Ostdeutsche vermissen Polizeipräsenz stärker als Westdeutsche

Erstveröffentlicht: 
23.09.2015

Das Sicherheitsempfinden von Ost- und Westdeutschen ist unterschiedlich. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap. 59 Prozent der Ostdeutschen bemängeln, dass im Osten zu wenig Polizisten unterwegs sind. Vor allem ältere Menschen haben ein höheres Sicherheitsbedürfnis.

 

Ostdeutsche vermissen die Präsenz der Polizei auf der Straße deutlich stärker als Westdeutsche. 59 Prozent der Menschen in den Neuen Bundesländern bemängeln, dass zu wenig Polizisten unterwegs sind, in den alten Ländern sehen das nur 42 Prozent so. Das hat eine repräsentative Umfrage von infratest dimap für die MDR-Sendung "Exakt - So leben wir!" ergeben.

Allerdings ist der Wunsch nach mehr Polizei im Osten deutlich zurückgegangen. In einer Studie von 1995 forderten noch 78 Prozent der Befragten mehr Präsenz der Ordnungshüter. Im Westen sagten das vor 20 Jahren mit 43 Prozent nur geringfügig mehr Menschen als heute.

 

Mehr Polizisten pro Einwohner im Osten


Dabei gibt es im Osten im Pro-Kopf-Verhältnis bereits mehr Polizisten als im Westen. Deutschland hat insgesamt knapp 260.000 Polizeibeamte, wobei die Verteilung sehr unterschiedlich ist. Nach Recherchen von "Exakt - So leben wir!" kommen in den neuen Bundesländern auf 100.000 Einwohner 301 Polizeibeamte, in den alten Bundesländern und Berlin nur 272. Mecklenburg-Vorpommern ist Spitzenreiter unter den Flächenländern mit 321 Polizisten pro 100.000 Einwohner.

 

Gute Sicherheitslage wird von vielen nicht wahrgenommen

 

Aus dem Wunsch nach mehr Polizeipräsenz schließt der Soziologe Dirk Baier vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, dass sich viele Menschen im öffentlichen Raum unsicher fühlen. Das sei unbegründet: "Dieses Gefühl steht in keinem Zusammenhang mit der objektiven Sicherheitslage, die in Deutschland als gut einzustufen ist. Die Kriminalität nimmt seit Jahren ab. Das kommt bei den Menschen aber meist nicht an", sagt Baier. Das hohe Bedürfnis nach Polizeipräsenz in Ostdeutschland vor 20 Jahren erklärt der Experte damit, dass viele Bürger möglicherweise noch die Situation in der DDR vor Augen hatten, in der die Polizei viel häufiger im Straßenbild zu sehen war. Mit der Wiedervereinigung seien andere Polizeikonzepte eingeführt worden, die weniger Beamte in der Öffentlichkeit vorsahen.

 

Ältere wollen mehr Polizeipräsenz


Bei der aktuellen Umfrage fällt auf, dass vor allem ältere Menschen ein höheres Sicherheitsbedürfnis haben. 58 Prozent der über 60-Jährigen wünschen sich mehr Polizeipräsenz im öffentlichen Raum. Unter den 45- bis 59-Jährigen sieht das immerhin noch knapp die Hälfte der Befragten so. Bei den 30- bis 44-Jährigen sind es nur noch 39, bei den 14- bis 29-Jährigen sogar nur 27 Prozent, die mehr Polizisten auf Straßen und Plätzen sehen wollen. Männer und Frauen sind in dieser Frage mit 45 und 46 Prozent fast einer Meinung. "Die Polizei erscheint den Älteren als Garant für Sicherheit. Man fühlt sich dann wohler, wenn häufiger Polizei in der Nachbarschaft ist," erklärt Experte Baier.

 

Einstellung zur Polizeipräsenz auch eine Frage der Bildung


Große Unterschiede gibt es auch im Verhältnis von Bildungsgrad zu Sicherheitsbedürfnis: Nur 38 Prozent der Deutschen mit Abitur- oder Fachschulabschluss wollen mehr Polizisten in der Öffentlichkeit. Von den Menschen mit Haupt- und Volksschulabschluss wünschen sich das 49, von denen mit Mittlerer Reife oder POS-Abschluss 53 Prozent.

 

Experte Baier deutet das so, dass höher gebildete Befragte "eine realistischere Einschätzung der Kriminalitätslage aufweisen". Sie wüssten häufiger, dass die Kriminalität nicht ansteige und daher auch keine stärkere Polizeipräsenz nötig ist. "Von höher gebildeten Personen wird auch die Auffassung vertreten, dass mehr Polizei die Gefahr erhöht, dass die persönliche Freiheit eingeschränkt werden könnte," erklärt Baier weiter. Höher gebildete Personen seien der Polizei gegenüber meist etwas kritischer eingestellt.