Linke Szene enttarnt offenbar weitere verdeckte Ermittlerin

Erstveröffentlicht: 
26.08.2015

Es wäre der zweite Fall eines Undercover-Einsatzes in Hamburgs linker Szene: Aktivisten berichten von der Ermittlerin "Maria Block".

 

Hamburg. Unter dem Tarnnamen "Iris Schneider" sorgte eine verdeckte Ermittlerin in der linken Szene Hamburgs Ende 2014 bundesweit für Schlagzeilen - jetzt haben Aktivisten nach eigenen Angaben einen weiteren Undercover-Einsatz einer Polizeibeamtin enttarnt. Mit dem Schutznamen "Maria Block" soll die junge Frau zwischen 2009 und 2012 "tief in die Strukturen der linken Szene eingedrungen" sein.

Sie habe sich demnach "vielfältig an zum Teil auch strafrechtlich relevanten Aktionen" beteiligt, heißt es in einer detaillierten Dokumentation, die anonyme Verfasser am Mittwochmorgen im Internet veröffentlichten.

Nach Abendblatt-Informationen arbeiteten Gruppen aus der Szene bereits seit mehreren Monaten an der Veröffentlichung, die Partei die Linke hält sie für authentisch. Demnach habe "Maria Block" unter anderem an Veranstaltungen und Demonstrationen in den Bereichen Antirassismus, Antifaschismus sowie Klimakämpfen "mindestens in Dänemark (Gegenproteste gegen die Klimakonferenz 2009), Griechenland (No Border Camp 2009 auf Lesbos) und Belgien (No Border Camp 2010 in Brüssel)" mitgewirkt. Diese Art der verdeckten Ermittlungsarbeit im Ausland wäre hochproblematisch. Wie die Aktivisten weiter behaupten, habe sich die Ermittlerin über "langjährige ,Freundschaften' und mindestens ein sexuelles Verhältnis vielfältigen Zugang zum Privatleben und Privaträumen" der linken Szene verschafft.

Die Hamburger Polizei und die Innenbehörde wollten den Fall am Mittwochvormittag weder bestätigen noch dementieren. Man prüfe den Sachverhalt, teilte ein Polizeisprecher mit. Nach Abendblatt-Informationen trafen sich Vertreter von Behörde und Polizei, um eine gemeinsame Sprachregelung in dem Fall zu finden.

Die Linke will den Fall auf die Agenda der Sitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft am Freitag setzen. Dort soll Innensenator Michael Neumann (SPD) bereits Stellung zum Fall der Ermittlerin "Iris Schneider" geben, die ihren Vorgesetzten offenbar nichts von einer Liebesbeziehung im Einsatz erzählt hatte. "Wenn sich die Berichte bewahrheiten, dass auch Maria Block ein sexuelles Verhältnis pflegte, hat die Polizei ein echtes Problem", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linke, Christiane Schneider.

"Entweder hat sie ihre ,BeamtInnen für Lagebeurteilung' (BfL) nicht unter Kontrolle und nimmt ihre Rechtsbrüche stillschweigend in Kauf, oder sie ordnet die absolut unverhältnismäßigen Eingriffe in Grundrechte und die Rechtsbrüche ihrer BeamtInnen an. Beides ist inakzeptabel." Der Senator müsse sich in der Sache erklären. Außerdem müssten sofort alle BfL, die derzeit im Einsatz sind, zurückgezogen werden. "Dieses polizeiliche Instrument darf nicht länger zum Einsatz kommen, es muss aus dem Gesetz gestrichen werden."
(mik/crh/zv/schrö)