Haben sächsische Polizisten Kontakt zur rechten Szene?

Erstveröffentlicht: 
18.05.2015

Mindestens drei Polizisten aus Leipzig haben offenbar Verbindungen zur rechten Szene in Sachsen. Das geht aus Dokumenten hervor, die auf der Internetplattform "indymedia.org" veröffentlicht wurden. Demnach sollen sich die Beamten regelmäßig mit Mitgliedern der rechten Szene austauschen, mit deren Gedankengut sympathisieren und entsprechende Kommentare im Internet verbreiten. Zudem soll mindestens einer von ihnen auch polizeiinterne Informationen weitergegeben haben. Zum Beweis veröffentlichten die Autoren des Beitrags auf Indymedia unter anderem Auszüge einer Chat-Kommunikation des Polizisten mit dem Leipziger Neonazi und Ex-NPD-Stadtratskandidaten Alexander Kurth. Die Protokolle sollen von dessen Smartphone stammen. Kurth stellte inzwischen Anzeige wegen des Diebstahls des Mobiltelefons und Verletzung seiner Privatsphäre.

 

OAZ ermittelt

 

Das Operative Abwehrzentrum der sächsischen Polizei in Leipzig erklärte, die "geschlussfolgerten Beziehungen von Sächsischen Polizeibeamten in die rechtsextreme Szene und eine unterstellte Befürwortung rechten Gedankenguts dieser Polizeibeamten wird seitens der Polizei sehr ernst genommen." Solche Sachverhalte seien besonders schwerwiegend und schadeten dem Image der Polizei in der öffentlichen Wahrnehmung. Derzeit prüft das Operative Abwehrzentrum, ob die Dokumente authentisch sind. Erst im Anschluss werde über mögliche Straf- oder Disziplinarverfahren gegen die beschuldigten Beamten entschieden, teilte die Behörde mit.

 

Innenministerium: nicht vorverurteilen und pauschalisieren


Auch das sächsische Innenministerium sprach von schwerwiegenden Vorwürfen, lehnt aber eine vorschnelle Verurteilung ab. Erst müsse der Sachverhalt aufgeklärt werden, sagte Sprecher Martin Strunden MDR 1 RADIO SACHSEN. Zugleich betonte er, das Ministerium beteilige sich nicht an Spekulationen, wie weit rechtsextremes Gedankengut oder Sympathien mit der rechten Szene bei der sächsischen Polizei verbreitet sein könnten. Bekannten Fällen werde aber nachgegangen, erklärte Strunden. Er verwies darauf, dass bereits bei der Auswahl für den Polizeidienst die charakterliche Eignung der Bewerber geprüft werde. Zudem zählten interkulturelle Kompetenz, Gesellschaftskunde, Staats- und Rechtslehre sowie Informationen über politischen Extremismus zu den wichtigen Ausbildungsinhalten.

 

Lässt sich rechte Gesinnung dauerhaft verheimlichen?

 

Die Opposition im Sächsischen Landtag drängt bei der Aufklärung der Vorwürfe aufs Tempo und glaubt offenbar, dass diese zumindest im Grundsatz wahr sind. So sagte die Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linksfraktion, Kerstin Köditz, MDR 1 RADIO SACHSEN, die Polizei sei ein Spiegelbild der Gesellschaft. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass auch bei den Beamten rechtsextremes Gedankengut bis zu einem gewissen Grad verbreitet sei. Köditz geht davon aus, dass sich eine entsprechende Haltung kaum vor Vorgesetzten und Kollegen verheimlichen lasse. Die Frage sei, wie damit bei der Polizei umgegangen werde. Zugleich kritisiert sie, dass die betroffenen Beamten nicht bis zur Aufklärung der Vorwürfe suspendiert werden sollen.

 

Auch der innenpolitische Sprecher der sächsischen Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann, ist besorgt über einen möglichen Vertrauensschwund in die sächsische Polizei. Dabei verwies er auf die Auseinandersetzungen Im Umfeld der Legida-Kundgebungen und Gegendemonstrationen in den vergangenen Monaten. Er stellte eine Anfrage zu den Erkenntnissen der sächsischen Regierung im Zusammenhang mit den Vorwürfen und forderte eine Stellungnahme des Innenministeriums bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses.