Festnahmen bei Razzia gegen Oldschool Society
Von Andreas Debski und Matthias Puppe
Leipzig. Die Ansage ist eindeutig: "Bitte keine Freizeitnazis" wird auf
der Facebook-Seite der Oldschool Society (OSS) klargestellt. Denn den
Rechtsradikalen geht es um viel mehr, als Parolen zu schreien: Sie
wollen Flüchtlingsheime angreifen, Moscheen niederreißen, Ausländer
vertreiben - sie verstehen sich als Kämpfer für das Deutsche Reich, das
für sie in den Grenzen von 1937 existiert, planen explosive Aktionen.
Parallelen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) sind
augenfällig. Jetzt ist das bundesweit agierende Netzwerk aufgeflogen.
Im Zuge der gestrigen Razzien kristallisiert sich auch heraus: Wieder
einmal ist Sachsen eine der Keimzellen für Rechtsterroristen - und
diesmal liegt der Schwerpunkt im Leipziger Umland. Durch die
Polizei-Spezialeinheit GSG 9 wurden Denise Vanessa G. (22) in Borna und
Markus W. (39) in Frohburg festgenommen. Daneben fanden Durchsuchungen
auch in Chemnitz statt.
Gerade Markus W., der unter anderem als Aushilfe bei einer Leipziger
Security-Firma gearbeitet haben soll, gilt in der gewaltbereiten
Neonazi-Szene seit Langem als Größe. Bei der OSS fungierte er als
Vizepräsident und verstand sich als Sicherheitsverantwortlicher.
Ursprünglich war er Mitglied der militanten, inzwischen verbotenen
Kameradschaft Aachener Land (KAL). "Sein Auftauchen in der Region hätte
Sicherheitsbehörden viel eher alarmieren müssen", kritisiert Kerstin
Köditz, die Rechtsextremismus-Expertin der sächsischen Linke-Fraktion,
"zumal ein anderes früheres Mitglied der KAL, Daniel K., im Oktober 2010
an der Tötung des Irakers Kamal Kilade in Leipzig beteiligt war."
Zumindest offiziell hat der sächsische Verfassungsschutz von nichts
gewusst: Im aktuellen Bericht, der erst vor zwei Wochen von
Innenminister Markus Ulbig (CDU) vorgestellt wurde, ist von dem
mutmaßlichen Terror-Netzwerk keine Rede. Dabei haben sich die Neonazis
kaum um Verdunkelung bemüht. Auf Facebook sammelte die Gruppierung seit
September 2014 mehr als 3000 Freunde. Hier dokumentierten die Neonazis
unter anderem mit Fotos ihre Krawallfahrten nach Köln, wo die
Randleipziger die Bewegung "Hooligans gegen Salafisten" unterstützten,
und nach Dortmund zu einem braunen Aufmarsch.
Daneben soll es Kontakte zu den islamfeindlichen Bewegungen Legida und
Pegida gegeben haben. Außerdem fand in Borna im November 2014 das erste
"Familientreffen" der Organisation statt. Unter den Gästen: Andreas H.
(56), ein Trockenbauer aus Augsburg, der häufig in Borna agierte und
auch neue Kameraden rekrutierte - der OSS-Chef. Auch er wurde gestern
festgenommen.
Nach LVZ-Informationen soll eine Attacke auf ein Flüchtlingsheim in der
Region Borna unmittelbar bevorgestanden haben. Die Polizei hat die
Sicherheitsvorkehrungen verstärkt und Asylbewerber-Unterkünfte unter
besonderen Schutz genommen. Für ihre Anschläge hatten die Verdächtigen
bereits Sprengstoff beschafft, so die Ermittler.