Menschenwürde verletzt: Belgien muss für Ohrfeigen zahlen

Erstveröffentlicht: 
28.09.2015

Weil sie gegen ihre Festnahme protestieren, fangen sich zwei junge Brüder kräftige Ohrfeigen von Polizisten ein. Doch sie klagen dagegen - und erzwingen nach mehreren Jahren ein endgültiges Urteil. 

 

Ohrfeigen von Polizisten stellen eine Verletzung der Menschenwürde dar. Das erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und verurteilte Belgien zur Zahlung von jeweils 5000 Euro Schadenersatz an zwei Brüder.

Die beiden waren 2003 und 2004 in einem Polizeirevier in Brüssel geohrfeigt worden. Der erste - damals 17 Jahre alt - hatte gegen seine Festnahme zur Feststellung seiner Personalien protestiert. Der zweite wurde nach einer Anzeige befragt und soll sich dem Beamten gegenüber unverschämt verhalten haben.

Die polizeiliche Anwendung physischer Gewalt, die nicht unbedingt notwendig sei, stelle eine Verletzung der Menschenwürde dar, erklärten die Richter. Schon eine einzige Ohrfeige könne als Demütigung empfunden werden. Das Gericht stellte eine Verletzung von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, der unmenschliche oder erniedrigende Behandlung verbietet. Die Richter warfen zudem der belgischen Justiz vor, nicht ausreichend zu den Vorfällen ermittelt zu haben.

 

Die belgische Justiz hatte von den Brüdern angestrengte Ermittlungen eingestellt, obwohl ärztliche Atteste dokumentierten, dass sie geschlagen worden waren. Die Brüder zogen deswegen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - und unterlagen zunächst.
Mehr zum Thema

Die Straßburger Richter urteilten im November 2013, dass die Polizisten sich vom "respektlosen und provokativen Verhalten" der jungen Männer zu den Ohrfeigen hätten hinreißen lassen. Es sei zudem nicht darum gegangen, mit Gewalt Geständnisse zu erzwingen. Eine Verletzung der Menschenwürde liege nicht vor.

Die Brüder legten dagegen Berufung ein und bekamen nun vor der Großen Kammer des Gerichtshofs Recht. Das Urteil ist endgültig.