„Zwei-Schicht-Betrieb“ im Flüchtlings-Bundesamt?

Erstveröffentlicht: 
05.12.2015
Innenminister der Bundesländer sind unzufrieden, weil Asylanträge immer noch nicht schneller bearbeitet werden
Von Ingo Lehnick

 

Koblenz. Die Bundesländer haben den Bund eindringlich aufgefordert, so rasch wie möglich für schnellere Asylverfahren zu sorgen. Zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Koblenz zeigten sich am Freitag mehrere Minister verärgert darüber, dass sich noch immer Hunderttausende unbearbeitete Anträge im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stapeln. Frühestens im Mai wird das Bundesamt nach den Worten seines Leiters Frank-Jürgen Weise in der Lage sein, die Asylanträge von 80 000 Flüchtlingen im Monat zu bearbeiten.

 

Die Zahl der Asyl-Entscheider solle bis April verdoppelt werden, dann könne das BAMF den großen Ansturm bewältigen, versprach der von den Innenministern eingeladene Bundesamtschef Weise nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD). Weise habe die Zahl der Asylbescheide pro Tag nach eigenen Angaben von 1000 auf 1600 erhöht. Das seien aber noch immer lediglich „50 Prozent der Eingänge“. Aktuell gibt es nach Lewentz’ Worten einen Rückstau von 300 000 unbearbeiteten Asylanträgen. Hinzu kämen Hunderttausende Fälle von Flüchtlingen, deren Verfahren noch gar nicht begonnen habe.

 

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) nannte den Auftritt Weises in der Innenministerkonferenz „weitestgehend enttäuschend, in manchen Teilen sogar erschreckend“. Weise habe auf mehrfache Nachfrage nicht sagen können, „wie viele Asylbescheide dieses Jahr durch das BAMF erstellt werden“. Jäger verlangte deutlich mehr Tempo bei der Bearbeitung der Asylanträge. „Wir müssen befürchten, dass wir auf einen Antragsstau von einer Million Anträgen in diesem Jahr zusteuern“, warnte der Minister. In NRW müssten Flüchtlinge derzeit acht Monate auf den Beginn ihres Verfahrens warten.

 

Die vom Bund durchgesetzte Rückkehr zu Einzelfallprüfungen bei syrischen Flüchtlingen dürfe nun nicht zu noch längeren Verfahrensdauern führen, forderte Jäger: „Wir brauchen schnelle Asylverfahren.“ Wer in Deutschland bleiben könne, müsse schnell integriert werden. Wer nicht bleiben könne, brauche schnell Gewissheit. Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) plädierte für einen „Zwei-Schicht-Betrieb“ im Bundesamt, um den Berg unerledigter Anträge möglichst schnell abzubauen. Die Verhandlungen mit dem Gesamtpersonalrat gestalteten sich laut Weise jedoch schwierig.

 

Ähnlich äußerte sich der Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Er sei „enttäuscht, wenn die Kanzlerin von uns allen erwartet, dass wir in der Lage sein müssen zu improvisieren, um die Situation zu meistern, aber man noch nicht mal Gespräche führen kann, ob man derzeit einen Zwei-Schicht-Betrieb im Bundesamt durchführen kann“.