Die vorübergehende Einstellung der Bombardierung der Lager der FARC-EP ist trotz der Bedenken der Guerilla ein besonderer Einschnitt in der Geschichte des bewaffneten Konflikts in Kolumbien. Auch wenn auf minimaler Ebene die Konfrontationen zwischen Militär und Guerilla anhalten, so ist die Geste der kolumbianischen Regierung ein wichtiger Schritt zu einer friedlichen Lösung des Konflikts.
Auch wenn die FARC-EP zu Recht ihre Bedenken gegenüber der Geste der Regierung zur Einstellung der Bombardierungen mitteilte, so ist diese Ankündigung immens wichtig für das Bestehen bzw. Konsolidieren und Vorbereiten ihrer Kämpfer und Kämpferinnen auf eine Phase des Friedens und der politischen Partizipation. Nichts fürchtete die Guerilla so sehr, wie das nächtliche Bombardieren ihrer Lager. Diese kaum vorhersehbare Aggression in der Nacht traf die Guerilla in den letzten 20 Jahren mehrmals tief in das Herz. Es ist eine wechselseitige Geschichte, der wir uns etwas näher befassen wollen.
Auch wenn die Guerilla in den 1990er Jahren bis zum Jahr 2002 auf dem Höhepunkt ihrer militärischen macht war, vor nichts hatten die Guerilleros/as mehr Respekt, als vor den Bombardierungen ihrer Lager. Mit der Modernisierung der kolumbianischen Streitkräfte unter der Regierung Pastrana, die sich zeitgleich in Friedensverhandlungen mit der FARC-EP befand, aber auf der anderen Seite den Militärplan „Plan Colombia“ verabschiedete, zeigte sich nicht nur die Doppelzüngigkeit der Regierung, sondern auch ihr Fokus auf eine zunehmende Militarisierung. Derr für zwei Amtsperioden folgende rechte Hardliner Uribe konnte bei seiner Bekämpfung der Guerilla auf eine durch die USA hochgerüstete Armee zurückgreifen.
Unter der Politik mit dem Namen „Demokratische Sicherheit“ vollführte Uribe zahlreiche Militärpläne in den Regionen, wo die Guerilla präsent war. Dazu zählten Bombardierungen und Operationen von Luftwaffe, Armee und Polizei gegen die Lager der FARC-EP im Dschungel und in den Bergen. Der Schaden der dabei entstand, musste unter anderem vom FARC-EP-Kommandierenden Andrés Paris eingestanden werden, der 2012 gegenüber einem Nachrichtenportal sagte, dass die Bombardierungen absolut gewaltvoll sind und sie eine Menge Schaden angerichtet haben.“
Zum Einsatz in der kolumbianischen Luftwaffe kommen vor allem Flugzeuge vom Typ „Super Tucano“, die mit sogenannten intelligenten Bomben beladen werden. Die schnellen und überraschenden Angriffe haben die Konfrontation zwischen Guerilla und Armee radikal verändert. , bewaffnete Konfrontation zwischen der Regierung und der Rebellengruppe radikal verändert. Kommandierende der FARC-EP wie Martin Caballero, Alfonso Cano, Mono Jojoy und Raúl Reyes wurden so getötet.
Wo in der Vergangenheit schlachten zwischen Hunderten und Tausenden Kämpfern und Kämpferinnen ausgetragen werden, benötigt die Armee heute nur einen Chip zum Beispiel bei infiltrierten Guerilleros/as zur Lokalisierung der Lager, ein Flugzeug und eine oder mehrere Bomben zur Zerstörung oder Schädigung einer Einheit der Guerilla. Auch die Guerilla änderte ihre Strategie. Jede militärische Aktion muss in schneller Zeit ausgeführt werden, so dass keine Unterstützung aus der Luft für den Feind erfolgen kann. Operiert wird nur noch in kleinen und mobilen Guerilla-Einheiten.
Doch nicht nur die Guerilla ist von den Bombardierungen betroffen, auch die Zivilbevölkerung trägt Opfer bei militärischen Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte. Nicht nur, dass die Militarisierung der letzten Jahrzehnte einschneidende Veränderungen, Repression und Menschenrechtsverletzungen zur Folge hatte, auch wurden direkt Ortschaften und Häuser von Bauern angegriffen. Ein solches Beispiel ist das Abwerfen einer Bombe im Dorf Santo Domingo, der Gemeinde Tame, Arauca, am 13. Dezember 1998. Auch in vielen anderen Regionen kommt es zu Übergriffen und Bombardierungen. Genannt seien hier unter anderem die ländlichen Regionen in Caquetá und Meta, wo die Guerilla bis heute sehr stark ist.
