Am gestrigen Montag erreichten ca. 1.000 Geflüchtete Eisenhüttenstadt um in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) registriert zu werden. Sie waren mit mehreren Tausend anderen am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufgebrochen. Derweil wird zu einer rassistisch-motivierten Kundgebung in der Nähe der ZAST in der Poststraße für den morgigen Mittwoch aufgerufen. Auch Gegenprotest ist angekündigt.
Für Aufsehen sorgten vergangenes Wochenende mehrere selbstorganisierte Märsche von Geflüchteten, die aus Budapest und anderen Orten Ungarns, größtenteils zu Fuß, in Richtung der österreich-ungarischen Grenze liefen. Die ungarischen, österreichischen und deutschen Behörden sahen sich somit gezwungen die Dublin-III Verordnung vorübergehend außer Kraft zu setzen. Über Wien und München gelangten knapp 1.000 Menschen nach Eisenhüttenstadt. Nach einer medizinischen Erstversorgung wurde der Großteil in die ZAST gebracht. Einige konnten nach Berlin weiterfahren.
Auf der Facebook-Seite „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“ kursiert seit gestern Mittag ein flüchtlingsfeindlicher Aufruf für eine Kundgebung am morgigen Mittwoch. Mutmaßlicher Organisator ist der Neonazi Peer Koß. Koß gilt als mutmaßlicher Administrator der Facebook Seiten „Beeskow wehrt sich“ und „Frankfurt(Oder) wehrt sich“ und Initiator zahlreicher Aufmärsche und Kundgebungen in den beiden Städten. Gegen Koß liegt mittlerweile eine Anzeige wegen Volksverhetzung vor.
Rassistische Mobilisierung und Gewalt in Eisenhüttenstadt
Eisenhüttenstadt und die Bewohner*innen der ZAST standen in der
Vergangheit schon des Öfteren im Fokus asylfeindlicher Gruppen.
Für Aufsehen sorgte der Versuch eine „Bürgerwehr“ in der Oderstadt
zu etablieren, der von Neonazis mitinitiiert wurde. Die Partei „der Dritte Weg“ mobilisierte Ende Februar diesen Jahres zu einer Mini–Demo im Eisenhüttenstädter Stadtzentrum. Der NPD Kreisverband Oderland führte 2013 und 2014 mehrere Kundgebungen in direkter Nähe zur ZAST durch. Erst im August 2013 griffen mehrere NPD’ler bei einer Kundgebungsfahrt Gegendemonstrant*innen in Eisenhüttenstadt an.
An den bisherigen Versammlungen beteiligten sich außer stadtbekannten Neonazis nur vereinzelt rassistische Anwohner*innen. Möchte man Aussagen auf Facebook glauben, wollen sich am Mittwoch zahlreiche Eisenhüttenstädter der flüchtlingsfeindlichen Kundgebung anschließen. Die Stimmung in der Stadt scheint derweil zuzuspitzen. Erst Sonntag kam es zu einem gewalttätigen Vorfall in einem Bistro in der Fröbelringpassage. Laut einer Polizeimeldung griff ein 38-jähriger einen Mitarbeiter des Bistros an und verletzte ihn so schwer, dass dieser mit einer Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Später kam der Angreifer zurück und beschimpfte die Gäste mit volksverhetzerischen Sprüchen.
Gegenprotest angekündigt
Die rassistische Kundgebung soll laut eigenen Angaben in der
Poststraße in direkter Nähe zur ZAST stattfinden. Beginn ist um
19:00 Uhr. Die IG-Metall ruft zu einer Gegenveranstaltung unter dem
Motto: „Eisenhüttenstadt für Toleranz und Menschlichkeit“ an der
Freilfläche Poststraße/Karl Marx Straße auf. Start ist um 18:30 Uhr.