Am Samstag, den 25. Juli, fand in der Schwenninger Innenstadt eine Solikundgebung anlässlich des Massakers in Suruc und gegen den IS Terror statt. Trotz zum Teil sehr starker Sturmböen, die einen Aufbau des Infotisches unmöglich machten, kamen 40 Menschen zusammen, um ihren Protest auf die Straße zu tragen.
Die Kundgebung, die von einem Bündnis bestehend aus ATIF, ADHF, Linke Aktion Villingen-Schwenningen und Antimilitaristisches Treffen VS organisiert wurde, begann mit einer Bündnisrede, im weiteren Verlauf wurden Redebeiträge aller Bündnispartner verlesen. Außerdem boten Briefe an die inhaftierten Genossinnen und Genossen von ATIK, die von den KundgebungsteilnehmerInnen unterschrieben werden konnten, die Möglichkeit sich mit den politischen Gefangenen zu solidarisieren. Gegen15.00 Uhr wurde die Kundgebung eingestellt, zahlreiche Teilnehmer zog es anschließend zum Sommerfest im Linken Zentrum.
Am 20. Juli 2015 kam es in Suruc, einem Stadtteil von Urfa – in der türkischen Grenzstadt zu Syrien - zu einem Selbstmordattentat, organisiert durch die Terrorbanden des Islamischen Staates IS. Mehrere hundert Jugendliche der Föderation sozialistischer Jugendvereine SGDF, hatten sich dort im Amara Kulturzentrum getroffen. Ihr Ziel war es in die wenige Kilometer entfernte Stadt im Norden Syriens, Kobane, zu fahren. Diese wurde mehrere Monate durch den IS belagert und größtenteils schwer zerstört. Man wolle die „Dinge, die notwendig sind für eine freie Zukunft, ein menschenwürdiges Leben, eine lebenswerte Umwelt“ aufbauen, so die Jugendlichen in einer Erklärung. Außerdem hatten sie Spielzeuge gesammelt, um sie den Kindern vor Ort zu schenken. Und sie wollten 1000 Bäume auf den Kaniya Kurda Hügel pflanzen, der während der Belagerung durch den IS Schauplatz schwerer Kämpfe geworden war. Die Bäume, die dort hätten gepflanzt werden sollen, sollten ein Andenken für die gefallenen Kämpferinnen und Kämpfer der YPG und weiteren Verteidigungskräften darstellen.
Doch die türkischen Behörden erlaubten nur einer kleinen Delegation den Grenzübergang, wodurch an die 300 Jugendlichen in Suruc bleiben mussten. Die Verbliebenen hielten nach einem gemeinsamen Frühstück im Kulturzentrum eine Pressekonferenz ab. Kaum hatten sie die Presseerklärung verlesen, kam es zu einer gewaltigen Detonation, die 23 junge Menschen direkt vor Ort in den Tod riss. Neun weitere erlagen in den kommenden Stunden und Tagen ihren Verletzungen. Über hundert Menschen wurden verletzt, zum Teil schwer. Noch immer muss ein Teil der Verletzten im Krankenhaus behandelt werden, einige wenige schweben noch immer in Lebensgefahr.
„Die AKP ist direkt verantwortlich für das Massaker an Jugendlichen in Suruc“, heißt es in einer Erklärung der Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK). Die Regierungspartei wolle offenkundig „einen Krieg gegen die demokratischen Kräfte in der Türkei führen“, dagegen sei „der Widerstand gegen die AKP-Regierung zu intensivieren“.
Und genau diesem Aufruf folgten sowohl in der Türkei als auch hier zu Lande und in ganz Europa hunderttausende von Menschen – seit dem Montagabend liefern sich DemonstrantInnen in vielen Städten der Türkei Straßenschlachten mit den Regierungstruppen. Anstatt eine konsequente Politik gegen den Islamischen Staat an Tage zu legen, greift der türkische Repressionsapparat wieder einmal linke und kurdische Organisationsstrukturen an. Sie führen Hausdurchsuchungen bei linken, kurdischen, alevitischen und gewerkschaftlichen Strukturen durch. Während einer der Hausdurchsuchungen wurde auch ein Mitglied der linken Organisation DHKP-C ermordet. Doch damit nicht genug: Seit Freitagmorgen hat die türkische Polizei hunderte Wohnungen, Vereine und Druckereien von Linken und Kurden durchsucht, bis dato über 600 Menschen festgenommen. Nach einer Einigung mit den USA hat die Türkei dem IS offiziell den Krieg erklärt, von der Militärbasis in Incirlik können jetzt auch die amerikanischen Kampfjets starten, um Stellungen des IS zu bombardieren. Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terror haben die türkischen Streitkräfte jedoch angefangen nicht Stellungen des IS zu bombardieren, sondern ganz klar Stellungen der PKK, der kurdischen Befreiungsorganisation, mit der die Türkei vor zwei Jahren einen Friedensprozess eingeleitet hatte. Damit ist dieser nun faktisch beendet, was auch die Pressestelle der HPG gestern eindeutig erklärt hat.
Die Türkei versucht eine Region, die seit Jahren unter dem Kriegszustand leidet, weiter zu destabilisieren und weiter in ein Chaos zu stürzen. Die Türkei versucht den Prozess kurdischer und linker Organisationen für eine solidarische, gleichberechtigte und fortschrittliche Gesellschaft in Rojava zu unterbinden. Sie versucht diesen Prozess zu verhindern, daher bombardiert, verhaftet und bekämpft linke und kurdische Strukturen unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terror. Es ist nun die Aufgabe eines jeden Menschen, diesen Prozess zu verteidigen und für diesen einzustehen. Deshalb sind wir heute hier und wollen ein entschlossenes Zeichen gegen alle reaktionären und menschenverachtenden Denkweisen und Strukturen setzen!
Das Massaker in Suruc ist nicht vergessen!
Hoch die internationale Solidarität!