Für den 1. Mai 2015 wird erneut zu einem klassenkämpferischen und antikapitalistischen Block auf der Gewerkschaftsdemo mobilisiert. Das Rise Up! Bündnis - ein Zusammenschluss antikapitalistischer Gruppen aus Hamburg - ruft zu einer eigenständigen Beteiligung an der Demo auf, um Basiskämpfe sichtbar zu machen und zu verbinden. Dabei sollen kämpferische Positionen gegen Standortnationalismus, Sozialpartnerschaft und Kapitalismus gestärkt werden.
Grenzenlos solidarisch – für eine klassenlose Gesellschaft
Am 1. Mai werden wieder tausende Menschen demonstrieren und mehr
Rechte für Beschäftigte und bessere Bezahlung fordern. Wir werden uns an
der Gewerkschaftsdemonstration beteiligen und am internationalen
Kampftag der Arbeiter_innen deutlich machen: Etwas mehr ist nicht genug,
wir wollen alles! Denn wir brauchen kein Ritual, bei dem einmal im Jahr
verbal Dampf abgelassen wird, sondern den Kampf um grundlegend andere
Verhältnisse.
You‘ll never strike alone
In der aktuellen Tarifrunde der kommunalen Sozial- und Erziehungsberufe
fordern die Gewerkschaften ver.di und GEW deutlich höhere Löhne durch
eine neue tarifliche Eingruppierung der rund 750.000 Beschäftigten und
damit eine generelle Aufwertung sozialer Berufe. In Hamburg verlangen
Erzieher_innen in der Ausbildung außerdem eine Vergütung ihrer
Arbeitszeit, die bislang nicht bezahlt wird. Der laufende Arbeitskampf
bietet eine Chance, grundsätzliche Fragen über Reproduktionsarbeit in
der Gesellschaft zu stellen. Diese ist letztlich auf die Anforderungen
des Kapitals ausgerichtet: Kitas sind dafür da, auf die Kinder
aufzupassen, damit die Eltern arbeiten gehen können; alte Menschen
werden in Pflegeheimen verwahrt, damit die Kinder ihre Arbeitskraft
verkaufen können und in Schulen und Unis wird gelehrt, was der
Arbeitsmarkt von morgen braucht. Im kommenden Arbeitskampf werden die
Kitas im Zentrum der Auseinandersetzung stehen. Nur mit politischem und
ökonomischem Druck werden die Trägereinrichtungen zu Zugeständnissen zu
zwingen sein. Gewinnen können die Beschäftigten nur, wenn sie sich
kollektiv wehren und es eine breite gesellschaftliche Unterstützung für
ihren Arbeitskampf gibt.
Der Konflikt bietet Anlass für eine kritische Debatte, warum Arbeit
im sozialen Bereich derart schlecht bezahlt ist, die Arbeitsintensität
ständig erhöht wird und sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. Dies
verweist nicht nur auf Sparmaßnahmen der städtischen Politik, sondern
auch auf die Bedeutung sogenannter Care-Arbeit. Kinderbetreuung,
Erziehung, Pflege und Sorgearbeit finden großenteils im Privaten statt
und werden mehrheitlich von Frauen geleistet. Dass unbezahlte Hausarbeit
zunehmend dem Markt unterworfen wird und aus ihr schlecht bezahlte
Dienstleistungen werden, ist auch heute noch Ausdruck patriarchaler
Geschlechterverhältnisse und der Abwertung weiblicher Arbeitskraft.
Zusammen mehr erreichen
So wie Reproduktionsarbeit vielfach nach wie vor im Verborgenen
stattfindet, gibt es andere Formen unsichtbarer Arbeit. Viele Menschen
erhalten aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keine Arbeitserlaubnis. Die
unsichtbare Arbeit von illegalisierten Migrant_innen – ob auf dem Bau,
in der Gastronomie oder der Hausarbeit – bringt den Unternehmen flexible
und rechtlose Beschäftigte. Für die Betroffenen bedeutet sie eine
schonungslose Ausbeutung ihrer Arbeitskraft. Auch das ohnehin löchrige
Konzept des Mindestlohns greift hier nicht.
