Dresden. Während die Zahl der Rechtsextremisten in ganz Deutschland seit Jahren zurückgeht, bleibt sie in Sachsen konstant. Allerdings gibt es innerhalb der Szene erhebliche Umschichtungen, wie aus dem Verfassungsschutzbericht 2014 hervorgeht, den Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Dienstag dem Kabinett vorlegte.
Mit 2500 stagnierte die Zahl derjenigen, die der Verfassungsschutz als
rechtsextrem einstuft, das dritte Jahr in Folge; die der
Linksextremisten stieg leicht um 20 auf 770. 360 Menschen werden
ausländischen Extremistengruppen zugerechnet, davon mit 210 die meisten
dem islamististischen Spektrum.
Gewachsen ist laut Bericht die
Gewaltbereitschaft unter Rechtsextremisten: 1000 werden als
gewaltorientiert eingeschätzt, 900 als gewaltbereit. „Gerade auch im
Hinblick auf das gesteigerte Gewaltpotenzial bleibt der
Rechtsextremismus Schwerpunkt der Beobachtungen des
Verfassungsschutzes“, sagte Ulbig. Die Zahl rechter Gewalttaten stiegt
demzufolge um fast ein Viertel auf 83.
Pegida fordert rechtsextreme Parteien heraus
Rückläufige
Tendenzen gebe es sowohl bei den Neonationalsozialisten als auch bei
der NPD, wobei letztere mit 610 Mitgliedern nach wie vor die größte
rechtsextreme Partei in Sachsen bleibe. „Der NPD gelingt es immer
weniger, ihre Mitglieder bei der Stange zu halten“, analysierte der
Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Gordian
Meyer-Plath. Davon profitierten vor allem die Jungen Nationaldemokraten
(JN), die mit der NPD nur noch wenig gemein hätten, sowie neue Parteien
wie Die Rechte und Der III. Weg.
Obwohl selbst nicht vom
Verfassungsschutz beobachtet, stellt die in Teilen islam- und
ausländerfeindliche Pegida-Bewegung nach Ansicht des
Verfassungsschutzpräsidenten eine Herausforderung für die rechtsextremen
Parteien dar. Bislang hätten sie Themen wie „Asyl“ und „Ausländer“ mehr
oder weniger exklusiv für sich in Anspruch nehmen können. „Und
plötzlich ist da ein Akteur, der eine viel größere Anzahl von Menschen
damit interessieren und mobilisieren kann. Das ist ein echtes Problem
für die NPD“, bemerkte Meyer-Plath.
Mehr Sachbeschädigungen durch Linksextreme
„Diese
volatilen politischen Bewegungen wie Pegida und Legida bedürfen auch
weiterhin einer intensiven und fortlaufenden Bewertung, weil jedenfalls
Teile von ihnen extremistisches Potenzial haben“, sagte Ulbig.
Allerdings gebe es derzeit keine Erkenntnisse, die eine Beobachtung der
Bewegungen insgesamt durch den Verfassungsschutz rechtfertigten.
Im
linksextremen Spektrum stellten die Autonomen mit 360 Personen und
einem Zuwachs von rund sechs Prozent zum Vorjahr die größte Gruppe dar.
Schwerpunkt der Szene sei Leipzig. Erst mit weitem Abstand folge
Dresden, sagte Meyer-Plath. Die Zahl der linksextremistischen Straftaten
nahm 2014 dem Bericht zufolge um mehr als 40 Prozent auf 821 Delikte
zu. Vor allem habe es sich um Sachbeschädigungen und Verstöße gegen das
Versammlungsrecht gehandelt. Die Zahl der im Bericht erfassten
Gewalttaten ging um acht auf 154 zurück.
Um mehr als zehn Prozent
nahm die Zahl der Islamisten zu. 210 Menschen werden dem Spektrum
zugerechnet, vor allem aus dem Umfeld der Al-Rahman-Moschee in Leipzig.
Linke und Grüne kritisieren Bericht
Linke
und Grüne kritisierten den Bericht. Interessant sei vor allem, „was
nicht drinsteht“, erklärte die Antifaschismus-Expertin der
Linken-Landtagsfraktion, Kerstin Köditz. Sie bemängelte, dass Pegida
nicht beobachtet werde. „Wenn die größte rechte Bewegung unserer Zeit
kein Thema für das LfV ist - dann ist das LfV nichts als teurer
Schnulli.“
Auch die Grünen forderten die Auflösung und
Neustrukturierung des Verfassungsschutzes. „Für Zahlen zu rechts- oder
linksextremen Straftaten oder einer Statistik zu den Wahlergebnissen der
NPD braucht es das Landesamt für Verfassungsschutz nicht“, sagte ihr
innenpolitischer Sprecher Valentin Lippmann.
Christian Hartmann,
innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, wies die
Forderungen zurück. „Wer verantwortungsvolle Innenpolitik betreiben und
Staat und Verfassung vor den Feinden schützen will, kann unmöglich den
Verfassungsschutz in Frage stellen.“
Für den stellvertretenden
SPD-Fraktionsvorsitzenden Henning Homann ergibt sich aus dem Bericht
weiterer Klärungsbedarf. „Dass die Zahl von Rechtsextremen - entgegen
dem Bundestrend - in Sachsen nicht sinkt und gleichzeitig die
Gewaltbereitschaft von Rechtsextremisten steigt, bedarf der sorgfältigen
Aufarbeitung“, meinte er. (dpa)