Zwei junge Dresdner haben in der Nacht zu Montag eine S-Bahn mit einem arabischen Schriftzug versehen. Es soll ein Zeichen für Menschlichkeit sein.
Von Tobias Wolf
Marco und Bastian* haben lange überlegt, wie sie ein öffentliches Zeichen setzen können. Der SZ erzählen sie anonym ihre Geschichte. Es sollte ein Symbol sein – gegen Fremdenfeindlichkeit und für mehr Menschlichkeit gegenüber Migranten und Asylbewerbern. In der Nacht zu Montag haben sie deshalb einen Zug der Dresdner S-Bahn in einem Depot am Stadtrand mit roter Farbe besprüht und einen Schriftzug darauf gemalt.
„Herzlich Willkommen“ prangte gestern in arabischer Sprache auf dem Zug der Linie 1, die Meißen und Dresden mit Pirna und Bad Schandau verbindet. Immer wieder rollt der Zug durch die Innenstadt. „Eine schöne Idee“, sagt eine junge Frau, die den Zug im Vorbeifahren gesehen hat. Es sollte die Elbtallinie sein, um möglichst viele Menschen zu erreichen, sagt Marco. Der 29-jährige weiß, dass er mit jedem Graffiti auf einem Zug eine Straftat begeht und dafür vor Gericht landen kann. „Diese Art der Kunst ist unser Medium“, sagt er. „Und das ist unser Ausdruck, die Menschen hier willkommen zu heißen.“ Ein Statement, dass es auch etwas anderes gäbe, als wütende Proteste sogenannter besorgter Bürger und Gewalt gegen Flüchtlinge, sagt er. Vor allem die Heidenauer Krawalle vom vorvergangenen Wochenende hatten die beiden Sprüher aus zwei verschiedenen Dresdner Graffiti-Gruppen zu dem Schriftzug inspiriert, weil dort eine Grenze überschritten worden sei. Bei der Umsetzung half ein Internetwörterbuch. „Wir setzen uns dafür ein, dass Flüchtlinge hier anständig willkommen geheißen werden“, sagt Marco, der als Wirtschaftsprüfer in einer renommierten Kanzlei arbeitet. Sein 28-jähriger Kompagnon Bastian leitet eine Abteilung in einem größeren Unternehmen. Beide sprühen ihre Motive und Schriftzüge seit Jahren auf Züge, Gebäude entlang von Eisenbahnlinien oder auf der Straße.
„Wir haben uns schon gefragt, ob mancher das vielleicht falsch versteht und denkt, das haben die Flüchtlinge selber gemacht“, sagt Marco. „Aber so etwas muss gut vorbereitet werden, weil man unter extremem Zeitdruck steht und Erfahrung dafür braucht.“ Immer droht die Strafverfolgung, weil viele Graffiti-Sprüher hohe Schäden an Fahrzeugen und Gebäuden hinterlassen. „Wir würden uns freuen, wenn die arabischen Flüchtlinge unser Werk sehen und lesen können“, sagt Marco. „Es ist eine kleine Geste für sie.“
* Namen geändert