Viele Verletzte, viele zerbrochene Scheiben und viel Unverständnis. Am zweiten Tag nach den linksextremistischen Krawallen in Leipzig geht das Aufräumen weiter. Wie groß der finanzielle Schaden ist, wird früher oder später feststehen. Die zentrale Frage des Tages lautete: Wer trägt die Schuld an der Eskalation der Lage? von Astrid Wulf, MDR INFO
Scherbenlese im Leipziger Süden. Während Handwerker in einer Bank-Filiale neues Fensterglas einsetzen, sind andernorts die zersprungenen Scheiben noch unberührt. Dennoch: Am zweiten Tag nach den brennenden Mülltonnen, zerstörten Straßenschildern und viel zerbrochenem Glas sind die Spuren nur noch auf den zweiten Blick zu sehen. Die Reparaturen laufen auf Hochtouren.
Schaden lässt sich noch nicht beziffern
Rund 40 Scheiben sind an Straßenbahnhaltestellen zu Bruch gegangen, auch Fahrplankästen und Schutzgeländer wurden zerstört. Dadurch sei ein Schaden in fünfstelliger Höhe entstanden, sagt Frauke Bank von JC DECEAUX. Die Firma ist neben Leipzig in ca. 60 deutschen Städten für Haltestellen verantwortlich und kennt das Problem: "Es ist natürlich nicht zum ersten Mal passiert. Es kommt natürlich schon vor, wenn es größere Auseinandersetzungen auf der Straße gibt, dass so etwas passiert. Das hatten wir in Berlin beispielsweise schon mal, aber auch in anderen Städten. Wir haben schon so eine gewisse Erfahrung und wissen also auch, wie wir relativ schnell eine Schadensbehebung durchführen können." So seien für die Reparaturen auch Mitarbeiter aus Dresden gekommen. Bis Dienstag, spätestens Mittwoch Abend sollen alle Schäden behoben sein.
Unterdessen sind auch die Stadtreinigung, das Verkehrsamt sowie das Amt für Stadtgrün mit den Folgen der linksextremistischen Ausschreitungen beschäftigt. Im Rathaus läuft noch die Schadensaufnahme. Oberbürgermeister Jung schätzt: "Wir können es noch nicht genau absehen, aber es geht sicherlich weit über die 100.000."
Schwarzer Peter zwischen Stadt und Verfassungsschutz
Zuvor hatte der SPD-Politiker den sächsischen Verfassungsschutz kritisiert. Die Stadt sei nicht ausreichend informiert worden. Gordian Meyer-Plath, der Präsidenten des sächsischen Verfassungsschutzes, reagierte auf diese Vorwürfe mit Unverständnis. Bei MDR Info sagte er: "Unsere Lagebilder gehen insbesondere an die Polizei, aber auch an Ordnungsbehörden. Dass es in diesem Zusammenhang zu starker Gewalt kommen würde, war zu erwarten und steht natürlich dort auch drin."
Leipzigs Oberbürgermeister reichen diese Informationen allerdings nicht aus: "Ich brauche gezielte, auf die jeweilige Situation zugespitzte Beurteilung der Lage. Ich muss wissen, wer dort anreist, kann man im Vorfeld Gewalttäter identifizieren und schon an der Anreise hindern? Das alles ist nicht gelaufen."
Gemeinsames Gespräch geplant
Morgen, am Dienstag wollen sich Jung, Meyer-Plath noch einmal zusammensetzen und gemeinsam mit Leipzigs Polizeipräsident Merbitz über offene Fragen sprechen. Jung sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass zukünftig Demonstrationen noch einmal so zugelassen würden: "Man hat fernab des Demozugs der fremdenfeindlichen Gruppierungen den Angriff direkt der Polizei versucht. Ich wage sogar die These: Wir hätten sogar die Demo der Fremdenfeindlichen untersagen können, im Ergebnis wäre genau die Demonstration entstanden auf der Karl-Liebknecht-Straße, wie wir sie erlebt haben. Es ging um Gewalt."
Bei den Krawallen am Samstag waren auch 69 Polizisten verletzt und 50 Polizeiautos beschädigt worden. Laut Leipziger Polizeidirektion werden dort voraussichtlich noch bis Ende der Woche die Schäden erhoben. Erst wenn die Beweisaufnahme abgeschlossen sei, könnten zum Beispiel die Autos repariert werden.