Eine der ersten strategischen Bombardierungen fand auf das Hauptquartier der FARC-EP, das Casa Verde, statt. Am selben Tag wie der konstituierenden Versammlung zeigte das kolumbianische Militär, was sie von Frieden und Versöhnung hielt. Am 10 Dezember 1990 bombardierte das Militär das Hauptquartier, wo sie das Sekretariat der FARC-EP, das höchste Organ der Guerilla, vermutete. Der Angriff hatte eher eine psychologische Wirkung. Bei der Rückeroberung der entmilitarisierten Zone nach dem gescheiterten Friedensverhandlungen von Caguán im Jahr 2002 wurden erstmals über mehrere Tage verschiedene Lager der FARC-EP bombardiert. Doch die Guerilla hatte sich längst in andere Gebiete zurückgezogen und die modernisierte Luftwaffe kam noch nicht zu Geltung.
Mit der Aufrüstung und Modernisierung von Flugzeugen wie Kfir, Mirage, Tucano, sowie modernen Nachrichten- und Satellitensystemen und lasergesteuerten Bomben konnte die Luftwaffe nun präzise und schnelle Luftschläge durchführen. So fand ein Großteil der Bombardierungen in der Nacht statt, zu einem Zeitpunkt, in der die Guerilla am verwundbarsten war. Es ist also nicht verwunderlich, wenn die Guerilla diese Angriffe zum einen als angsteinflößend empfindet, zum anderen aber auch als hinterlistige und niederträchtige Art und Weise.
Anbei ein Überblick über Operationen aus der Luft, bei denen Kommandierende der FARC-EP in den letzten Jahren getötet wurden. Die Informationen stammen von verdadabierta.com
1. März 2008
In einer Operation mit dem Namen Fénix starben an diesem Tag auf ekuadorianischem Territorium Raúl Reyes, Internationaler Koordinator der FARC-EP, und 21 weitere Besucher und Guerillos/as im Lager.
1. Juli 2008
In der Operation Gibratal, durchgeführt von Armee und Polizei, stirbt bei Bombardierungen auf Lager der 6. Front und 30. Front in Corinto/Cauca ein führendes Mitglied der 6. Front.
16. Dezember 2009
Polizei und Luftwaffe bombardieren ein Lager der 9. Front in Antioquia, Kommandant dieser Front.
30. März 2010
Zwischen den Provinzen Tolima und Quindío sterben neben dem Kommandierenden der 50. Front auch sechs weitere Guerilleros/as.
20. September 2010
Bei einem Luftangriff in Putumayo werden 23 Guerilleros/as der 48. Front getötet, darunter ein führendes Mitglied dieser Front.
23.September 2010
Der militärische Chef und Oberkommandierende des östlichen Militärblocks der FARC-EP, Mono Jojoy, sowie sieben weitere Kämpfer und Kämpferinnen sterben bei einer Bombardierung mit dem Namen Sodoma im Dschungel von La Macarena/Meta.
4. November 2011
In der Operation Odiseo wird der Oberkommandierende der FARC-EP sowie einige Begleiter getötet. Es ist der Abschluss einer Reihe von Operationen zum Töten von Alfonso Cano in Cauca, Huila, Tolima und Valle del Cauca.
28. März 2012
Die Luftwaffe bombardiert ein Ausbildungslager des östlichen Militärblocks in Vista Hermosa/Meta, wo unter anderem sechs Kommandierende verschiedener Fronten, zum Beispiel der 27. Front, dieses Militärblocks sterben.
31. Januar 2013
Der Kommandierende der 5. Front der FARC-EP stirbt mit fünf weiteren Guerilleros/as in Nudo de Paramillo/Antioquia bei einem Bombenangriff.
26. August 2013
Die Luftwaffe bombardiert ein Lager der 57. Front der FARC-EP in Chocó wodurch der Kommandierende dieser Front stirbt.
19. Januar 2014
Aufgrund eines Luftangriffs gegen ein Lager in Arauca sterben 14 Kämpfer und Kämpferinnen der mobilen Kolonne Alfonso Castellanos der FARC-EP.
Mehr Informationen zur kolumbianischen Guerilla auf Deutsch: http://www.kolumbieninfo.blogspot.de