Eingangsportal auf 15 Metern Länge beschmiert / Bekennerschreiben auf Internetportal der linken Szene
Von Frank Döring
Die Serie von Anschlägen gegen Behörden- und Justizgebäude reißt nicht
ab. In der Nacht zu gestern attackierten Vermummte erneut das Gebäude
des Amtsgerichts in der Bernhard-Göring-Straße. Wenige Stunden später
wurde auf der von Linksextremisten genutzten Internetplattform Indymedia
anonym ein Bekennerschreiben veröffentlicht. Inzwischen hat die
Abteilung Staatsschutz der Polizei die weiteren Ermittlungen übernommen.
Es war gegen 2 Uhr, als der Wachdienst des Amtsgerichtes die Polizei
alarmierte, nachdem Angreifer die Fassade des Gebäudes von der
Arndtstraße bis zum Ende des Eingangsportals mit einer schwarzen
klebrigen Flüssigkeit beschmiert hatten. "In einer Höhe von vier Metern
und über eine Länge von 15 Metern klebte die Masse an der Mauer", sagte
Polizeisprecherin Birgit Höhn. Auch eine Überwachungskamera sei
betroffen gewesen.
Aus dem Bekennerschreiben geht hervor, wie die Täter vorgingen: "Die
Werkzeuge waren mehrere Feuerlöscher mit Farbe und Sturmhauben für
ausreichend Anonymität." Das Amtsgericht war bereits am 15. Januar von
Linksautonomen massiv attackiert worden. Und auch dieses Mal war das
Ziel des Farbanschlags nicht zufällig ausgewählt worden. "Die Intention
war der solidarische Kampf gegen Repression und die Markierung des
Amtsgerichts als Kristallisationspunkt von staatlicher Repression", so
die anonymen Verfasser des Indymedia-Textes. Unter Repression verstehen
sie den "alltäglichen Kampf des Staates gegen emanzipatorische
Bewegungen". Als Beispiel dafür muss etwa die Soko Johannapark
herhalten, welche die schweren Krawalle von Linksextremisten am 5. Juni
im Stadtzentrum aufklären soll. Oder auch die vorläufige Festnahme von
sechs Tatverdächtigen nach dem jüngsten Angriff auf den Polizeiposten in
der Eisenbahnstraße und dem Brandanschlag auf einen Funkstreifenwagen.
Ihnen gehe es "um Menschen, die u.a. durch das Amtsgericht Leipzig
verurteilt wurden oder es leider noch werden." Dies könnte in der
nächsten Woche allerdings auch auf den derzeit inhaftierten NPD-Stadtrat
Enrico Böhm zutreffen, der wegen einer Straßenbahn-Schlägerei angeklagt
ist. Doch diesen Fall dürften die militanten Justiz-Gegner wohl eher
nicht vor Augen gehabt haben. Vielmehr solle der "Kampf gegen Repression
jene mit einbeziehen, die sich das nehmen, was sie brauchen". Delikte
wie Diebstahl und Leistungserschleichung versuchen die anonymen
Verfasser mit "Ursachen im System" zu rechtfertigen.
Nachdem der Anschlag auf das Amtsgericht gestern bekannt geworden war,
überprüfte die Polizei auch andere Justizgebäude wie die
Staatsanwaltschaft und das Landgericht. Der Sitz der Staatsanwaltschaft
war in diesem Jahr ebenfalls schon im Visier mutmaßlicher
Linksautonomer, blieb dieses Mal jedoch verschont. "Dort wurden keine
Beschmutzungen festgestellt", so Polizeisprecherin Höhn. Gleichwohl
prüfen die Ermittler auch mögliche Zusammenhänge zu früheren Anschlägen
im Stadtgebiet.
Farbe, Steine, Buttersäure - die Anschläge seit Jahresbeginn
7. Januar: Etwa 50 Autonome attackieren den Connewitzer
Polizeiposten mit Pflastersteinen, Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern.
Außerdem werfen sie einen Brandsatz in einen Streifenwagen.
15. Januar: Eine Demo mit mehr als 600 Linken durch City und
Südvorstadt mündet in einen Gewaltexzess. Chaoten zerstören allein am
Amtsgericht 40 Scheiben, nehmen Polizeifahrzeuge mit Pflastersteinen
unter Beschuss.
29. Januar: Drei unbekannte Täter attackieren die Außenstelle
des Polizeireviers Südwest im Stadtteil Plagwitz mit Farbbomben und
Schottersteinen. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Tausend Euro.
26. März: Etwa 60 Vermummte greifen das Gebäude der
Staatsanwaltschaft an, schleudern Pflastersteine, zünden Böller. An die
Fassade schmieren sie "Gegen Staat und Repression".
24. April: 15 Autonome attackieren mit Steinen und Werkzeugen
die Ausländerbehörde der Stadt Leipzig im Technischen Rathaus in der
Prager Straße. Sie beschädigen insgesamt 42 Fensterscheiben.
5. Juni: Rund 100 Linksextreme verursachen am Simsonplatz und
auf dem Innenstadtring heftige Krawalle. Sie attackieren
Bundesverwaltungsgericht sowie US-Konsulat, verletzen Polizisten.
6. August: Vermummte Täter greifen nachts die Firma von
AfD-Chefin Frauke Petry in der Weißenfelser Straße an, werfen Scheiben
der Produktionshalle ein, verschütten stinkende Buttersäure und eine
teerähnliche Flüssigkeit. Kurz darauf wird der Polizeiposten in der
Eisenbahnstraße attackiert, ein Funkstreifenwagen geht in Flammen auf.
Einsatzkräfte nehmen sechs Verdächtige vorläufig fest, darunter
einschlägig bekannte Linksautonome. In keinem Fall ergingen Haftbefehle.
F. D.