Auf reges Interesse stießen am Donnerstagabend die ersten Königsbronner Friedensgespräche im evangelischen Gemeindehaus. Gedacht sind diese Gespräche als kritischer Gegenpol zu den vom Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter initiierten Königsbronner Gesprächen, in deren Mittelpunkt die Außen- und Sicherheitspolitik steht.
Hervorgegangen ist die Idee zum Friedensgespräch aus dem Zusammenschluss unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen, die einen Gegenpol bilden wollten gegen die in ihren Augen einseitig betriebene „Lobbyarbeit für Kriegseinsätze“, wie sie von den Königsbronner Gesprächen ausgehe. Am Bündnis beteiligt sind unter anderem die Linke, die Grünen, der DGB und die Deutsche Friedensgesellschaft.
Auf dem Podium diskutierten Kerstin Pätzold vom DGB Nordwürttemberg,
Silvia Bopp von der Pressehütte Mutlangen und Tobias Pflüger,
Friedensforscher und stellvertretender Parteivorsitzender der Linken.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Rolf Siedler, katholischer
Betriebsseelsorger und Wirtschaftsmediator in der Region Ostwürttemberg.
Von Beginn an wurde Tacheles geredet
Von Beginn an wurde bei den 1. Königsbronner Friedensgesprächen Tacheles geredet. Einig waren sich alle Diskutanten in dem Punkt, dass man mit dieser Veranstaltung ein Gegengewicht gegen die Königsbronner Gespräche bilden müsse. In den Augen der Friedensaktivisten verfolgten jene Gespräche das Ziel, unter dem Deckmantel des Begriffs der „Sicherheit“ in der Bevölkerung eine Akzeptanz für Kriegseinsätze herzustellen. Besonders verwerflich findet man es, wenn sich die Veranstalter dabei auf den Königsbronner Widerstandskämpfer Georg Elser beriefen, der bekanntlich mit seiner Tat den Krieg habe verhindern wollen.
Ganz im Sinne von Carl von Clausewitz altem Zitat, der Krieg sei die
Fortführung der Politik mit anderen Mitteln, solle bei den Königsbronner
Gesprächen der Eindruck vermittelt werden, als handele es sich bei
Kriegseinsätzen um ein legitimes und fast schon alltägliches Mittel der
Politik. „Mit Frieden aber haben diese Gespräche wirklich wenig, mit
Krieg aber sehr viel zu tun“, so Pflüger.
Bundeswehr eine internationale Interventionsarmee?
In den letzten 20 Jahren sei es in Deutschland gelungen, die Bundeswehr mehr oder weniger am Grundgesetz vorbei von einer reinen Landesverteidigungs- zu einer internationalen Interventionsarmee umzumodeln. Offenbar möchte man sich auf den neuen, den asymmetrischen Krieg vorbereiten, um auch dabei weltweit ein Wörtchen mitsprechen zu können. Mit großer Sorge beobachten die Friedensaktivisten, wie durch engagierte Lobbyarbeit – wie auch bei den Königsbronner Gesprächen – in der Bevölkerung eine zunehmende Akzeptanz für Auslandseinsätze der Bundeswehr geschaffen würde.
Besonders perfide findet es Bopp von der Pressehütte Mutlangen, dass
Vertreter der Bundeswehr mit schmucken Uniformen in den Schulen
auftauchten und dabei den Job bei der Bundeswehr als eine Art ständigen
Abenteuerurlaub darstellen würden. „Armeeangehörige haben in den
Klassenzimmern überhaupt nichts zu suchen. Dies ist eine Manipulation an
unseren jungen Menschen“, befindet die engagierte Friedensaktivistin
und kämpferische Feministin, die in Mutlangen unter anderem ein
regelmäßiges Frauenfrühstück organisiert.
Rüstungexporte den Teilnehmern ein Dorn im Auge
Der Gewerkschafterin Pätzold sind vor allem die Rüstungsexporte ein Dorn im Auge, insbesondere sei es hochproblematisch, wenn diese Güter an totalitäre Länder wie Saudi-Arabien geliefert würden oder an dubiose Gruppen wie den kurdischen Peschmerga. Pätzold plädiert für eine konsequente Weiterverfolgung der Rüstungskonversion, also die Umstellung von Rüstungsbetrieben auf zivile Produktion. Dabei sieht die Gewerkschafterin die Lage nicht so verzweifelt, wie ihre Kollegen auf dem Podium. Schließlich sei die Zahl der in den Rüstungsfirmen Beschäftigten seit den 80er-Jahren von einst 400 000 auf nunmehr nur noch 80 000 gesunken. Das sei der Weg, den es weiter zu verfolgen gelte.