Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland Synagogen, angezündet nicht von einem wütenden Mob, sondern – wie in Stuttgart – von der Feuerwehr, organisiert, vorbereitet und angestiftet von Partei, Regierung und Behörden des faschistischen Staates.
Am nächsten Tag wurden jüdische Geschäfte geplündert, zehntausende
jüdische Menschen gejagt, in KZs verschleppt und über 100 ermordet.
Die Pogromnacht in Cannstatt
Auch die Synagoge in Cannstatt wurde in dieser Nacht angezündet. Die
Geschwister Josef und Jette Buxbaum, die in Cannstatt eine Metzgerei
betrieben, gehörten zu den Opfern des faschistischen Pogroms. Eine Frau
berichtet: “Ich war zufällig Augenzeuge, als Anhänger der SA in Uniform
mit Spitzhacken die Fenster des Metzgerladens zertrümmerten am 8./9.
November 38. Es war grausam! Danach waren beide Buxbaums verschollen.“
Sie trauten sich nicht mehr auf die Straße, wurden 1942 nach
Theresienstadt deportiert und später im Vernichtungslager Treblinka
umgebracht.
Die Gewalt erreichte einen neuen Höhepunkt
Das Pogrom war Teil der Vorbereitung und der Einstimmung der
Bevölkerung auf den Eroberungs- und Vernichtungskrieg, in dessen Verlauf
auch die planmäßige Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas
erfolgte.
Auf den November 38 folgte die Zerschlagung der Tschechoslowakei im März
39 und der Überfall auf Polen am 1. September. Am Ende des gigantischen
Raub- und Eroberungsfeldzuges standen Auschwitz und 60 Millionen Tote.
Rassismus damals …
Der deutsche Faschismus der 30er und 40er Jahre fiel nicht vom Himmel.
Auf Betreiben entscheidender Teile der Großindustrie, der Banken und der
Generalität ernannte am 30. Januar 1933 Reichspräsident Hindenburg
Hitler zum Reichskanzler. Die Faschisten versprachen die
Wiederherstellung der militärischen Schlagfähigkeit und die Eroberung
von Rohstoffquellen und Märkten. Als Voraussetzung hierfür sicherten sie
die Zerschlagung der Arbeiterbewegung zu.
Damals wie heute fallen Rassismus und Antisemitismus dort auf
fruchtbaren Boden, wo die soziale Not groß ist und Existenzängste
bestehen. Dies nutzten die Faschisten aus, um von den wirklichen
Verursachern der Wirtschaftskrise abzulenken und um die Mehrheit der
Bevölkerung hinter den Wirtschaftsinteressen der Herrschenden zu
versammeln.
Darüber hinaus hatte die Shoah eine wirtschaftliche Komponente. Mit dem
Raub jüdischen Vermögens konnte der Staat einen Teil seines
Rüstungsprogramms finanzieren und sogenannte “arische” Kapitalbesitzer
rissen sich jüdische Besitztümer unter den Nagel. Unter dem Stichwort
„Vernichtung durch Arbeit“ wurden Millionen JüdInnen und viele andere
Häftlinge zu Zwangsarbeiter/innen vor allem der Rüstungsindustrie und
mussten am Ende mit ihrem Leben dafür bezahlen. So manche heute noch
existierende Unternehmen haben in dieser Zeit ihren Reichtum angehäuft.
Millionen von Menschen versuchten, dem Terror des Faschismus zu
entkommen, waren auf Asyl angewiesen und verdanken ihr Leben den
Aufnahmeländern.
… und Rassismus heute – Die Ursachen müssen beseitigt werden!
Aktuell befinden sich mit 60 Millionen weltweit so viele Menschen wie
noch nie seit dem Ende des 2. Weltkrieges auf der Flucht. Sie fliehen
vor Terror, vor rassistischer Verfolgung, Krieg sowie vor
wirtschaftlicher Not. Fluchtgründe sind vielfach von den Staaten des
Westens verursacht, darunter die Kriege, die auch mit deutschen Waffen
und unter Beteiligung der NATO-Staaten geführt werden, um z.B. den
Zugriff auf Rohstoffe oder Handelswege zu sichern. Oder auch
EU-Agrarsubventionen, mit denen die Landwirtschaft in Afrika
niederkonkurriert wurde.
