Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch vier Molotowcocktails auf eine Schule in Dresden-Prohlis geworfen. In dem Gebäude an der Boxberger Straße sollen Flüchtlinge untergebracht werden.
Dresden. Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch vier Molotowcocktails auf eine Grundschule in Dresden-Prohlis geworfen. In einem Teil des Gebäudes an der Boxberger Straße sollen Flüchtlinge untergebracht werden.
Wie das Operative Abwehrzentrum (OAZ) mitteilte, wurden die Brandsätze in der Nacht zwischen 1.30 Uhr und 2 Uhr in den Bereich geworfen, der für die Flüchtlingsunterbringung im Gespräch ist. Feuer brach nicht aus, es entstand jedoch Sachschaden in noch nicht bezifferter Höhe. Wie das OAZ weiter mitteilt, ist ein rechtsgerichteter Tathintergrund sehr wahrscheinlich. Es werde jedoch in alle Richtungen ermittelt. Außerdem werden Zeugen gesucht. Konkrete Hinweise auf die Täter gibt es derzeit nicht, heißt es. Beobachtungen und Hinweise nehmen die Beamten unter (0351) 483 22 33 entgegen.
Die Diskussion über die Einquartierung sorgt seit Tagen für Unruhe. Am Montag hatten sich rund 50 zum Teil alkoholisierte Asylgegner vor dem Gebäude versammelt. Die Polizei musste einschreiten, sprach Platzverweise aus. Auch im Ortsbeirat Prohlis lieferten sich Anwohner und Ortsbeiräte am Montag heftige Diskussionen.
Die CDU-Fraktion im Stadtrat sprach sich am Mittwoch gegen die Nutzung des Standortes als Asylunterkunft aus. „Schule muss ein geschützter Raum bleiben: Flüchtlingsunterkünfte auf Schulgeländen bei laufendem Betrieb lehnen wir als CDU-Fraktion ab“, sagte Stadträtin Heike Ahnert. Am Donnerstagmorgen blieben etliche Grundschüler dem Unterricht fern. Der Schulbetrieb sei aber am Morgen normal und ohne Einschränkungen angelaufen, bestätigt Petra Nikolov, Sprecherin der Sächsischen Bildungsagentur.
Oberbürgermeister Hilbert: Anschlag ist beschämend
„Der Anschlag in Prohlis zeigt erneut, dass Dresden ein Problem mit Rassismus und rechter Gewalt hat. Die sogenannten besorgten Bürger und Bachmann und Co. sind die Brandstifter, die mit ihren Aussagen, ihren Hass genau solche Taten befeuern. Am Ende will wieder keiner Schuld sein oder wie in den sozialen Medien, feiert Mensch diese Tat. Die Politik scheint am Ende zu sein, aber was soll sie auch gegen Menschen tun, die eben nur pöbeln wollen“, so Sachsens Piraten-Chef Marcel Ritschel. „Anstatt sich weltoffen zu sein, zeigt sich Sachsen und Dresden mal wieder von der braunen Seite. Es ist nun wichtig mehr Zeichen zu setzen und mehr Menschen auf die Strasse zu bewegen, für Offenheit und Toleranz und gegen Fremdenhass und Gewalt.“
„Der Brandanschlag auf das Prohliser Schulgebäude ist ein Zeichen feigen Rassismus. Die Stadt darf sich dem nicht beugen, sondern muss für die Sicherheit der Asylsuchenden sorgen und die Fragen der Eltern ernst nehmen. Ich gehe davon aus, dass die Nutzung von Schulen als Asylunterkunft nur eine Übergangslösung in einer Notlage ist, die die Solidarität aller erfordert“, sagte Linken-Abgeordnete Annekatrin Klepsch.
„Der Anschlag auf das Schulgebäude ist beschämend und widerlich“, erklärt Oberbürgermeister Dirk Hilbert. „Nichts, wirklich gar nichts rechtfertigt eine solche Tat. In einer Demokratie sind Diskussionen, Streit und Demonstrationen legitime und notwendige Mittel der freien Meinungsäußerung. Mit Gewalt - egal ob gegen Sachen oder Menschen - ist eine Grenze überschritten. Ich warne auch diejenigen, die vielleicht heimlich Beifall klatschen: Der Schaden solcher Taten ist für die Stadt weit größer, als kaputte Türen und Fensterscheiben.“
Der Oberbürgermeister werde es nicht hinnehmen, dass fremdenfeindliche und rassistische Anschläge das Klima in der Stadt vergiften. „In meinen zahlreichen Gesprächen und Terminen wird mir immer wieder über Ängste und Unsicherheiten gegenüber Flüchtlingen berichtet. Diese Ängste nehme ich, nehmen wir als Stadtverwaltung ernst. Flüchtlinge müssen die Werte unseres Zusammenlebens anerkennen. Fakt ist aber auch, dass in diesem Fall nicht Asylbewerber und Flüchtlinge die Gewalt auf die Straße tragen, sondern radikalisierte Gruppen, die meinen, im Namen der „besorgten Bürger“ zu handeln. Die eigentliche Bedrohung für unser Zusammenleben geht von denjenigen aus, die Brandbomben werfen und Hass predigen, nicht von denen die bei uns Schutz suchen“, so der Rathauschef.
Interimsunterkunft wird weiter vorbereitet
Nach jetzigem Sachstand ist das Haus B, welches durch die 89. Grundschule benutzt wird, nicht in Mitleidenschaft gezogen worden, der Unterricht kann weiter durchgeführt werden, so die Stadtverwaltung.
Die Stadt hatte vergangene Woche angekündigt, dass in den Herbstferien etwa 150 Flüchtlinge im Haus A des Schulstandortes Boxberger Straße 1/3 untergebracht werden. Dieses Schulgebäude steht bis zum Sommer 2016 leer. Das Gebäude befindet sich unmittelbar neben dem Bauauslagerungsstandort der 89. Grundschule auf der Boxberger Straße. Das Stammhaus der 89. Grundschule auf der Sosaer Straße wird zurzeit saniert und erweitert. Die Baumaßnahmen enden im Februar 2016. Dann kehrt die Grundschule dorthin zurück.
Die vorbereitenden Arbeiten für die Einrichtung der Interimsunterkunft gehen planmäßig voran, heißt es aus dem Rathaus. Aktuell bemühe sich die Stadt um eine ausreichende Zahl von Sanitärcontainern. „Unsere Prämisse war es von Anfang an, dass der Schulbetrieb durch die Notunterkunft nicht beeinträchtigt werden darf. Diese Zusage halten wir auch ein“, so der Pressesprecher Kai Schulz.
Parallel zu den Planungen für die Flüchtlingsunterkunft im leeren Haus A prüft die Stadt zusätzlich, den Schulbetrieb der 89. Grundschule bereits in den Herbstferien komplett in ein alternatives Schulgebäude auszulagern. Wegen der derzeit laufenden Sanierungsarbeiten am Stammhaus der 89. Grundschule in Dresden-Niedersedlitz war deren Rückzug bisher im Februar 2016 vorgesehen. Zwei mögliche Varianten wurden am Dienstag durch Schulbürgermeister Peter Lames in der Schulkonferenz gemeinsam mit Schulleitung und Elternvertretern erörtert. Eine Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet. Erst danach soll entschieden werden, wann die Flüchtlingsunterkunft in Betrieb genommen wird, so die Stadt.