Was Leipzigs OBM Burkhard Jung sagt
Leipzig. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wehrt sich
gegen Vorwürfe, die Stadt fördere ein Klima für kriminelle Gewalttäter.
Sie haben als Reaktion auf die jüngsten Gewaltexzesse durch
Linksautonome Richtung Freistaat erklärt, man müsse über das Thema
Polizeipräsenz reden. Unabhängig davon herrscht in Leipzig - anders als
in anderen Großstädten - offenbar ein Klima, in dem kriminelle
Linksautonome sich wohlfühlen. Trägt für dieses Klima nicht auch die
Stadt Mitverantwortung?
Ehrlich gesagt: Ich verstehe die Frage und die Unterstellung nicht. Wie
soll die Stadt ein Klima für kriminelle Gewalttäter unterstützen? Das
ist schlichtweg Unfug. Eine Stadt schafft ja auch kein "Klima" für
Einbrecher oder Betrüger. Wir sagen Ja zu alternativen Lebensformen, wir
unterstützen zum Beispiel genossenschaftliche Wohnformen und
Selbstnutzerprogramme. Aber was haben diese Kulturen und in der Regel
friedlichen Menschen mit den Gewaltexzessen zu tun? Hier reden wir von
Kriminellen. Und das einzige, was gegen Kriminelle hilft, ist Straftaten
zu verfolgen und zu ahnden. Kriminelle, die keine Angst vor Strafe
haben müssen, haben es leicht. Bleiben wir bei den Fakten: In Connewitz
leben über 18000 Menschen vom Kleinkind bis zum Rentner, vom Banker bis
zum Punker. Der Stadtteil entwickelt sich prächtig und ist besonders bei
jungen Familien sehr beliebt. Ja, wir bemühen uns, im Übrigen überall
in der Stadt, dass sich die Menschen in Leipzig wohlfühlen. Dabei ist es
egal, ob jemand seine Zeit lieber als Kleingärtner verbringt oder zu
alternativen Konzerten geht.
Hat man nicht auch seitens der Stadt zugelassen, dass etwa in
Connewitz ein Rückzugsgebiet für linksextreme Gruppierungen entstehen
konnte?
Ihre Unterstellung wird durch die Wiederholung nicht richtig. Wir reden
hier von effektiv über moderne Netzwerke verbundene, extrem
gewaltbereite Gruppen, die unseren Staat ablehnen und bekämpfen. Also
ein Thema für den Staatsschutz und die Polizei. In den neunziger Jahren
haben wir in der Hausbesetzer-Szene in Connewitz versucht zu vermitteln
und zu deeskalieren. Das ist damals gelungen. Die jetzigen Gewalttäter
haben nichts mit dieser Szene der Neunziger zu tun. Und in den von der
Stadt geförderten Jugendkultur-Clubs treffen sich diese Kriminellen
nicht.
Was kann die Stadt Leipzig zur Lösung beitragen?
Die Stadt und ich als Person haben keinerlei Zugriff auf die Polizei.
Wir können lediglich an den Freistaat appellieren und vor Ort
zusammenarbeiten. Kriminalitätsbekämpfung ist Sache der Polizei, und da
bin ich mir mit der Polizeiführung in Leipzig auch einig. Aufgabe der
Stadt ist in erster Linie, zusammen mit der Polizei, die Prävention.
Hier sind wir in allen Stadtteilen und in allen Milieus unterwegs. Aber
bei diesen Chaoten, die Menschen angreifen und vor Brandstiftung nicht
zurückschrecken, hilft keine Prävention mehr. Die Stadt wird sich, und
da zähle ich auch auf Unterstützung unserer Landtagsabgeordneten, in
Dresden für eine wirksamere Polizeistrategie und auch für deutlich mehr
Präsenz einsetzen. Es ist doch unerträglich, dass Polizeiposten
angegriffen werden und die Beamten Ewigkeiten auf Verstärkung warten
müssen. Hier stimmt etwas nicht. Es ist nicht nur leichtfertig, dies im
Innenministerium regelmäßig zu übersehen, es ist auch unfair den eigenen
Polizisten gegenüber.
Interview: Björn Meine