Minister Markus Ulbig geht sein Sprecher verloren - im Grunde aber ist er selbst nicht mehr Herr der Lage
Von Jürgen Kochinke
Dresden. Eigentlich ist es nur eine nachrangige Personalie. Martin
Strunden, der Pressesprecher von Innenminister Markus Ulbig (CDU), nimmt
seinen Hut. Sein Nachfolger soll Andreas Kunze-Kubsch werden, wie das
Innenressort gestern mitgeteilt hat. Kunze-Kubsch, ein alter Vertrauter
von Ex-CDU-Fraktionschef Steffen Flath, war bisher Fraktionssprecher
unter Frank Kupfer (CDU). In Normalfall, so lautet die Regel im
politischen Dresden, nehmen das alle zur Kenntnis - mehr aber auch
nicht.
Im Falle von Ulbig aber ist das derzeit anders. Denn schon seit vielen
Monaten steht der ehemalige Pirnaer OB unter extremem Beschuss. Erst die
Pegida-Querelen, dann sein Reinfall bei der OB-Wahl in Dresden und
jetzt die Dauermisere beim Thema Asyl - rassistische Pöbeleien und
Ausschreitungen inklusive. Ulbig, der chronisch Überforderte, macht eine
ausnehmend schlechte Figur. Hinzu kommt ein Erfahrungswert aus der
Politik: Fast immer, wenn sich ein Ressortchef nicht mehr zu helfen
weiß, ist der Pressesprecher der Erste, der geht - was seinem Chef aber
auch meist wenig nützt. Weil die Stimmung im Hause Ulbig wie auf der
Titanic ist, spekulieren nicht wenige, dass der Minister das Schicksal
von Strunden bald teilt.
Danach aber sieht es bei Lichte betrachtet nicht aus, vorerst zumindest
nicht. Drei Gründe sprechen dagegen: Erstens gibt es in der Sachsen-CDU
keinen, den Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) akzeptiert und der es
auch kann. Zweitens braucht Tillich den vom ihm halb Entmachteten als
Puffer, um ihn in die Wüste zu schicken, wenn die Lage endgültig
eskaliert. Und drittens wäre jeder beliebige Nachfolger bei dem Chaos
ebenso zum Scheitern verdammt.
Im Umfeld aber ist reichlich Bewegung erkennbar. So wird Ulbig nicht nur
ein neuer Sprecher, sondern auch eine organisatorische Entzerrung
verordnet - wenn auch nur eine in homöopathischen Dosen. So soll der
Neue nicht mehr wie Strunden zugleich auch als Chef des Leitungsstabs
fungieren, was eh eine fatale Doppelfunktion war. Als offizielle
Begründung dafür wird die "außergewöhnlich hohe Aufgabenfülle" genannt.
Letztlich aber dürfte das Stühlerücken im Innenressort damit kaum
beendet sein. So steht fest, dass es zwischen Ulbig und seinem
Staatssekretär Michael Wilhelm erkennbar klemmt, widersprüchliche
Statements sind da noch die geringste Folge. Viel gravierender ist, dass
selbst handfeste Versprechen und Ansagen - siehe Erstaufnahme in
Schneeberg - zuweilen nur eine Verweildauer von wenigen Tagen haben.