NSU-Prozess: Ermittler sahen Trio als Mitläufer

Erstveröffentlicht: 
16.09.2015

Verfassungsschützer aus Thüringen als Zeuge

 

Von Christoph Lemmer


München. Der Thüringer Verfassungsschutz hat das im Jahr 1998 untergetauchte NSU-Trio damals als "Mitläufer"-Gruppe der rechtsextremen Szene eingeschätzt. Das sagte ein Beamter gestern als Zeuge im Münchner Prozess um die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). "So hoch angebunden war das Abtauchen der drei gar nicht", meinte er. "Man hätte gern gewusst, wo sie sich aufhalten. Aber wenn nicht, das war nicht so dramatisch." Als "Rädelsführer" hätten die Hauptangeklagte Beate Zschäpe und ihre beiden inzwischen toten Gesinnungsgenossen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht gegolten. Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sollen in den darauffolgenden Jahren eine Serie rassistisch motivierter Morde begangen und auch die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen haben. Zschäpe muss sich in dem Prozess dem Vorwurf der Mittäterschaft stellen.


Der von dem befragten Verfassungsschützer geführte V-Mann war ein Anführer der im Jahr 2000 verbotenen Organisation "Blood & Honour". Mitglieder dieser Vereinigung hatten ausweislich der Prozessakten und eigener Aussagen im Prozess das NSU-Trio bei sich versteckt. Der V-Mann habe aber nie über die drei berichtet und auf eine Frage nach ihnen gesagt, er kenne nicht einmal deren Namen, berichtete der Zeuge. Die Informationen seiner Quelle bewertete er auch im Nachhinein als gut.


Er habe den V-Mann über mehrere Jahre geführt und jede Woche getroffen. Bei jedem der einzelnen Treffen habe er ihm eine Prämie in Höhe von 400 bis 500 Mark (umgerechnet etwa 200 bis 250 Euro) gegeben und zusätzlich "Auslagen" erstattet. Damit seien etwa Fahrtkosten gemeint, aber auch "Spenden". An die Höhe der "Auslagen" erinnerte er sich nicht. Alle Zahlungen seien bar und ohne Beleg abgewickelt worden. Bei der "Blood & Honour"-Organisation sei der V-Mann als Kassenwart des bundesweiten Verbandes und als Anführer der Thüringer Sektion tätig gewesen. Zu den Finanzen der Organisation habe er ihn aber nie befragt, sagte der Beamte im Gerichtssaal.