"Haben immer klar Stellung bezogen"

Erstveröffentlicht: 
11.06.2015

Heftige Reaktionen auf Vorwürfe des sächsischen Extremismusforschers Jesse

 

Von Klaus Staeubert


Das gestern veröffentlichte LVZ-Interview mit dem renommierten sächsischen Politik- und Extremismusforscher Professor Eckhard Jesse hat ein breites Echo ausgelöst. Vor dem Hintergrund des jüngsten linksextremistischen Angriffs in Leipzig warf Jesse Grünen und Linken vor, die militante autonome Szene in der Stadt zu verharmlosen. Die FDP kündigte gestern eine Initiative auf der Stadtratssitzung am kommenden Mittwoch an.


"Es ist an der Zeit, dass wir Demokraten uns alle klar gegen Extremismus in unserer Stadt, ganz gleich welcher Couleur, bekennen", sagte René Hobusch, FDP-Stadtrat und stellvertretender Kreisvorsitzender seiner Partei. Gegenüber Extremismus und Gewalt dürfe es keinen Millimeter Toleranz geben - erst recht, wenn der Ruf Leipzigs mit gewalttätigen Aktionen und Aufmärschen immer wieder beschädigt werde. Hobusch: "Meinungsfreiheit ist kein Freifahrtschein für Randale und Sachbeschädigungen. Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Extremismus von rechts, links oder religiös eingefärbt daher kommt."


Die Nachwuchsorganisation der Liberalen, Julis, fasste einen Beschluss zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität. Darin werden sowohl die Stadt Leipzig als auch Polizei und Staatsanwaltschaft aufgefordert, im Umfeld von Demonstrationen und unangemeldeten Versammlungen für die Einhaltung geltenden Rechts zu sorgen. "Was hier fehlt, ist eine durchdachte Strategie, die konsequent durchgehalten wird", so Julis-Vorsitzende Linda Firmbach.


Grünen-Politiker wiesen den Vorwurf zurück, sie würden den Linksextremismus bagatellisieren. "Wir haben immer klar Stellung gegen Gewalt bezogen", teilten die Sprecherin des Kreisverbandes, Christin Melcher, und Fraktionsvorsitzender Norman Volger in einer gemeinsamen Erklärung mit. Zudem seien die Grünen selbst mehrfach Opfer von Angriffen aus der linksextremen Szene geworden. Das Kreisverbandsbüro sei mehrmals massiv beschädigt worden, die Arztpraxis einer ihrer Stadträtinnen über dem Connewitzer Polizeiposten ebenso betroffen gewesen. Auf der Liste der Anschlagsziele zum Jahreswechsel 2014/15 hätte neben der Kreisgeschäftsstelle der CDU auch die der Grünen in Leipzig gestanden.


"Dass zudem CDU-Politiker und erzkonservative Politikwissenschaftler versuchen, auf Grund von Engagement gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit darauf zu schließen, dass wir auf dem anderen Auge blind sind, verunglimpft jeglichen demokratischen Protest gegen Neonazis und Rechtsextremisten", so Melcher und Volger weiter. Grüne stünden für eine weltoffene und friedliche Gesellschaft, lehnten Gewalt als Mittel der politischen Meinungsäußerung ab.


Anders sieht das die AfD. Deren Kreisvorsitzender Siegbert Droese sagte: "Viel zu lange haben Grüne und Linke sich nie wirklich von dem linken Terror, mit dem die Linksextremisten mittlerweile regelmäßig unser Leipzig heimsuchen, abgegrenzt. Wie sollen es die verdorbenen Jugendlichen auch anders werten - denn als Duldung - wenn nach jedem Gewaltexzess die Parteien dann die Ereignisse bejammern und bei der nächsten Demonstration mit den Linksextremisten wieder Seit' an Seit' marschieren."


Die Nachwuchsorganisation der SPD, Jusos, hob hervor, dass sie in Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sieht. "Anstatt unser Engagement und das der anderen linken Parteien in den Dreck zu ziehen", sagte Leipzigs Jusos-Vorsitzender Matthias Köhler, "sollten alle demokratischen, gesellschaftlichen Akteure das eigentliche Ziel im Auge behalten: Klare Kante gegen Rechts und Gewalt!"