Oberbürgermeister Jung zum Rücktritt aufgefordert
Von Jens Rometsch und Matthias Roth
Zum neunten "Abendspaziergang" von Leipzig gegen die Islamisierung des
Abendlandes (Legida) schien es gestern zunächst nichts Neues zu geben.
500 bis 600 Anhänger hatten sich vor der Oper versammelt. An der Tribüne
erscholl vom Band ein Schlager mit dem Refrain "Wir sind das Volk".
Oben drüber kreiste ein Polizeihubschrauber. 800 Beamte waren im
Einsatz, um den friedlichen Verlauf der Veranstaltung sicherzustellen,
sagte Polizeisprecher Uwe Voigt. Hinter dem Kordon aus Einsatzwagen
pfiffen und trommelten Hunderte Gegendemonstranten.
In seiner Rede distanzierte sich Legida-Chef Silvio Rösler von
Morddrohungen gegenüber Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD).
Zugleich zog er in Zweifel, ob es diese wirklich gegeben habe. "Wer es
jemals geschafft hat, Oberbürgermeister Jung anzurufen, möge sich
melden", sprach er in die Runde. Niemand meldete sich. Legida habe mit
Gewalt nichts am Hut, fordere aber weiterhin Jungs Rücktritt. Rösler:
"Entlasten Sie das Amt des OBM und nehmen Sie Ihre zugereisten
Hofschranzen gleich mit!" Was Legida außerdem erreichen will, dazu
sollen in nächster Zeit konkretere Informationen folgen, kündigte er an.
Jung hatte vergangene Woche öffentlich gemacht, dass er seit Beginn der
Legida-Aktionen etwa 30 Gewaltdrohungen per Facebook, Mail oder
Briefpost erhalten habe, darunter auch Morddrohungen.
Nach Rösler sprach ein Syrer, der seit fünf Monaten in Leipzig lebt,
hier Deutsch gelernt hat: "Ich glaube nicht an Religionen, ich glaube an
das Grundgesetz."
Auch Michael Mannheimer trat ans Mikro: Er fürchte, die "Invasion der
Integration" nicht zu überleben. Der rechte Blogger verstieg sich zu
Formulierungen wie "Genozid an den Deutschen" und "Widerstand bis zum
Tod". Die Demo über Georgiring, Wintergarten- und Querstraße verlief
ohne größere Zwischenfälle. Allerdings prügelten später in der
Nürnberger Straße nach Polizeiangaben unbekannte Täter auf vier
Legida-Gegner ein.