Die betroffenen Menschen fliehen um zu überleben, um für sich und ihre
Familien eine Perspektive zu bekommen. Doch Europa schottet sich mit
Zäunen und der “Grenzschutzagentur” Frontex ab, alleine 2500 Menschen
sind bereits dieses Jahr im Mittelmeer ertrunken. Anstatt den
Flüchtlingen angemessen zu helfen, wie das viele Menschen von sich aus
tun, reden Politik und Medien häufig von „Asylmissbrauch“,
„Flüchtlingswellen“ und „Wirtschaftsflüchtlingen“ und erste Sonderlager
für Flüchtlinge aus dem Balkan werden eingerichtet. Es wird
unterschieden zwischen denen, die von der Wirtschaft als Arbeitskräfte
gebraucht werden, und denen, die möglichst schnell abgeschoben werden
sollen.
Die Botschaft kommt an. Immer häufiger brennen Flüchtlingsunterkünfte in
Ost und West. Auch im Umkreis von Stuttgart gab es im Juli und August
2015 zwei Brandanschläge in Remchingen im Enzkreis und in Weissach im
Tal sowie ein versuchter Brandanschlag in Balingen.
Sichere Einreisemöglichkeiten und eine menschenwürdige dezentrale
Unterbringung stehen auf der Tagesordnung! Letztendlich kann es aber nur
eine Lösung geben: Die Fluchtursachen müssen beseitigt werden!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Es gilt weiterhin die Losung der Gefangenen des KZ Buchenwald, die sich selbst befreien konnten: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Unsere Forderungen:
• Jeglichem Antisemitismus entgegentreten!
• Rassisten und Faschisten stoppen – NPD verbieten!
• Rassismus und Faschismus den Nährboden entziehen – gegen Sozialabbau und Arbeitsplatzvernichtung!
• Grenzen öffnen Auflösung der FrontexGrenzschutzagentur und
Aufkündigung des Dublin Übereinkommens (Rückführung in
Erstaufnahmeländer)!
• Sichere Einreise für Flüchtlinge gewährleisten!
• Bedingungsloses Bleiberecht für alle Flüchtlinge
• Dezentrale humane Unterbringung aller Flüchtlinge!
• Stopp aller Kriegseinsätze der Bundeswehr!
• Sofortiges Verbot aller Rüstungsexporte!
• Aktives Eintreten gegen Krieg und Kriegsvorbereitung überall!
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
UnterstützerInnen:
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart (AABS); Antifaschistische
Aktion (Aufbau) Stuttgart; „Arbeit Zukunft“ Stuttgart; Cannstatter gegen
Stuttgart 21; DIDF Stuttgart (Föderation demokratischer
Arbeitervereine), DIE LINKE Stuttgart; DIE LINKE OV Bad Cannstatt; DKP
(Deutsche Kommunistische Partei) Stuttgart; Freundschaftsgesellschaft
BRD Kuba Regionalgruppe Stuttgart; GRÜNE JUGEND Stuttgart; Initiative
Lern und Gedenkort Hotel Silber e. V.; Linksjugend [`solid] Stuttgart;
Piratenpartei Deutschland, Kreisverband Stuttgart; SÖS Stuttgart
Ökologisch Sozial; ver.di Bezirk Stuttgart; SDAJ (Sozialistische
Deutsche Arbeiterjugend) BadenWürttemberg; VVNBdA: Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten; Verein
Zukunftswerkstatt e.V., Zuffenhausen; Waldheim Gaisburg; Waldheim
Stuttgart e.V. / Clara Zetkin Haus; Zukunftsforum Stuttgarter
Gewerkschaften