Wie auf der Titanic: Im Innenressort beginnt das Stühlerücken

Erstveröffentlicht: 
28.08.2015

Minister Markus Ulbig geht sein Sprecher verloren - im Grunde aber ist er selbst nicht mehr Herr der Lage

 

Von Jürgen Kochinke


Dresden. Eigentlich ist es nur eine nachrangige Personalie. Martin Strunden, der Pressesprecher von Innenminister Markus Ulbig (CDU), nimmt seinen Hut. Sein Nachfolger soll Andreas Kunze-Kubsch werden, wie das Innenressort gestern mitgeteilt hat. Kunze-Kubsch, ein alter Vertrauter von Ex-CDU-Fraktionschef Steffen Flath, war bisher Fraktionssprecher unter Frank Kupfer (CDU). In Normalfall, so lautet die Regel im politischen Dresden, nehmen das alle zur Kenntnis - mehr aber auch nicht.


Im Falle von Ulbig aber ist das derzeit anders. Denn schon seit vielen Monaten steht der ehemalige Pirnaer OB unter extremem Beschuss. Erst die Pegida-Querelen, dann sein Reinfall bei der OB-Wahl in Dresden und jetzt die Dauermisere beim Thema Asyl - rassistische Pöbeleien und Ausschreitungen inklusive. Ulbig, der chronisch Überforderte, macht eine ausnehmend schlechte Figur. Hinzu kommt ein Erfahrungswert aus der Politik: Fast immer, wenn sich ein Ressortchef nicht mehr zu helfen weiß, ist der Pressesprecher der Erste, der geht - was seinem Chef aber auch meist wenig nützt. Weil die Stimmung im Hause Ulbig wie auf der Titanic ist, spekulieren nicht wenige, dass der Minister das Schicksal von Strunden bald teilt.


Danach aber sieht es bei Lichte betrachtet nicht aus, vorerst zumindest nicht. Drei Gründe sprechen dagegen: Erstens gibt es in der Sachsen-CDU keinen, den Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) akzeptiert und der es auch kann. Zweitens braucht Tillich den vom ihm halb Entmachteten als Puffer, um ihn in die Wüste zu schicken, wenn die Lage endgültig eskaliert. Und drittens wäre jeder beliebige Nachfolger bei dem Chaos ebenso zum Scheitern verdammt.


Im Umfeld aber ist reichlich Bewegung erkennbar. So wird Ulbig nicht nur ein neuer Sprecher, sondern auch eine organisatorische Entzerrung verordnet - wenn auch nur eine in homöopathischen Dosen. So soll der Neue nicht mehr wie Strunden zugleich auch als Chef des Leitungsstabs fungieren, was eh eine fatale Doppelfunktion war. Als offizielle Begründung dafür wird die "außergewöhnlich hohe Aufgabenfülle" genannt.


Letztlich aber dürfte das Stühlerücken im Innenressort damit kaum beendet sein. So steht fest, dass es zwischen Ulbig und seinem Staatssekretär Michael Wilhelm erkennbar klemmt, widersprüchliche Statements sind da noch die geringste Folge. Viel gravierender ist, dass selbst handfeste Versprechen und Ansagen - siehe Erstaufnahme in Schneeberg - zuweilen nur eine Verweildauer von wenigen Tagen haben.