Alfredo Cospito reagiert auf Handlungen und Äußerungen der NO-TAV Bewegung und einiger ihrer Gefangenen und beleuchtet die weitere Bedeutung eben dieser. Mag die Übersetzung derzeit (Attentate in Paris) auch unangebracht erscheinen, ist dies in der Tat aber nur oberflächlich der Fall, da Parallelisierungen mit den Ereignissen in Paris nur aus einem Unwissen über die tatsächlichen Aktionsformen von Anarchisten und Anarchistinnen entstehen können.
Unversöhnliche Gruppen und Individuen sollten sich jedoch tatsächlich in Parallelisierungen bemühen, was wäre wenn es eine andere Aktion, und eine von Genossen gewesen wäre.
Die Killfahndung, die mediale Deutungshoheit, sowie das hin wegwischen der rechtlichen Fassade mag angebracht erscheinen, all das jedoch wird ebenfalls angebracht erscheinen, wenn es mal die richtigen trifft.
Über „Ethik“, „Sabotage“ und „Terrorismus“ von Alfredo Cospito der Zelle Olga FAI/FRI (Italien)[1]
Siamo anarchici e siam molti
E la vostra
inane legge
Non ci doma né corregge
Né ci desta alcun
terror
Guerra, guerra e guerra sia!
L’ ideal per cui
pugnamo
No, non teme i vostri orror
Siam ribelli, e forti
siamo,
il terror degli oppressor!
I potenti della
terra
Anarchistisches Lied
„Jeder mit ein wenig gesundem Menschenverstand und wenigstens einer fernen Vorstellung davon, was die NO-TAV[2] Bewegung ist und in welchem Ethischen Rahmen diese Bewegung ihren 20 Jährigen Widerstand ausdrückt, kann sehen das ich nicht da war um eine Terroristische Absicht zu verfolgen oder schlimmeres.“
Mattia
„Andererseits haben die die kämpfen klugerweise gelernt, auch die starken und ungestümen Leidenschaften zu kanalisieren die aus den vielen Schlägen resultieren die wir erleiden, wenn zum Beispiel ein Freund ein Auge durch eine Tränengasgranate verloren hat oder wenn ein anderer dem Tode nah war.“
Niccolò
„Militärische und Paramilitärische Attacken, unterschiedslose Gewalt und Waffen des Krieges gehören zu Staaten und dehnen die sie nachahmen.“
Chiara
„Wir werden beschuldigt, gehandelt zu haben um Leute anzugreifen oder zumindest gehandelt zu haben ohne das wir auf ihre Anwesenheit geachtet hätten, als ob wir keine Achtung vor dem Leben anderer hätten... In Verbindung mit der Anschuldigung zum Terrorismus habe ich nicht die Absicht mich zu verteidigen. Die Solidarität die wir von der Bewegung erhalten haben, von unserer Festnahme an bis zum heutigen Tag ging hat gereicht um diese gewagte Anschuldigung zu demontieren.“
Claudio
„Unsere Worte klingen nicht nur Stolz, sie klingen auch Einfach, in dem Zusammenhang, dass sie rechtschaffend und aufeinander abgestimmt sind.“
Offener Brief für Chiara, Niccolò, Mattia and Claudio [3]
„Die Strafverfolgung will Dissoziationen erzeugen, hauptsächlich um die Bewegung dazu zu bringen, sich von ihrer eigenen Stärke zu distanzieren... Wir können ganz deutlich sagen, dass die Bewegung durchgehalten hat und voll erfasste, was auf dem Spiel stand... Die Forderungen die die Strafverfolgung stellte, sind die die man im Anwaltssprech „Zaun-Sitzen“ nennt. Los, gebt ihnen die minimalen Strafen, aber überführt sie des Terrorismus.“
Offener Brief für Chiara, Niccolò, Mattia and Claudio
Wir können ganz deutlich sagen, dass die `Bewegung` jetzt einen neuen Sieg gesichert hat. Nicht nur das es geschafft hat, eine verwässerte, in offensive und weinerliche Version von Sabotage zu vermarkten, sondern das es gleichzeitig seinen überlegenen „Ethischen Codex“ genutzt hat um jede gewalttätige Aktion auf die schwarze Liste zu setzen, die darüber hinausgeht einen Kompressor mit einem Molli anzugreifen. Die Gerichte haben ebenfalls gewonnen, indem sie Grenzen verhängt haben über die gute Kids nicht hinausgehen sollten, wenn sie vermeiden wollen mehr als eine akustische Tracht Prügel [sounding spanking] zu erhalten.
