CDU sagt Wagenplatz in Connewitz den Kampf an

Erstveröffentlicht: 
29.07.2015

Die Bewohner nennen es ein selbstverwaltetes Wohn- und Kulturprojekt, die CDU spricht von einer Wagenburg: Einige Dutzend Menschen verwirklichen in der Fockestraße 80 ihren ganz speziellen Traum von einem Leben in Freiheit. Ginge es nach der CDU, wäre die Focke 80 jedoch schon bald Geschichte.

 

Leipzig. Die CDU-Fraktion will Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) durch den Stadtrat beauftragen lassen, für das Gelände in Connewitz bis zum Jahresende einen Nutzungsvorschlag als Schulstandort zu erarbeiten. Denn im Süden der Stadt drohe die Lage um die Bildungsinfrastruktur völlig aus dem Ruder zu laufen. "Wir müssen Schulen bauen", sagt Stadtrat Michael Weickert, "aber wir haben dort keine geeigneten Grundstücke mehr." Bis auf die Fockestraße 80. "Bevor wir teuer kaufen", ergänzt Fraktionskollege Achim Haas, "sollten wir unsere eigenen Flächen nutzen."

 

Das 14000 Quadratmeter große Areal gehört der Stadt. 50, 60 Wohnwagen mit eben so vielen Bewohnern befinden sich nach Angaben der Focke 80 darauf. Eine Pacht zahlen sie nicht.

 

"Wagenburgen sind keine Pflichtaufgaben der Kommunen, Schulen dagegen schon", erklärt Weickert, Der Schulentwicklungsplan, den Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) jüngst vorlegte, setzt für den Süden voll und ganz auf das von einem privaten Investor erworbene Areal am Bayerischen Bahnhof. Nach den Vorstellungen im Rathaus sollen dort bis 2020 eine Grund- und Oberschule sowie ein Gymnasium entstehen. Die CDU traut dem Plan nicht. "Leere Worte", so Weickert. Von der Planung bis zur Fertigstellung brauche eine Schule vier, fünf Jahre. Für das Entwicklungsgebiet gebe es nicht mal einen Bebauungsplan. Haas: "Dazu kommt: Die Schülerzahlen, die das Amt vorgelegt hat, sind zu niedrig angesetzt."

 

Deshalb nimmt die CDU jetzt den Wagenplatz in den Fokus. Weickert: "Es geht nicht um das Ob, sondern wie der Schulstandort dort entwickelt wird."

 

Bei den Betroffenen sorgt die Kampfansage nur für Kopfschütteln: "Eine absurde Idee", kommentiert eine Bewohnerin, die so etwas wie eine Sprecherin für den Wagenplatz ist, aber nicht namentlich genannt werden will. "Wo sollen denn die 50 Wagen hin?", fragt sie. "Wir gehen hier in der Stadt arbeiten und studieren." Seit 13 Jahren trage das Projekt zur "Vielfalt im Viertel" bei. Der Standort sei aus ihrer Sicht gar nicht als Schule geeignet: "Es ist Überschwemmungsgebiet." Die Ursache für die Grundstücksknappheit sehen die Bewohner vielmehr darin, dass die Stadt zu viel ihres Besitzes verkauft und damit viel zu teuren Wohnraum schafft. Den Leuten auf der Focke 80 fällt zudem auf, dass die Vorstöße gegen Wagenplätze immer nur von der CDU kämen, die noch nie auf sie zugekommen ist, während es mit Politikern von Linken, Grünen und SPD schon Gespräche gab. Morgen wollen sie ab 15 Uhr mit einer Demo auf dem Markt auf ihre Situation aufmerksam machen.

 

Immer mehr Menschen entschieden sich für ein unabhängiges Leben im Wagen, sagt die Focke 80-Sprecherin. Aber das Angebot ist knapp. Nach Angaben des Ordnungsamtes gibt es in Leipzig derzeit acht Wagenplätze, drei davon befinden sich auf kommunalem Grund und Boden. Über die Anzahl der dort lebenden Personen gebe es nur unzureichende Angaben, nicht zuletzt, "da die Wagen mehr oder minder ständig in Bwegung sind", so Vize-Ordnungsamtsleiterin Helga Kästner. In der Fockestraße seien aktuell 44 Personen gemeldet, 22 am Lauerschen Weg 70a. Auf dem Jahrtausendfeld in der Karl-Heine-Straße, dem dritten städtischen Areal, gebe es dagegen keine Hausnummern, ergo auch keinen Eintrag im Melderegister.