Anschlag in Freital: Sprengsatz zerstört Auto von Links-Politiker

Erstveröffentlicht: 
28.07.2015

VW Golf stand vor Privatwohnung / SPD-Fraktionschef Panter: Wir haben es mit Nazis und Terroristen zu tun

 

Von Jürgen KOchinke und Silvio Kuhnert


Dresden/Freital. Ein Anschlag auf das Auto des Links-Fraktionschefs im Freitaler Stadtrat, Michael Richter, hat die Debatte um rassistisch motivierte Anti-Asyl-Proteste in Sachsen weiter angeheizt. Während die CDU-geführte Staatskanzlei von einer "inakzeptablen Grenzüberschreitung" sprach, übte die Opposition barsche Kritik. SPD-Frak- tionschef Dirk Panter sprach von "Ter- rorismus" und einer "neuen Dimension politischer Gewalt".


Bei dem Anschlag wurde der Wagen des Links-Politikers in der Nacht zu gestern durch einen im Inneren platzierten Sprengsatz erheblich beschädigt, verletzt wurde niemand. Richter hatte den VW Golf (Baureihe IV) vor seiner Privatwohnung geparkt. Kurz nach Mitternacht habe es einen Knall gegeben, sagte er, eine Rauchwolke habe über seinem Wagen gestanden. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz, das Auto des Links-Politikers wird kriminaltechnisch untersucht. Seit Wochen protestieren Asyl-Gegner mit zum Teil eindeutig rechtsextremer Gesinnung gegen das Asylbewerberheim in Freital. Richter war als Mitorganisator von Pro-Asyl-Veranstaltungen aufgetreten. Gestern sagte er, er habe schon seit Längerem "Ablehnung und Hass" zu spüren bekommen. Auch Morddrohungen habe es gegeben.


Der Linke-Fraktionschef im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, geht von einer "eindeutig politisch motivierten Straftat" aus. "Aus dem Rassismus-Problem ist längst ein Sicherheitsproblem geworden." Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke kritisierte die Staatsregierung. "Die aktuelle Gewalteskalation ist auch das Ergebnis einer Fehleinschätzung", sagte er vor allem an die Adresse der CDU. "Verharmlosende Begriffe wie 'besorgte Bürger' oder 'Asyl-Gegner' verschleiern seit Monaten den Blick. Deren rassistische, fremdenfeindliche Hetze wirkt wie Brandbeschleuniger."


Regierungssprecher Christian Hoose meinte, Gewalt gegenüber DRK-Mitarbeitern sowie Menschen, die Flüchtlinge willkommen heißen, sei keinesfalls hinnehmbar. "Hier werden eindeutig Grenzen überschritten." SPD-Mann Panter sprach von einem Angriff auf "unsere Gesellschaft, auf unseren Rechtsstaat". Dies dürfe nicht länger verharmlost werden. "Sollte sich bewahrheiten, dass gezielt ein Sprengstoffanschlag auf das Auto eines Kommunalpolitikers verübt wurde, dann haben wir es mit einem Terroranschlag zu tun", so Panter. Es handele sich um "Nazis und Terroristen".


Erst am Freitagabend war es in Dresden zu Neonazi-Übergriffen auf Pro-Asyl-Demonstranten sowie DRK-Helfer gekommen. Grund war eine kurzfristig errichtete Zeltstadt für bis zu 1100 Flüchtlinge zumeist aus Syrien. Laut LVZ-Informationen fand am späten Sonntagabend ein ähnlicher Übergriff an derselben Stelle statt, betroffen waren zwei Flüchtlinge sowie erneut ein Mann vom DRK. Die Situation sei nur deshalb nicht eskaliert, weil Pro-Asyl-Demonstranten dazwischengegangen seien, sagte ein Helfer am Rande der Zeltstadt. Ebenfalls am Sonntagabend war ein zu einem Heim umgebautes Hotel im Dresdner Stadtteil Stetzsch mit Steinen attackiert worden.