Nazi-Parolen: Elser-Film abgesetzt Kinobetreiber in Burladingen befürchtet neue Spraydosen-Anschläge

Erstveröffentlicht: 
02.05.2015

Abgesetzt: Aus Angst vor Neonazi-Anschlägen hat ein Kinobetreiber im Zollernalbkreis einen Film über den Hitler-Attentäter Georg Elser aus dem Programm genommen. An sein Kino sind Nazi-Parolen gesprüht worden.

 

Das Burladinger Kino, aber auch das Rathaus und der Polizeiposten waren in der Nacht zum Dienstag mit Hakenkreuzen und Nazi-Parolen besprüht worden. In der Nacht darauf hing dann ein Stoffbanner mit Nazi-Symbolen an einer Brücke über der B 32. Der Staatsschutz ermittelt. Der Schaden beläuft sich auf mehrere tausend Euro. Anlass für die Aktionen war vermutlich die Rechtsrock-Reportage "Blut muss fließen", die in den Burladinger Alblichtspielen lief.

Wegen der Sprühereien hat Kinobetreiber Ludwig Schülzle den Film "Elser - Er hätte die Welt verändert" zurückgezogen. Der bundesweit gezeigte Streifen sollte am Donnerstagabend auch in Burladingen anlaufen. Der Film beschäftigt sich mit Georg Elser, der 1939 ein Attentat gegen Adolf Hitler wagte, um den bevorstehenden Krieg zu verhindern, dann aber scheiterte. Peter Ohlendorf, Regisseur von "Blut muss fließen", zollt Kinobetreiber Schülzle Respekt, weil er "den Mut hatte", seine Dokumentation vorzuführen.

Wenn Schülzle nun "Elser" vorläufig absetze, habe er dafür vollstes Verständnis, sagt Ohlendorf. Überhaupt kein Verständnis hätte der Regisseur hingegen, wenn sich Burladingen jetzt nicht hinter den Kinomann stellen würde. "Wo ist die Öffentlichkeit?", fragt er. Stadt und Gemeinderat müssten Farbe bekennen, müssten dem Sprühangriff auf die Demokratie mit einer klaren Haltung entgegentreten, sich solidarisch erklären, "nicht dem Druck nachgeben". Dem Kinobetreiber habe er Hilfe zugesagt, sagte Ohlendorf, zum Beispiel bei den Kosten fürs Beseitigen der Parolen.

Doris Schülzle, Frau des Kinobetreibers, zeigte sich entsetzt und schockiert. Dass einem so etwas passieren könne, nachdem man ein Leben lang Kulturleben, Vereine und die Jugend unterstützt habe, das mache sie fassungslos. Der Anschlag mit der Spraydose, "das war erst der Anfang", fürchtet sie.

Als "Antwort" auf die Hakenkreuzschmierereien hat sich eine "Antifa Zollernalbkreis" im Internet inzwischen zu einem Anschlag auf das Haus von NPD-Funktionären in Bisingen (Zollernalbkreis) bekannt.

Vier Fenster waren in der Nacht zum Mittwoch eingeschlagen und ein Schriftzug der "Antifa"-Szene aufs Garagentor aufgesprüht worden. Die Polizei geht von einem Schaden von 2500 Euro aus. "Unsere Aktion sehen wir als Antwort auf die in letzter Zeit verstärkten Nazi-Aktivitäten im Zollernalbkreis und darüber hinaus", heißt es im Internet. Auch in Bisingen ermittelt der Staatsschutz.

Edda Schmidt, Ziel des Antifa-Anschlags, gehört dem NPD-Landesvorstand an, wo sie für "Brauchtum, Familie und Erziehung" zuständig ist. Mehrere Male war sie Direktkandidatin der NPD im Wahlkreis Tübingen-Hechingen bei Bundestagswahlen, zuletzt 2013, ebenso im Wahlkreis Hechingen bei Landtagswahlen. Zudem ist sie Landesvorsitzende des "Rings Nationaler Frauen", der bundesweiten Frauenorganisation der NPD. Die NDP-Funktionärin musste sich 2012 zusammen mit Axel Heinzmann wegen eines Anti-Georg-Elser-Flugblattes vor Gericht verantworten. Das Verfahren wurde unter der Zusage eingestellt, dass das Flugblatt nicht weiter verbreitet würde.