Pfefferspray, Tränengas, Waffen – die Sachsen rüsten auf

Erstveröffentlicht: 
23.11.2015
Umfrage unter Händlern der Region: Nachfrage wächst, Kunden müssen teilweise schon vertröstet werden

VON NATHALIE HELENE RIPPICH

 

Leipzig. Die Sachsen rüsten auf, die Nachfrage nach freiverkäuflichen Waffen wächst. Der sogenannte Kleine Waffenschein, der zum Führen einer Schreckschusspistole in der Öffentlichkeit berechtigt, werde immer stärker nachgefragt, teilte das Innenministerium mit. Bis Ende Oktober seien mit 595 mehr als doppelt so viele dieser Berechtigungen ausgestellt worden wie 2014. Das bestätigt auch die Statistik der Stadt Leipzig. Demnach wurden 2014 insgesamt 84 Anträge auf den Kleinen Waffenschein eingereicht. 2015 gingen dagegen schon 152 Anträge ein. Für Thüringen liegen zwar noch keine aktuellen Zahlen vor, aber schon 2014 habe es beim Kleinen Waffenschein eine Steigerung um 60 auf 3965 Besitzer gegeben, so das Innenministerium in Erfurt.

 

Eine LVZ-Umfrage unter regionalen Waffenhändlern bestätigt diesen Trend. „Alles, was zum Selbstschutz nötig ist, wird nachgefragt, vom Pfefferspray bis zur Waffe“, sagt Martina Schuricht von „Sport & Security“ in Leipzig. Teilweise müsse man Kunden vertrösten, weil die Hersteller die Nachfrage nicht bedienen könnten. Am meisten verkaufe er Tränengas, Pfefferspray und Schreckschusswaffen, sagt Ralf Krause, Inhaber eines Waffengeschäfts in Oschatz. Auch er spricht von einem „absoluten Engpass“. Seit den Anschlägen in Paris, dem abgesagten Länderspiel in Hannover und den Hausdurchsuchungen in einigen Städten fühlten sich die Leute in ihrer Sicherheit bedroht. Mehr Waffen als sonst gehen bei Jagd- und Sportwaffen Schneider in Eilenburg derzeit zwar nicht über den Ladentisch, berichtet eine Mitarbeiterin. „Aber Pfefferspray ist stark gefragt. Das war vor zwei Monaten schon einmal ausverkauft.“ Sowohl Frauen als auch Männer würden es sich zulegen.

 

Die Verkaufszahlen insbesondere bei Pfefferspray würden jedes Jahr zu Herbstbeginn steigen, erklärt Ingo Meinhard, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler. „Durch die Dunkelheit sinkt das individuelle Sicherheitsgefühl.“ Die wachsende Nachfrage in Ostdeutschland führt er auch darauf zurück, dass in den neuen Ländern vermehrt Wölfe gesichtet worden seien. Laut Waffenhändler-Verband ist der Erwerb und Besitz von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen frei. Nur wer diese Waffen auch in der Öffentlichkeit bei sich tragen wolle, benötige den Kleinen Waffenschein. Dafür müsse man nachweisen, nicht vorbestraft oder drogenabhängig zu sein und man müsse mindestens 18 Jahre alt sein.

 

Die private Aufrüstung der Bürger sorgt in Sachsen auch für Skepsis. Er sehe die Entwicklung mit Sorge, sagte Valentin Lippmann, Landtagsabgeordneter der Grünen. Offensichtlich fühlen sich viele Sachsen bedroht. „Die Gründe dafür liegen auch beim Staat, der bislang eine klare Haltung in der Flüchtlingspolitik vermissen lässt.“ Das subjektive Sicherheitsgefühl sei nicht mehr in dem Maße wie bisher vorhanden, bestätigt Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Zugleich spricht er von einem bundesweiten Trend, dass sich immer mehr Menschen freiverkäufliche Waffen zulegten. Der Freistaat habe reagiert und die notwendigen Konsequenzen gezogen. So sei der Stellenabbau bei der Polizei gestoppt worden.