Randale in Leipzig | Interview mit Innenminister Markus Ulbig

Erstveröffentlicht: 
10.06.2015

"Ich erwarte eine zügige Strafverfolgung"

 

Nach den jüngsten linksextremen Ausschreitungen hat der Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz eindringlich an die Landesregierung appelliert, die Polizeipräsenz in der Stadt zu erhöhen. Am Dienstag wurde schließlich die Sonderkommission "Johannapark" eingesetzt. Sie soll dafür sorgen, dass die Täter strafrechtlich verfolgt und Randale dieser Art künftig verhindert werden können. MDR SACHSEN hat dazu mit Innenminister Markus Ulbig gesprochen.

 

Herr Ulbig, Sie waren heute Morgen bei der Polizeidirektion Leipzig. Was war Inhalt dieser Gespräche?


Ich habe mit den Kollegen die letzte Woche diesen Einsatz gefahren haben, gesprochen. Und ich kann Ihnen sagen, das ist schon ein ziemlich beeindruckende Situation gewesen, wenn man sieht, mit welcher Brutalität gegen die Polizisten vorgegangen worden ist. Der eine Polizist, der im Auto saß, ist heute das dritte Mal Vater geworden, und er hat da einen unmittelbaren Angriff auf sich ergehen lassen müssen, den er die ganzen zwölf Jahre noch nicht so erlebt hat.

 

Warum wurde die Soko "Johannapark" zu diesem Zeitpunkt eingesetzt?

 

Wir sehen in Leipzig die Konzentration von linksextremistischen Gewaltstraftaten. Wenn wir uns die Entwicklung in diesem Jahr anschauen, haben wir von Januar bis April 95 linksextremistische Gewaltstraftaten in ganz Sachsen registriert und davon sind 81, also fast alle, in Leipzig verübt worden. Das ist ein Anwachsen um 42 Fälle. Und aus diesem Grunde, und wenn man auch die Brutalität der Angriffe sieht, war es notwendig, ganz konsequent eine Sonderkommission zu bilden, die sich mit der Verfolgung der Straftaten befasst und dafür sorgt, dass die Straftäter auch identifiziert und letztlich auch verurteilt werden.

 

Es war ja nicht die erste, sondern die fünfte Angriffswelle in diesem Jahr. Warum wurde die Soko dennoch erst jetzt gegründet?


Einerseits, weil es offenkundig vergleichbare Einsatztaktiken gibt, wenn man gerade den letzten Angriff vergleicht mit dem auf die Polizeistation in Connewitz, da gibt es viele Ähnlichkeiten. Bis dahin, dass auch wieder sogenannte Krähenfüße ausgelegt worden sind, die ja dazu dienen sollen, das herannahende Fahrzeuge, also auch Polizeifahrzeuge, nicht drüber fahren können und ein Platter entsteht. Und weil es diese Vergleichbarkeiten gab, ist jetzt eben diese Sonderkommission mit den Spezialisten eingesetzt worden.

 

Wie geht die Soko jetzt vor?

 

Die Soko nimmt ihre Arbeit auf und wird sich unverzüglich mit der Aufklärung der Straftaten die wir am letzten Wochenende zur Kenntnis nehmen mussten, aber gleichermaßen auch mit den Straftaten, die es im Laufe des Jahres schon gegeben hat befassen. Die Besonderheit ist ja, dass die Sonderkommission aus dem OAZ und dem Staatsschutz besteht und damit das Wissen, dass in diesen beiden Einheiten vorhanden ist, gebündelt zur Verfügung steht und damit sehr konzentriert gearbeitet werden kann.

 

Wann sollen die ersten Erfolge zu verbuchen sein?


Je eher, desto besser. Hier gilt es konsequent vorzugehen und so schnell als möglich die Straftäter zu identifizieren, die Anklage vorzubereiten und hoffentlich dann auch Verurteilungen hinzubekommen.

 

Inwieweit soll dabei die Strafverfolgung geändert werden?

 

Die Strafverfolgung wird konsequent durchgeführt. Und das wird gemeinsam - die Staatsanwaltschaft ist ja federführend - gemacht und vor diesem Hintergrund erwarte ich eine zügige und konsequente Strafverfolgung.

 

Wie groß ist die Schwierigkeit, in der Leipziger Szene zum Erfolg zu kommen?


Es geht nicht darum, Erfolge zu feiern. Es geht darum, deutlich zu machen, dass sich ein Rechtsstaat so etwas nicht bieten lässt und das wir hier konsequent vorgehen. Und selbst wenn sie noch so abgestimmt und möglichst unentdeckt diese Sachen planen: Wir werden alles daran setzen, dass wir einzelne Straftäter und damit einen Teil dieses kriminellen Netzwerkes  identifizieren und dann einer entsprechenden Strafe zuführen. Weil, wir merken ja, dass das mittlerweile auch in Leipzig ein Punkt überschritten hat, wo die Bevölkerung sagt, das wollen wir uns nicht gefallen lassen. Und hier gilt es, neben polizeilichen Aktivitäten auch zivilgesellschaftlich deutlich zu machen, dass das nicht hingenommen wird. 

 

Schauen wir zurück auf das vergangene Wochenende. Viele Polizisten aus Sachsen waren auswärts, beim G7-Gipfel im Einsatz. War es deshalb eine besonders kritische Lage?


Man sieht ja, dass die Einsätze auch ganz gezielt geplant werden, dass solche Situationen ausgenutzt werden, wenn eine große Kräfteansammlung wie jetzt beim G7-Treffen in Bayern zu erkennen, wenn also geballt Kräfte außerhalb Sachsens auch eingesetzt sind, dass man da versucht, eine solche Situation auszunutzen. Und wenn dann also neben Polizisten, also Dienern des Staates, auch noch andere angegriffen werden. Da fährt ein Bus vorbei, da sind Gäste Sachsens drin, aus Amerika, aus den Vereinigten Staaten, und selbst die werden noch Objekt des Angriffs, dann sieht man, mit welcher Brutalität da vorgegangen wird.

 

Es war zunächst unklar, ob die Angriffe dem Stadtfest oder dem G7-Gipfel in Elmau galten. Haben Sie inzwischen Hinweise auf die Motivation der Täter?


Es gab Hinweise, dass, ich sage mal, einzelne Straftaten ganz gezielt auch vor dem Hintergrund der Verurteilung eines Straftäters von Frankfurt - dass es dazu sozusagen Reaktionen aus der Szene gab. Vor dem Hintergrund kann man das dort einordnen.

 

Welche Planungen gibt es für das Personal der Leipziger Polizei? Wird es aufgestockt?


Es wird jetzt eine Konzentration der Schwerpunktsetzung in diesem Bereich geben, weil die Strafverfolgung an dieser Stelle notwendig ist.

 

Also gibt es keine neue Polizisten in Leipzig?


Es wird eine Konzentration geben und die geschlossenen Einheiten die im Einsatzfall notwendig sind, werden dann zur Verfügung gestellt.