"Mobi-Videos" - Berliner Politiker im Visier von Extremisten

Erstveröffentlicht: 
02.07.2015

Von Ulrich Kraetzer

In einem Video von Linksautonomen werden Berliner Abgeordnete in die Nähe des Nazi-Regimes gerückt.

 

Hakan Taş hat kürzlich gefordert, dass die Polizei beim Einsatz von Pfefferspray zurückhaltender sein sollte. Der Linken-Abgeordnete sagt auch, dass Gewalt auch von Polizisten ausgehen könne. Der Grünen-Politiker Benedikt Lux weist regelmäßig daraufhin, dass auch die Polizei Verantwortung dafür trage, dass brenzlige Situationen nicht eskalieren. Kurz: Taş und Lux sind alles andere als rechtskonservative Hardliner. Die linksextremistische Szene hat sie dennoch ins Visier genommen.

 

In einem Mobilisierungsvideo für die "Aktionswoche" zum Gedenken an "25 Jahre Widerstand und Selbstorganisation rund um die Rigaer Straße" werden die Volksvertreter in die Nähe des Nazi-Regimes gerückt. Machart und Aussagen lassen vermuten, dass die Urheber aus der Autonomenszene kommen. Zu sehen sind Redeausschnitte, in denen Lux und Taş die Gewalt von Linksextremen vor rund einem Jahr in der Rigaer Straße verurteilen. Dabei bewarfen "Revolutionäre" Polizisten mit Steinen und Flaschen, etliche Beamte wurden verletzt.

 

Taş und Lux nutzen die Rede für ein Bekenntnis zum Gewaltmonopol des Staates. Den Polizisten wünschen sie baldige Genesung. Lux zum Schluss: "Kommen Sie bald wieder heil in den Dienst." In dem Video der Linksextremen erscheint danach Adolf Hitler. Zu hören ist der Ausruf: "Sieg Heil!" Es folgen Randalebilder, brennende Polizeiautos werden wie Trophäen präsentiert. Am Ende ist zu sehen, wie ein Wurfgeschoss einen Polizisten nur knapp verfehlt. Unterbrochen wird die Bildfolge von der Schrift: "Uns ist jeder Anlass recht, um auf das Gewaltmonopol zu scheißen!"

 

Politiker müssen sich immer wieder gegen Angriffe wehren

 

Lux und Taş zeigten sich betroffen. "Es ist schrecklich, mit Nazis in Verbindung gebracht zu werden", sagte Taş. An seiner Aussage, dass das Gewaltmonopol beim Staat liege, halte er "selbstverständlich" fest. Lux sagte "Ich werde mich weiterhin vor Polizisten stellen, wenn sie angegriffen werden." Kritik an der Polizei sei in einem Rechtsstaat legitim. Wer Bekenntnisse zum Gewaltmonopol mit dem Nationalsozialismus gleichsetze, relativiere nationalsozialistischen Terror.

 

Politiker müssen sich immer wieder gegen Bedrohungen und Angriffe wehren. Im Juni 2009 zündeten Unbekannte Autos vor dem Haus des CDU-Abgeordneten Robbin Juhnke an. Es bekannten sich Linksextremisten. Im August 2011 fand sich im Briefkasten des heutigen Innensenators und damaligen Spitzenkandidaten der CDU, Frank Henkel, ein Briefumschlag mit Sprengstoffpulver. In der Debatte um die Flüchtlinge der Gerhart-Hauptmann-Schule wurde die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, von Linksextremen bedroht. Sie konnte sich nur unter Polizeischutz bewegen.

 

Auch Tom Schreiber steht im Visier von Extremisten. Als der verfassungsschutzpolitische Sprecher der SPD Linksextremisten vorwarf, bestimmen zu wollen, wer in welchem Kiez wohnt, hieß es in einem Szenevideo: "An Tom: Du Arschloch!" Auch Neonazis wollten ihn einschüchtern. Sie verunstalteten sein Wahlkreisbüro mit NPD-Aufklebern. Laut Polizei nehmen die Angriffe auf Wahlkreisbüros zu. 2012 waren es elf, ein Jahr später bereits 16. 2014 zählten die Behörden 33 Attacken.

 

Die Urheber des neusten "Mobi-Videos", so vermuten Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden, könnten aus dem Wohnhaus Rigaer Straße 94 in Friedrichshain kommen, einem Anlaufpunkt gewaltbereiter Linksextremisten. Der "Aktionswoche" vom 6. bis 12. Juli sieht Innensenator Frank Henkel "gelassen entgegen". Ein Sprecher des Verfassungsschutzes warnte hingegen: "Um die Gewalt überspringen zu lassen, könnte der kleinste Funke reichen."