Umfrage: Tillich, Dulig und Gebhardt verlieren, Petry legt zu

Erstveröffentlicht: 
17.09.2015

CDU bleibt deutlich vorn, SPD und AfD gleichauf / Rechte Parteien bei 30- bis 44-Jährigen sehr stark

 

Von Andreas Debski


Leipzig. Der große Verlierer des Sachsentrends von MDR und Infratest Dimap heißt Stanislaw Tillich: Während seine CDU im Vergleich zur Landtagswahl vor einem Jahr nur einen Punkt auf 38 Prozent verliert und damit weiterhin deutlich vor der zweitplatzierten Linken (17 Prozent) liegt, rutscht der Ministerpräsident in der Wählergunst von 75 auf 60 Prozent. Das ist der tiefste Wert, den es bislang für Tillich als Regierungschef und die Zufriedenheit mit seiner Arbeit gegeben hat, was offensichtlich mit dem Flüchtlings-Krisenmanagement zusammenhängt. Erstmals honoriert auch keine klare Mehrheit die Arbeit der Landesregierung: Nur 50 Prozent sind mit der CDU/SPD-Koalition sehr oder überhaupt zufrieden - für sächsische Verhältnisse ist dies höchst ungewöhnlich. Die abgewählte CDU/FDP-Koalition kam im August 2014 noch auf 63 Prozent.


Der CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer wertet die Umfrageergebnisse als Herausforderung. "Das große Vertrauen in die sächsische Union müssen wir jeden Tag bestätigen. Die Aufgaben bei der Unterbringung der Asylbewerber fordern auch Sachsen stark. Die Sorgen in der Bevölkerung nehmen wir sehr ernst", macht er gegenüber der LVZ klar. Nach der Unterbringung stehe nun die erfolgreiche Integration an - eine Polarisierung der Gesellschaft schade allen. "Es muss zügig gelingen, die Handlungsfähigkeit und Kontrolle an den Grenzen zurück zu gewinnen."


Wie sehr sich die steigenden Flüchtlingszahlen und die damit verbundene Debatte auf die Umfrage auswirken, zeigen die Ergebnisse am rechten Rand. Zum einen gewinnt AfD-Chefin Frauke Petry sechs Punkte in der Beliebtheit hinzu und genießt damit das Vertrauen von einem Fünftel der Befragten. Gleichzeitig geben aber auch 39 Prozent an, mit Petry weniger oder gar nicht zufrieden zu sein. Und zum zweiten: Mit 13 Prozent liegt die AfD gleichauf mit den Sozialdemokraten, was einem Plus im Vergleich zur 2014er Wahl von mehr als drei Prozent entspricht. Zudem würde die derzeit nicht im Landtag vertretene NPD mit fünf Prozent den Einzug ins Parlament schaffen. Insgesamt heißt das: Fast jeder Fünfte spricht sich laut Umfrage für Rechtsaußen aus. Bei den 30- bis 44-Jährigen liegt die Ablehnung von Flüchtlingen und die Gewaltakzeptanz am höchsten, erreichen AfD und NPD Rekordwerte: In dieser Altersgruppe ist die AfD zweit- und die NPD drittstärkste Partei. Der Anteil der rechtsextremen beziehungsweise rechtspopulistischen Stimmen liegt hier bei einem Drittel.


Grünen-Landeschef Jürgen Kasek - dessen Partei sich im Vergleich zur Wahl um 1,3 Punkte auf sieben Prozent steigern konnte - attestiert Sachsen "einen besorgniserregenden Rechtsruck". Er wirft der CDU vor, diese Entwicklung noch zu befördern: "Wer, wie Fraktionschef Frank Kupfer, Vorbehalte gegen Muslime schürt, bindet keine Wähler an sich, sondern stärkt nur NPD und AfD. Die CDU sollte sich auf die christlichen und demokratischen Werte und Wurzeln zurückbesinnen und endlich Schluss mit ihren dumpfen Parolen machen." Auch Linken-Landeschef Rico Gebhardt kritisiert: "Der Flirt der CDU mit rechtspopulistischen Positionen hat die Situation verschärft. Sie haben die Argumente der Rechtspopulisten damit legitimiert."


In der Umfrage geben 44 Prozent an, gegen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu sein. 60 Prozent sagen, dass ihnen die Anzahl der neuen Flüchtlinge Angst macht. Damit liegt Sachsen weit über dem Bundesschnitt (38 Prozent). Deutlich wird auch, dass der Bildungsgrad im Zusammenhang mit der Angst steht: Unter den Befragten mit Abitur oder Fachhochschulreife fürchten sich 38 Prozent, bei Mittlerer Reife sind es 66 Prozent und bei Volks- oder Hauptschulabschluss sind es 71 Prozent. Das Erschreckende sei zudem, so Gebhardt, dass jeder sechste Mann in Sachsen selbst gewalttätigen Protest gegen Flüchtlinge in Ordnung findet. "Das bedeutet ein langfristiges erhebliches Sicherheitsrisiko, das Ausdruck einer schweren gesellschaftlichen Krankheit ist."