Während die Geflüchteten der Lampedusa-Gruppe um ihr Recht kämpfen, in Hamburg überhaupt legal arbeiten zu dürfen, sind Arbeitsmigrant_innen aus (ost)europäischen Ländern verschärften Arbeitsbedingungen und willkürlich agierenden Chefs ausgesetzt. Zusätzlich sind sie oft auf miserable Sammelunterkünfte angewiesen, die ihnen zu horrenden Preisen vermietet werden. Dass sich Arbeiter_innen gegen solche Verhältnisse wehren, zeigt der wütende Protest von rund 100 Leiherabeiter_innen, die bei der Wurstfabrik Schwarz Cranz in Neu Wulmstorf bei Hamburg beschäftigt waren. Sie belagerten wegen Lohndumping, falschen Abrechnungen und Abzügen das Büro des Personaldienstleisters BIR Service GmbH. Mit Erfolg: Die Arbeiter_innen konnten durchsetzen, dass 90 Prozent von ihnen unbefristet von der Wurstfabrik übernommen wurden.
Solche Ansätze von Selbstorganisation müssen unterstützt werden und miteinander in Kontakt treten. Es wird höchste Zeit, dass Gewerkschaften auch Menschen ohne Papiere aufnehmen. Wir stehen hinter den Kolleg_innen von ver.di, die sich dafür einsetzen, dass die Lampedusa-Geflüchteten bei ihnen mitmachen können. Die gemeinsamen Interessen von Lohnabhängigen gilt es ohne Pass im Kopf zu organisieren.
Etwas besseres als Arbeit
Lohnarbeit ist ein wesentlicher Grundpfeiler des Kapitalismus, und sie
prägt unser ganzes Leben. Weil Erwerbslosigkeit als Drohkulisse
allgegenwärtig ist, setzen sich zunehmend prekäre
Beschäftigungsverhältnisse durch, wird Lohnarbeit flexibilisiert, werden
Tarifverträge ausgehebelt und die Wettbewerbsfähigkeit des nationalen
Standorts zum Leitbild der Gesellschaft gemacht. Die kapitalistische
Produktionsweise – mit dem Recht auf Privateigentum an
Produktionsmitteln einerseits und der Abhängigkeit von Lohnarbeit
andererseits – entfaltet einen stummen Zwang, dem alle zu folgen haben.
Die Herrschaft des Kapitals erscheint dabei als natürlichste Sache der
Welt, obwohl sie Ausdruck bestimmter Klassenverhältnisse ist.
Wenn es also darum geht, die „Arbeit der Zukunft zu gestalten“, wie
das Motto der diesjährigen Gewerkschaftsdemonstrationen lautet, dann
heißt das für uns nicht bloß, sich in Kämpfen um die Bedingungen der
Lohnarbeit aufzureiben. Die Lohnarbeit selbst gilt es in Frage zu
stellen und grundsätzlich andere Formen des gesellschaftlichen
Zusammenlebens auf die Tagesordnung zu setzen. Kurzum: Die Überwindung
des Kapitalismus möglich zu machen.
Am 1. Mai und allen anderen Tagen…
In Arbeitskämpfen, die bisher am Rande oder außerhalb der
„Normalarbeitsverhältnisse“ standen und lange Zeit nicht im Fokus der
traditionellen Gewerkschaftsbewegung waren, zeichnen sich neue
Bewegungen von Lohnabhängigen ab. Menschen beginnen, ihr Schicksal in
die eigenen Hände zu nehmen und organisieren sich selbst. Mit dem
klassenkämpferischen und antikapitalistischen Block am 1. Mai wollen wir
diese Basiskämpfe stärken und sichtbar machen. Der Sozialpartnerschaft
des DGB – der angeblich gleichberechtigten Kooperation zwischen Kapital
und Arbeit – erteilen wir eine klare Absage. Wenn wir mehr wollen als
etwas freundlichere Rahmenbedingungen zur Ausbeutung, müssen wir den
gesamten Kapitalismus angreifen. Nicht die Verwertbarkeit von
Arbeitskräften, die Vermarktung aller Beziehungen und die private
Anhäufung gesellschaftlichen Reichtums gehören in den Mittelpunkt,
sondern Menschen und ihre Bedürfnisse. Auch wenn es ein langer Weg ist:
Der Kampf um eine solidarische und klassenlose Gesellschaft beginnt im
hier und jetzt.
Klassenkämpferischer und antikapitalistischer Block auf der DGB-Demo
1. Mai 2015 – 10:30 Uhr – Rödingsmarkt – Hamburg
Parade von „Recht auf Stadt – Never mind the papers“
1. Mai 2015 – 14 Uhr – Millerntorplatz – Hamburg
RISE UP! – Antikapitalistisches Bündnis Hamburg // http://www.riseup.tk