[Nauen] Kein Ende in Sicht

350 bei der Mahn­wa­che in Nauen.

Nach rassistischem Brandanschlag: Kundgebung und Demonstration in Nauen. Am Abend haben 350 Menschen gegen Rassismus und Neonazis in Nauen demonstriert. Anlass war der Brand einer Turnhalle, die als Notunterkunft für Geflüchtet genutzt werden sollte, in der Nacht von Montag zu Dienstag. Die Unterkunft sollte in wenigen Tagen vorübergehend bezogen werden, da ein Gebäude zur weiteren Unterbringung noch errichtet werden soll.

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Ras­sis­ti­sche Gewalt: Kein Ende in Sicht
Gegen zwei Uhr Nachts brannte die Turn­halle bereits so stark, dass die Feu­er­wehr keine Chance hatte das Gebäude zu ret­ten, berich­tet die MAZ. Es brannte kom­plett aus. Zu sehen sind nur noch ver­rußte Wände und durch­ge­brannte Über­reste von Kabeln und Ver­klei­dung. Auch wenn bis­her keine Tat­ver­däch­ti­gen ermit­telt wur­den, ist mit ziem­li­cher Sicher­heit klar, dass es sich hier um einen ras­sis­ti­schen Anschlag han­delte. Denn der Angriff auf die geplante Not­un­ter­kunft in der Klein­stadt Nauen kam nicht über Nacht. Er kam quasi mit Ankün­di­gung. Immer wie­der waren in Nauen ras­sis­ti­sche Vor­fälle bekannt gewor­den. Ange­fan­gen bei einer Bürger_innenversammlung zum Thema Unter­brin­gung im Februar, die von Neo­na­zis so mas­siv gestört wurde, dass die Ver­an­stal­tung abge­bro­chen wer­den musste. Es folg­ten Kund­ge­bun­gen gegen Asyl­po­li­tik u.a. im Mai von der ras­sis­ti­schen Face­boo­kin­itia­tive „Zukunft Nauen“ und durch die NPD im Juli. Im Juni und Juli kam es zu einer Serie von Anschlä­gen auf Par­tei­bü­ros der Lin­ken und der SPD.Die Turn­halle brannte völ­lig aus.

In den letz­ten Tagen und Wochen waren es vor allem die säch­si­schen Städte Frei­tal und Hei­denau die durch ras­sis­ti­sche Pro­teste in die Schlag­zei­len gera­ten waren. Doch auch in Bran­den­burg ist die Zahl ras­sis­ti­scher Pro­teste und Gewalt­ta­ten alar­mie­rend. Allein in die­sem Jahr gab es nach Anga­ben der Opfer­per­spek­tive 88 rechte Angriffe. Der Groß­teil davon mit ras­sis­ti­schem Hin­ter­grund. Die Zahl ist umso erschre­cken­der, wenn die Vor­jah­res­zahl von 92 Angrif­fen in Rela­tion dazu gesetzt wird: Die 88 Angriffe bezie­hen sich nur auf die erste Jah­res­hälfte 2015. 92 wur­den im gan­zen Jahr 2014 ver­übt. Der Anschlag in Nauen ist Angriff Num­mer 89.

 

Politiker_innen im Rede­schwall Bür­ger­meis­ter Det­lef Fleisch­mann (SPD) sprach bei der Auf­takt­rede, dass die Geflüch­te­ten „jetzt erst recht“ in Nauen auf­ge­nom­men werden.
Nur wenige Stun­den nach dem Anschlag, hatte die lokale Initia­tive „Nauen für Mensch­lich­keit“ zu einer Kund­ge­bung am Ort der geplan­ten Unter­kunft, einige hun­dert Meter von der Turn­halle ent­fernt, auf­ge­ru­fen. Gefolgt waren dem Auf­ruf nicht nur enga­gierte Anwohner_innen, Antifaschist_innen aus Ber­lin und Bran­den­burg, son­dern auch eine Reihe von Lan­des– und Kommunalpolitiker_innen, die sich in ihren Reden zu über­tref­fen ver­such­ten. So for­derte bei­spiels­weise Klaus Ness, Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der SPD im Bran­den­bur­ger Land­tag, einen „Auf­stand der Anstän­di­gen“ und „den Anstand der Zustän­di­gen“. Ursula Non­nen­ma­cher, Grü­nen­po­li­ti­ke­rin im Land­tag, sah in der AfD die geis­ti­gen Brand­stif­ter. Der Fal­ken­see Bür­ger­meis­ter war der Ansicht, die Par­al­le­len zu 1933 seien deut­lich: Bei den Neo­na­zis und ras­sis­ti­schen Angrei­fern handle es sich ähnlich wie bei der SA um Kampf­trup­pen auf der Straße. Als er im Wei­te­ren davon sprach, dass es sich bei dem Angriff auf die Turn­halle nicht nur um einen Angriff auf Asylbewerber_innen handle, son­dern auch auf Deutsch­land, hagelte es Buh­rufe. Für Natio­nal­staat und deut­sche Iden­ti­tät fand er wenig Sym­pa­thie unter den anti­fa­schis­ti­schen Teilnehmer_innen. Ebenso wenig Begeis­te­rung ern­tete einer der nach­fol­gen­den Red­ner, der sich statt über die ras­sis­ti­sche Tat, über den Scha­den für die Turn­halle als Gebäude aus­ließ. Deut­li­chere Worte fand dage­gen ein Anti­fa­schist, der auf den Ras­sis­mus in der Mitte der Gesell­schaft hin­wies und auch die CDU als Teil des ras­sis­ti­schen Main­streams ausmachte.

 

Spontan­de­mons­tra­tion durch die Innenstadt.Spontan­de­mons­tra­tion durch die Innen­stadt
Nach Abschluss der Kund­ge­bung zogen die Teilnehmer_innen mit einer spon­ta­nen Demons­tra­tion durch die Naue­ner Innen­stadt. Laut­stark wur­den anti­ras­sis­ti­sche Sprech­chöre wie „Say it loud, say it clear: Refu­gees are wel­come here“ und „No Bor­ders, no nati­ons, stop depor­ta­tion“ geäu­ßert. Als Auf­ruf an alle Anwohner_innen am Rande der Demons­tra­tion wurde „Vor­ur­teile hin­ter­fra­gen, Ja zu neuen Nach­barn sagen!“ gerufen.

 

Ver­such­ter Nazian­griff auf Ver­samm­lung
Wäh­rend der Ver­samm­lung kam es zu zwei Zwi­schen­fäl­len: Drei Neo­na­zis ver­such­ten sich der Kund­ge­bung zu nähern, wur­den jedoch früh­zei­tig fern­ge­hal­ten. Einige Zeit spä­ter, tauch­ten wie­derum acht Neo­na­zis mit Eisen­stan­gen auf und woll­ten den Spon­tan­auf­zug angrei­fen. Dazu kam es dank anti­fa­schis­ti­scher Inter­ven­tion jedoch nicht. Auch der Neo­na­zi­ka­der und NPD-Stadtverordnete in Nauen Maik Schnei­der soll sich in der Nähe der Demons­tra­tion auf­ge­hal­ten haben.

 

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