AfD-Demo in Erfurt: Tausende protestieren gegen Flüchtlingspolitik

Erstveröffentlicht: 
01.10.2015

Mehrere tausend Menschen haben nach Polizeiangaben am Mittwochabend in Erfurt gegen die Asylpolitik von Bundes- und Landesregierung demonstriert. Einige der Demonstranten trugen Fahnen und Transparente rechtsextremer Organisationen. Aufgerufen zu den Protesten hatte die rechtspopulistische AfD.

 

Unterschiedliche Teilnehmerzahlen geschätzt


Die Schätzungen der Teilnehmerzahl der AfD-Demonstration gehen auseinander. Die Polizei gab zunächst 3.500 Demonstranten an und erhöhte die Zahl später auf 5.000. Dass die Demonstration im Laufe des Abends Zulauf erhielt, deckt sich mit Beobachtungen von MDR-Reportern vor Ort. Die Initiative Crowdcounting.de, die sich nach eigenen Angaben auf die Zählung von Teilnehmern bei Demonstrationen spezialisiert hat, schätzte die Teilnehmerzahl auf 3.500 bis 3.800. Die AfD selbst gab eine Teilnehmerzahl von 8.000 an.

 

Polizei berichtet von kleineren Auseinandersetzungen


Rund 500 Gegendemonstranten stellten sich den Teilnehmern der AfD-Demo am Landtag entgegen. Die Stimmung war aufgeheizt. Demonstranten beider Seiten brüllten sich an. So titulierten Teilnehmer der AfD-Demo Gegendemonstranten in einem Sprechchor als "Judenpack", zurück schallte es "Nazis raus". Mehrere Parteien, Gewerkschaften und Verbände hatten zu der Gegen-Demo aufgerufen.

 

Eine Polizeisprecherin teilte nach dem Ende der Demonstrationen mit: "Während, vor und nach der Versammlung kam es zu kleineren Auseinandersetzungen". Es werde wegen Beleidigung, Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Außerdem gebe es Anzeigen wegen Sachbeschädigung und Körperverletzungen sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Nach ersten Erkenntnissen habe es nur leichte Verletzungen gegeben, erklärte die Sprecherin.

 

Gewalt-Vorwürfe von beiden Seiten


Vertreter beider Seiten gaben an, dass es jeweils zu Gewalttätigkeiten der Gegenseite gekommen sei. Die AfD-Landtagsfraktion und der AfD-Landesverband erklärten am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressemitteilung, "vermummte Linksextremisten" hätten Flaschen und Steine auf Teilnehmer der AfD-Demonstration geworfen. Eine ältere Demonstrationsteilnehmerin sei durch einen Stein am Kopf getroffen und verletzt worden.

 

Thüringens DGB-Chef Sandro Witt berichtete, er sei mit weiteren Gewerkschaftern von Teilnehmern der AfD-Demo angegriffen worden. Dabei habe es sich um Rechtsradikale gehandelt. Mindestens einem Gewerkschafter sei die Nase blutig geschlagen worden. Polizeibeamte seien dazwischen gegangen. Die Grüne Jugend erklärte am Donnerstag, "anscheinend" sei auch eine Mutter mit Kind auf dem Arm angegriffen worden.

 

Die Polizei hat sich bislang nicht offiziell detailliert zu den Gewalttätigkeiten geäußert, allerdings für den Nachmittag eine Pressemitteilung angekündigt.

 

"Bürgerliches Lager" vs. NPD-Vertreter


Die AfD bezeichnete ihre Demonstration als "machtvolles und friedliches Zeichen", das auch deswegen ein "enormer Erfolg" gewesen sei, weil die Teilnehmer klar dem bürgerlichen Lager zuzuordnen seien. Inakzeptable Parolen oder Verhaltensweisen seien bereits vor Beginn der Veranstaltung von der Demonstrationsleitung untersagt worden, ebenso der Anschluss extremistischer Trittbrettfahrer.

 

Die Thüringer NPD wiederum veröffentlichte auf ihrer Facebookseite ein Foto, das mehrere Personen zeigt, die ein Banner "Asylbetrug macht uns arm!" tragen. In der Bildbeschreibung heißt es: "Der Landesvorsitzende der NPD, Tobias Kammler, und Mitglieder des Landesvorstandes auf der Demonstration in Erfurt".

 

Sozialverband: Weiterhin große Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge


Der Ältestenrat des Thüringer Landtags verurteilte am Donnerstag die Gewalttätigkeiten während der AfD-Demonstration. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege verwies indes darauf, dass es in der Thüringer Bevölkerung eine anhaltend große Spenden- und Hilfsbereitschaft zugunsten von Flüchtlingen gebe. Geschäftsführer Hans-Otto Schwiefert sagte am Donnerstag MDR THÜRINGEN, die Kleiderkammern verzeichneten einen ungebrochenen Ansturm der Hilfsbereiten. Allein in den beiden Kleiderkammern der Caritas in Thüringen seien in den vergangenen Tagen mehr als 3.000 Hilfsangebote gezählt worden. Auch die Kleiderkammern von Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Deutschem Roten Kreuz und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hätten jeweils Tausende von Spenden und Nachfragen zur Flüchtlingshilfe gezählt.