Was das angeht, war der Sieg des Gerichtes schwungvoll, denn durch die terroristische Aussicht auf Jahre um Jahre im Gefängnis, stellten sie sicher das die Genossen selber es waren - mit ihren eigenen Erklärungen - die die Grenzen aufzeigten, die nicht überschritten werden konnten.
Deshalb können wir sagen, ganz deutlich natürlich, dass die „Bewegung“ sich voll und ganz an das Limit gehalten hat, welches die Macht auferlegen wollte und dabei das verbrennen eines Transformators in ein Spektakel verwandelt hat, in eine Schlichtung, in Politik, in eine vollständige Aushöhlung der Sabotage. In den Augen der Leute und der Jury, wird alles was über diese demokratisch akzeptierte und gewaltlose Version der Sabotage hinausgeht zu Terrorismus. In diesem Licht betrachtet, sind Nicola und Ich, die auf einen Mann geschossen haben und sich verweigern sich auf die Zerstörung von Gegenständen zu beschränken Terroristen.
Durch ihre Erklärungen haben die NO-TAV Anarchisten diese Version faktisch angenommen, ihr Wert gegeben und sie bejaht. Gemäß ihres überlegenen „Ethischen Codes“ des großen Teils der „Bewegung“, sind die die Leute mit der Waffe in der Hand angreifen, Terroristen. Zu den berechnenden und gut gemeinten Ethiken der „Sabotage“, bevorzuge ich „Terrorismus“ mit seiner klaren, bösen und deutlich linearen Logik [distinctly linear login]. Zum „Mangel an Rhetorik“ und „heitere Hartnäckigkeit“ der „Sabotage“, bevorzuge ich Gewalt, den Mangel an Berechnung und die „Leichtsinnigkeit“ derer die schießen ohne dabei an die kriminellen Konsequenzen zu denken. Gegenüber dem „Ethischen Code“ derer die Anwälte haben, die ihre Positionen bestimmen, bevorzuge ich die Irrationalität und die authentische „Ultra-Gewalt“ und die „trotzige“ „Rhetorik“ des Anarcho Nihilismus.
Selbst wenn es nur eine Frage des Stils wäre, in dem tragisch-komischen Theater von gut und böse, würde ich die Rolle des bösen Anarchisten bevorzugen. Es scheint als ob es tausend Jahre her wäre, als genau dieselben Anarchisten die heute ihre Gesichter mit Mäßigung füllen und „ethisch aufrechte und [damit] abgestimmte Worte“ sagen, zu anderen Anarchisten Skandal geschrien haben, sie der Dissoziation/Lossagung beschuldigt haben, sie beschuldigt haben „gute Leute“ zu sein, im Dienste der Macht zu stehen, für viel weniger. Zeiten ändern sich genauso wie Leute... leider.
Ihr seid es gewesen, NO-TAV-Anarchisten, die mich in dieses kleine Theater gesteckt haben mit euren Erklärungen die ihr zur Jury gemacht habt; mit der Stille die ihr aufrechterhalten habt, als sich die Linke Intelligenzdia von unserem Terrorismus distanziert hat um euch zu unterstützen. Distanzierung die im Namen eines „Ethischen Rahmenwerkes“ gemacht wurden, dass ihr selber in schlauen politischen und erlaubt es mir zu sagen, opportunistischen Wegen. Wir teilen dasselbe Gefängnis, dieselbe Isolation. Wir sind verbunden durch ein gemeinsames Denken, durch eine gemeinsame Zugehörigkeit. Ihr Definiert euch immer noch als Anarchisten, ist es nicht so?
Eure geliebte NO-TAV Bewegung hat hart daran gearbeitet, dass ihr nicht mehr dieselbe Luft atmet wie wir, um zu vermeiden das ihr durch uns Terroristen verwirrt werdet. Von euch gab es nur eine mitschuldige Stille, die sehr Ähnlich der Zustimmung ist. Eine Zustimmung die bestätigt wurde durch die Erklärungen die ihr der Jury gegeben habt. Bis zu dem Moment als ihr von diesen Gefängnissektionen „Befreit“ wurdet, wurde nie ein Wort über die „Terroristen“ geäußert die in ihnen verbleiben.
