globalen Handel mit todbringenden Waffensystemen zu erhöhen“, kritisierte die abrüstungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Inge Höger.

 

Das Plus sei vor allem auf den wirtschaftlichen Erfolg von ThyssenKrupp und Rheinmetall zurückzuführen. ThyssenKrupp verkaufe Kriegsschiffe und U-Boote zu einem erheblichen Teil in Krisenregionen, und auch der Erfolg von Rheinmetall sei auf den Verkauf in Drittstaaten zurückzuführen. „Dieses Geschäft führt global zur weiteren Destabilisierung und bindet Finanzmittel, die für eine nachhaltige Entwicklung in den betroffenen Regionen dringend nötig wären“, sagte Höger.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister kritisierte den Export deutscher Waffen in das Königreich Saudi-Arabien. Damit würden Waffen in ein Land ­ausgeführt, „das den Terrorismus unterstützt“, sagte Meister. Deutschland müsse mit dem Export von Waffen restriktiver umgehen, forderte der evangelische Theologe.

 

Die russischen Rüstungskonzerne haben im vergangenen Jahr entgegen dem internationalen Trend deutlich mehr Waffen verkauft. Der Sipri-Liste zufolge setzten die Hersteller 2014 insgesamt 48,4 Prozent mehr um als im Vorjahr. „Russische Unternehmen reiten auf der Welle der zunehmenden nationalen ­Militärausgaben und Exporte mit“, sagte Sipri-Experte Siemon Wezeman. Die Zahl der russischen Produzenten in der Liste der 100 größten Rüstungsunternehmen stieg von neun auf elf. Die Waffenverkäufe in der Ukraine brachen dagegen von 2013 auf 2014 drastisch ein.

 

Die größten Waffenhersteller sind nach wie vor in den USA und Westeuropa ansässig. Ihr Gesamtumsatz machte im vergangenen Jahr laut Sipri 49,6 Prozent der globalen Verkäufe aus. Trotz des leichten Rückgangs waren die Umsätze der weltweit 100 größten Unternehmen im Jahr 2014 um 43 Prozent höher als noch 2002. Aus den Vereinigten Staaten kommen mit 38 Rüstungsunternehmen in den Top 100 die meisten Hersteller.

 

Auf Chinas aufstrebende Waffenindustrie gehen die Friedensforscher in ihrem Bericht übrigens nicht ein. Der Grund: Von dort liegen nicht genügend Daten vor.