"Stadt schafft kein Klima für Gewalttäter"

Erstveröffentlicht: 
11.06.2015

Was Leipzigs OBM Burkhard Jung sagt

 

Leipzig. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wehrt sich gegen Vorwürfe, die Stadt fördere ein Klima für kriminelle Gewalttäter.

Sie haben als Reaktion auf die jüngsten Gewaltexzesse durch Linksautonome Richtung Freistaat erklärt, man müsse über das Thema Polizeipräsenz reden. Unabhängig davon herrscht in Leipzig - anders als in anderen Großstädten - offenbar ein Klima, in dem kriminelle Linksautonome sich wohlfühlen. Trägt für dieses Klima nicht auch die Stadt Mitverantwortung?


Ehrlich gesagt: Ich verstehe die Frage und die Unterstellung nicht. Wie soll die Stadt ein Klima für kriminelle Gewalttäter unterstützen? Das ist schlichtweg Unfug. Eine Stadt schafft ja auch kein "Klima" für Einbrecher oder Betrüger. Wir sagen Ja zu alternativen Lebensformen, wir unterstützen zum Beispiel genossenschaftliche Wohnformen und Selbstnutzerprogramme. Aber was haben diese Kulturen und in der Regel friedlichen Menschen mit den Gewaltexzessen zu tun? Hier reden wir von Kriminellen. Und das einzige, was gegen Kriminelle hilft, ist Straftaten zu verfolgen und zu ahnden. Kriminelle, die keine Angst vor Strafe haben müssen, haben es leicht. Bleiben wir bei den Fakten: In Connewitz leben über 18000 Menschen vom Kleinkind bis zum Rentner, vom Banker bis zum Punker. Der Stadtteil entwickelt sich prächtig und ist besonders bei ­jungen Familien sehr beliebt. Ja, wir bemühen uns, im Übrigen überall in der Stadt, dass sich die Menschen in Leipzig wohlfühlen. Dabei ist es egal, ob jemand seine Zeit lieber als Kleingärtner verbringt oder zu alternativen Konzerten geht.


Hat man nicht auch seitens der Stadt zugelassen, dass etwa in Connewitz ein Rückzugsgebiet für linksextreme Gruppierungen entstehen konnte?


Ihre Unterstellung wird durch die Wiederholung nicht richtig. Wir reden hier von effektiv über moderne Netzwerke verbundene, extrem gewaltbereite Gruppen, die unseren Staat ablehnen und bekämpfen. Also ein Thema für den Staatsschutz und die Polizei. In den neunziger Jahren haben wir in der Hausbesetzer-Szene in Connewitz versucht zu vermitteln und zu deeskalieren. Das ist damals gelungen. Die jetzigen Gewalttäter haben nichts mit dieser Szene der Neunziger zu tun. Und in den von der Stadt geförderten Jugendkultur-Clubs treffen sich diese Kriminellen nicht.


Was kann die Stadt Leipzig zur Lösung beitragen?


Die Stadt und ich als Person haben keinerlei Zugriff auf die Polizei. Wir können lediglich an den Freistaat appellieren und vor Ort zusammenarbeiten. Kriminalitätsbekämpfung ist Sache der Polizei, und da bin ich mir mit der Polizeiführung in Leipzig auch einig. Aufgabe der Stadt ist in erster Linie, zusammen mit der Polizei, die Prävention. Hier sind wir in allen Stadtteilen und in allen Milieus unterwegs. Aber bei diesen Chaoten, die Menschen angreifen und vor Brandstiftung nicht zurückschrecken, hilft keine Prävention mehr. Die Stadt wird sich, und da zähle ich auch auf Unterstützung unserer Landtagsabgeordneten, in Dresden für eine wirksamere Polizeistrategie und auch für deutlich mehr Präsenz einsetzen. Es ist doch unerträglich, dass Polizeiposten angegriffen werden und die Beamten Ewigkeiten auf Verstärkung warten müssen. Hier stimmt etwas nicht. Es ist nicht nur leichtfertig, dies im Innenministerium regelmäßig zu übersehen, es ist auch unfair den eigenen Polizisten gegenüber.  

 

Interview: Björn Meine