Wenn eure Freunde, NO-TAV-Aktivisten und verschiedene Perino-ähnliche(1) Leute über die Kluft zwischen Sabotage und Angriffen auf Leute geredet haben, über die „Moralische“ und „Ethische“ Kluft die zwischen euch, den Saboteuren und uns den bösen Terroristen, wart ihr vorsichtig genug keine klaren Worte zu verwenden, eure i`s nicht zu punktieren und eure t`s nicht zu kreuzen (2)... Damals gab es dafür wirklich eine Notwendigkeit, aber vielleicht hätte ein Zeichen der Sympathie für unsere Aktion einige Probleme für euch bedeutet.
Heute müsste ich um für „Solidarität“ zu betteln, mich dogmatisch über die „Polemiken“ und mein „Hohes Ross“ „erheben“, als ein „kohärenter“ revolutionärer Gefangener, um auf ausgeglichenen und unparteiischen Wegen zu sagen, dass alle Praxis und alle Positionen letztlich auf dasselbe hinauskommen, dies müsste ich aber weise für mich behalten. [4]
Sagen, dass es „Tausend Wege nach vorne zu einem Horizont“ gibt. Das der einzige Terrorismus der des Staates ist. Das Einheit Stärke schmiedet und das die „Bewegung“ nicht geteilt werden sollte. Ich sollte diese und andere Überzeugungen klugerweise für mich behalten. Es sollte besser sein den Fakt zu übersehen, dass es in der Praxis meist die selben „Pfade“ sind, dieselben Aktionen die sich verwirklichen, die sich einfach an die Leute verkaufen lassen, die weniger riskant für uns und andere sind und die gleichzeitig Lichtjahre davon entfernt sind irgendetwas wirklich zu beeinflussen, wirklichen Schaden anzurichten.
Besser man übersieht den Fakt das in der Geschichte des Anarchismus es Anarchisten gab und gibt die ihre Aktionen als Terroristische definiert haben. Besser man übersieht den Fakt das eine „Bewegung“ die um jeden Preis vereint bleiben muss, uns nicht stärker macht, sondern uns auspowert, zu Kompromissen zwingt, zu Vermittlungen zwingt und uns in Politiker und Opportunisten verwandelt. Wenn ich wirklich eine Rolle in diesem Spiel haben muss, dann wähle ich die des bösen Terroristen. Ich liebe diese Rolle nicht gerade, aber nach euren Erklärungen zur Jury, habe ich keine Wahl. In dem Spiel das ihre geholfen habt zusammenzusetzen, gibt es nur zwei Rollen, die des bösen Anarchist, des Terroristen der Blut vergießt und die des guten Anarchisten, des Saboteurs der, mit seiner Humanitären Ader, nur Dinge angreift. Der der eine überlegene „Ethik“ etabliert, mit dem Strafgesetzbuch in der Hand und der der die „Moralität“ einer Aktion einzig an ihrer politisch-strategischen Nützlichkeit und auf der Basis ob es mehr oder weniger Akzeptabel für seine Bewegung ist: No Tav, No Dalmolin, No Mose, No Muos… was auch immer es sein mag (Referenz zu den vielen verschiedenen zwischen kämpfen in Italien).
Das ist nichts für mich – wenn es so um die Dinge steht, ist es besser ein Terrorist zu sein. Jeder der sich ein wenig mit der Geschichte des Anarchismus auseinandergesetzt hat weiß, dass Anarchisten zu manchen Zeiten Terrorismus praktiziert haben, in dem sie die Soziale Klasse der Bourgeoisie [Bürgertum] unterschiedslos angegriffen haben. Trotz dessen was manche bestimmte Aufständische vielleicht sagen, ist Terrorismus teil unserer Geschichte, die Geschichte des Anarchismus. Heute gibt es immer noch Anarchisten die, unabhängig vom Strafgesetzbuch oder politischer Richtigkeit, nicht geschockt sind wenn sie als Terroristen definiert werden. Es schockt sie nicht, denn sie Wissen das ihre Aktionen der sozialen Rache eine ganze Klasse Terrorisieren können: die Bourgeoise und Führungsklasse. Es schockt sie nicht, denn sie Wissen sie sind im Krieg mit allen möglichen Mitteln und was auch immer es kostet. Wenn diese Anarchisten gefangen genommen werden, erklären sie ihre Aktionen mit Stolz vor Leuten, der Jury, dem Gericht, sie übernehmen Verantwortung, dozieren aber nie über „Ethisch“ gerechtfertigte Aktionen, sie werden nie Pathetisch über ein schwer fassbares und lächerliches „Ethisches Rahmenwerk“ welches nur ein Produkt eines unbezähmbaren, ungeschickten und unwiderstehlichem Verlangen danach ist seinen „Arsch in Deckung zu bringen“
Um es klar zu sagen, ich habe nichts gegen eine technische Verteidigung ich sehe nichts falsches darin „seinen Arsch in Deckung zu bringen“, ich habe es ebenso getan durch das abgekürzte Verfahren, aber lasst es eure Anwälte tun (innerhalb des reiches des Anstandes natürlich, vorausgesetzt man hat eine Unze Anstand mit der man beginnen kann) aber das wichtigste ist, scheißt nicht auf andere Praktiken, nur weil ihr euch „Ethisch“ überlegen fühlt, weil ihr einer anderen Person kein Haar gekrümmt habt. Tarnt nicht euren rechtlichen „Sieg“ durch „Ethik“. Es ist wahr das ihr heute gegenüber dem Staat, keine Terroristen sondern Saboteure seit, aber ihr habt Sabotage legitimiert und entwaffnet, darin sehe ich keinen „Sieg“, darin sehe ich nur einen weiteren Schritt Richtung einer Angleichung und Anpassung an ein Bestehendes das ihr zu bekämpfen vorgebt. Was ist mit dem scharfen „Dolchen gegen das bestehende“ passiert?
