Innenminister Markus Ulbig (CDU): Suchen nach weiteren Einrichtungen für die Erstaufnahme
Von christoph springer
Dresden. Sachsen muss von den Flüchtlingen, die seit dem
Wochenende aus Ungarn kommend in München eintreffen, etwa 1000
aufnehmen. Das sagte gestern Innenminister Markus Ulbig (CDU). Sie
werden voraussichtlich in Dresden untergebracht. Dazu entsteht gerade
die vierte provisorische Erstaufnahmeeinrichtung: ein weiteres Zeltlager
nach dem Hauptbahnhof. Dort sollen ab Donnerstag rund 600 Plätze in
drei großen Zelten zur Verfügung stehen.
Damit gibt es in der Stadt vier Erstaufnahmeeinrichtungen. Vorerst.
Denn das Finanzministerium und der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien-
und Baumanagement suchen nach weiteren Plätzen für die Erstaufnahme.
Das kündigte Ulbig an, nachdem er die Asylbewerberaufnahme in der
Sporthalle der Offiziersschule des Heeres (OSH) am Rand der Dresdner
Heide in Augenschein genommen hatte. Ulbig sparte dabei nicht mit Dank
für die am Aufbau Beteiligten. Oberst Helmut Baumgärtner, Chef des
Landeskommandos Sachsen der Bundeswehr, schloss sich an: "Was hier
handwerklich vor allen Dingen vom DRK und dem THW auf die Beine gestellt
wurde, war sensationell", berichtete er von den Vorbereitungsarbeiten
in der Sporthalle. Am Sonnabend um 18 Uhr hatte der Aufbau begonnen; als
der erste Bus mit Flüchtlingen nachts gegen 2 Uhr eintraf, war alles
präpariert. "Das war ein tolles Beispiel für gelungene
zivil-militärische Zusammenarbeit", erklärte Oberst Baumgärtner.
Die Halle hinter dem OSH-Unterrichtsgebäude ist mit mobilen Zäunen vom
Schulgelände abgetrennt. Wachposten stehen am Eingang, Zutritt haben nur
Flüchtlinge und Helfer. Auch für die Offiziersschüler ist sie tabu. 271
potenzielle Asylbewerber sind dort untergebracht, sagte Innenminister
Ulbig, darunter 80 Kinder. Sie stammen vor allem aus Syrien und aus dem
Irak.
"Überraschend groß ist der Anteil von Familien", erzählte Lars Rohwer,
CDU-Landtagsabgeordneter und DRK-Kreisvorsitzender in Dresden. "Sie
haben alle erst einmal bis etwa Sonntagmittag geschlafen", sagte er über
die ersten Stunden in der neuen Asylbewerberunterkunft. Das habe den
Verantwortlichen Zeit verschafft, um die Registrierung der
Neuankömmlinge vorzubereiten.
Während diese Arbeiten liefen, stand bereits fest, dass Dresden noch
eine weitere Erstaufnahmeunterkunft bekommt. Innenminister Ulbig rechnet
damit, dass Sachsen entsprechend dem von den Bundesländern vereinbarten
Verteilungsschlüssel mindestens noch 700 der in München ankommenden
Asylbewerber aufnehmen muss. Für sie werden die Großzelte nahe dem
Hauptbahnhof aufgebaut. Die zwei bereits bestehenden Dresdner
Flüchtlingsunterkünfte, die Zeltstadt an der Bremer Straße und die
Sporthallen der TU an der Nöthnitzer Straße, seien mit rund 900 und 600
Flüchtlingen voll ausgelastet, so Rohwer.
Ulbig machte gestern keinen Hehl daraus, dass er von den Landkreisen und
Städten Sachsens mehr Kooperationsbereitschaft bei der Suche nach
geeigneten Unterkünften für die Erstaufnahme von Flüchtlingen erwartet.
Wenigstens 300 Personen müssten darin Platz finden, so die Pläne des
Freistaats. Dass der Bund jetzt verstärkt auch auf Bundesimmobilien und
-einrichtungen wie die Offiziersschule in Dresden setzt, versteht Ulbig
als positives Signal aus Berlin. Sollten sich aber einzelne Kreise oder
Kommunen weiter beharrlich sträuben, das Land bei Einrichtung von
Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge zu unterstützen, sieht Ulbig
"eine weitere Eskalationsstufe" auf sich zukommen. Das heißt, der
Minister schließt nicht aus, dass die Landesregierung dann auch ohne
Konsens vor Ort solche Einrichtungen durchsetzen könnte.
Oberst Baumgärtner hofft, dass es dazu nicht kommen muss. Nach den
positiven Beispielen für die herzliche Aufnahme von Flüchtlingen in
München am Wochenende setzt er auf die Unterstützung der Bevölkerung.
"Ich wünsche mir als Dresdner Bürger, dass es dieses Willkommen auch
hier gibt", sagte Baumgärtner. Keinesfalls dürften immer "zuerst die
Hässlichen aufmarschieren", sagte er mit Blick auf die Proteste von
Asylkritikern in Dresden, Freital und Heidenau.