„Dieser Gesetzentwurf ist das Schärfste und das Schäbigste, was einem deutschen Ministerium seit der Änderung des Asylgrundrechts vor 21 Jahren eingefallen ist.“ (Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung)
Während sich seit Monaten rassistische Bürger_Innen überall im Land zusammenfinden, um gegen Asylsuchende zu hetzen und Medien gelegentlich darüber berichten, dass tausende Menschen unter den Augen von Frontex im Mittelmeer ertrinken, plant das Bundesinnenminsterium die härteste Gesetzesänderung im Asylrecht seit 20 Jahren.
Ganz im Sinne der rassistischen PEGIDA- und LEGIDA-Aufmärsche, beinhaltet der Gesetzesentwurf laut Innenminster de Maiziere eine „einladende“ und eine „abweisende“ Botschaft an alle Ausländer (Menschen ohne deutschen Pass) in Deutschland. Ganz im Sinne des Verwertungsimperativs sind jene willkommen, die „uns nützen“. Abschreckend soll sie für diejenigen wirken, die nicht ohne weiteres ausbeutbar sind. Die Einteilung erfolgt nach festen Kategorien: Leute mit Bildungstiteln und Abschlüssen, die den Wirtschaftsstandort stärken, sollen kommen, die Schutzbedürftigen sollen draußen bleiben. Der vorgelegte Gesetzesentwurf hat ausschließlich das Ziel, Gründe zu finden, um Menschen einzusperren. Es gibt de facto keine Möglichkeit mehr, nicht im Abschiebegefängnis zu landen oder direkt abgeschoben zu werden.
Die Regierung, die den Standort Deutschland fit machen will, kommt nicht umhin, sich auf dem globalen Arbeitsmarkt zu bedienen. Und so heißt es offiziell: “erwünscht, wenn verwertbar”. Das ist erstmal nur das Grundprinzip kapitalistischer Verwertungslogik. Rassistisch wird es dadurch, dass sich Migrant_Innen erst durch Leistung Rechte und Privilegien erwerben können, die “Deutschen” schon qua Geburt zustehen. Deutschland und Europa versuchen sich gegen all jene Menschen abzuschotten, die sie nicht “gebrauchen” können.
Die Festung Europa muss fallen!
Doch trotz des steten Ausbaus der Festung, sie ist nicht dicht! Migration findet weiter statt: tagtäglich und massenhaft. Der kapitalistische Weltmarkt produziert Kriege, Armut und Umweltzerstörung in den Herkunftsländern. Und er schafft einen globalen Arbeitsmarkt und damit Bedarf an billigen, flexiblen und gewerkschaftlich unorganisierten Arbeitskräften in den kapitalistischen Zentren. Entsprechend vielfältig sind auch die Motive für Flucht bzw. Migration: Menschen migrieren, weil sie ihrer Existenzgrundlagen beraubt sind, um das materielle Überleben zu Hause gebliebener Angehöriger sicherzustellen, auf der Suche nach neuen Einkommensquellen oder einfach nur nach neuen Horizonten.
Und: indem sie unerlaubt die hochgerüsteten Grenzen überschreiten, vollziehen diese Menschen, trotz aller Zurichtung und Entrechtung, auch einen Akt der Selbstermächtigung: Sie nehmen sich faktisch ein Stück Bewegungsfreiheit, die ihnen staatlicherseits verwehrt wird.
Dieser als unberechenbar und zügellos wahrgenommenen Migration ist mit Abschottung allein nicht beizukommen. Das Bemühen der reichen Industrienationen besteht vielmehr dahin, Migration zu managen, zu kontrollieren und damit zu begrenzen. Der Begriff der “Festung Europa” ist daher zu kurz gefasst. Und: dieses Bemühen ist kein rein europäisches: es ist international.
Mittels einer gesteuerten Migrationspolitik wird also versucht Migrant_Innen und Flüchtlinge gemäß ökonomischer Verwertungslogik aufzuspalten. “Humankapital” aus aller Welt ist ein wichtiger und erwünschter Rohstoff. Für die Unerwünschten, die den Nützlichkeitskriterien nicht entsprechen, soll Europa eine verschlossene Festung bleiben. Dafür sorgen transnational, von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex organisierte Kontroll- und Überwachungstechniken, genauso wie Abschiebe- und Lagerpolitik der staatlichen Regierungen.
Statt einer Politik, die Menschen nach vermeintlicher völkischer Zugehörigkeit, nach ökonomischer Verwertbarkeit, nach Staatsangehörigkeit unterteilt und selektiert, fordern wir das uneingeschränkte Recht auf globale Bewegungsfreiheit. Dem Leistungsimperativ muss eine Absage erteilt werden, will man sich nicht in Widersprüchen verlieren.
Eine Ausgrenzung nach ökonomischen Kriterien ist unmenschlich und lässt tagtäglich tausende Menschen sterben!
Leipzig packt noch einen oben drauf.
Die Reihe von Massnahmen zur gesellschaftlichen Stigmatisierung von Flüchtlingen ist auch in Leipzig lang: So ermöglicht die Unterbringung in Heimen effiziente Kontrolle.
Die Stadt plant die größte Unterkunft für Geflüchtete in Sachsen zu schaffen. Für mehr als 7 Millionen Euro soll die Torgauer Str. ausgebaut werden, obwohl selbst der Oberbürgermeister davon sprach, dass diese marode Unterkunft geschlossen gehört. Damit wirft die Stadt die Idee einer dezentralen Unterbringung von Asylsuchenden über den Haufen. Diesem Plan muss eine klare Absage erteilt werden.
Unser Widerstand gilt dem staatlichen Rassismus, aber auch all jenen, die Abschiebungen und rassistische Ausgrenzung gut heißen, wenn auch nicht selbst praktizieren – mag es sich nun um Stiefelnazis, Wohlstandschauvinist_Innen oder Multikultirassist_Innen handeln.
Wir fordern daher Bewegunsgfreiheit für alle Menschen weltweit und werden am 15.6. unangemeldet und unkontrolliert in einer großen Fahrrad-Demonstration für dieses Recht durch die Stadt fahren.
Grenzen auf für freies Fluten! Kein Mensch ist illegal!
Fahrrad-Demonstration: Am 15. Juni um 17 Uhr im Rabet