Eure Worte vor dem Gericht haben mich unfreiwillig in diese „Ethische“ Schmährede gedrängt.
Wenn ich still geblieben wäre, hätte das bedeutet, dass ich dem falschen „Ethischem“ Verhältnis von guten Saboteuren und bösen Terroristen wie es von Leuten und Gerichten verwendet wird zugestimmt hätte. Ich denke die Zeit ist gekommen, dieses „Ethische Rahmenwerk“ aufzubrechen, welches von der NO-TAV „Bewegung“ verhängt wurde und welches die Realität so treu widerspiegelt, nämlich das die „Bewegung“ ein Kind der Demokratie ist und ein falscher Gegner des bestehenden. Es wäre bereits genug den Beifall und das Zischen der Versammlungen „der Leute“ zu ignorieren, die inzwischen Instrumente der fiktiven Politik geworden sind. Es wäre genug mit den Limitierungen der Aktionen aufzuhören. Das ist alles was man brauchen würde, um neue Perspektiven zu öffnen, um aus dem Spektakel der „Partizipativen“ und „Zivilen“ Politik raus zukommen. Schlussendlich lasst mich einmal derjenige sein, der zwischen dehnen unterscheidet die das langsame Arbeiten der sozialen Ebene lieben, die harmlose Sabotage und dehnen die wie ich daran glauben, dass zwischen zwei Punkten die gerade Linie der Gewalt ohne Hindernisse die kürzeste, effektivste und die glücklichste ist.
Alfredo
Cospito
Januar
2015
Alfredo Cospito wurde mit seinem Genossen Nicola Gai verurteilt und weggesperrt wegen den nicht-tödlichen Schüssen auf den CEO von Ansaldo Nucleare. Beide Genossen haben die Verantwortung für die Aktion als Zelle Olga-FAI/IRF übernommen.
(1) Alberto Perino ist ein Ex-Gewerkschafter und Langzeitanführer der NO-TAV Bewegung.
(2) Es handelt sich um eine Referenz auf einen Italienischen Text ‘i punti sulle i’ (die Punkte auf den i`s und die kreuze an den t`s), welches eine Anonyme Antwort auf das Kommuniqué darstellt, welches die Schüsse auf Roberto Adinolfi erklärt. Der Text kam vor der Festnahme von Alfredo Cospito und Nicola Gai raus und wird von manchen als Dissoziation mit ihrer Aktion gesehen.
http://325.nostate.net/?p=17959
[1] Wer spricht? Infos in Deutsch in Broschüre zusammengefasst:
https://linksunten.indymedia.org/en/node/106626
[2] Infos über die „Bewegung“ bzw. Bewegung in deutscher Sprache und in Form einer Broschüre:
https://linksunten.indymedia.org/en/node/58540
[3] Der weiter unten öfters angespielte Angriff, sowie die darauf folgende Reaktion in 2 Links gerafft:
https://linksunten.indymedia.org/en/node/86509
https://linksunten.indymedia.org/en/node/130133
[4] „Today, in order to beg for “solidarity” I would have to dogmatically rise “above” the “polemics” and from my “high horse” as a “coherent” revolutionary prisoner, in a balanced and impartial way, wisely uphold that deep down all practices and positions amount to the same thing.“
Verbesserungsvorschläge in der Übersetzung gern gesehen.
Weitere Übersetzungen: https://linksunten.indymedia.org/search/apachesolr_search/RF-P150EG9-S