Dresden. Das Protestcamp von Flüchtlingen vor der Dresdner Semperoper ist am Dienstag geräumt worden. Die Teilnehmer leisteten am Vormittag keinen Widerstand und bauten die Zelte selbst ab. Zuvor waren sie mit einem Eilantrag gegen die von der Stadt angeordnete Räumung des Zeltlagers gescheitert. Polizei, Vertreter der Kommune und Stadtreinigung hatten am Morgen vor der Semperoper Aufstellung genommen, seit 9 Uhr wurden die etwa 50 Zelte auf dem Theaterplatz abgebaut.
Politiker von Grünen und Linken kritisierten das Vorgehen der Stadt und
die Entscheidung der Verwaltungsrichter: „Das ist definitiv die falsche
Entscheidung. Man hätte auf Kommunikation und Kooperation setzen
können“, sagte Linke-Parteichef Rico Gebhardt. Laut Grünen-
Fraktionschef Volkmar Zschocke wäre es sicher möglich gewesen, über die
Forderungen der Flüchtlinge noch länger zu verhandeln. Stadtsprecher Kai
Schulz wies Vorwürfe einer mangelnden Kommunikation mit den
Flüchtlingen zurück. Man habe verschiedene Gespräche mit den
Verantwortlichen geführt. Man müsse aber zwischen ordnungsrechtlichen
Dingen und der politischen Debatte trennen.
Kritisch sahen
Zschocke und Gebhardt die Rolle des sächsischen Ausländerbeauftragten
Geert Mackenroth (CDU), der die Flüchtlinge und ihre Unterstützer in
einem Interview auf MDR Info mit Falschparkern verglich, die mit
Konsequenzen ihres ordnungswidrigen Verhaltens rechnen müssten.
Mackenroth sei der „falsche Mann“ für dieses Amt, sagte Gebhardt.
Verwaltungsgericht ordnete Auflösung an
Das
Vorgehen der Behörde sei durch die gesetzlichen Bestimmungen gedeckt,
teilte das Dresdner Verwaltungsgericht am Dienstag mit. Die Flüchtlinge
und ihre Unterstützer können den Protest allerdings ohne Zelte
fortsetzen und wollen das nach eigenem Bekunden auch tun. Innenminister
Markus Ulbig (CDU) nannte das Vorgehen der Stadt „besonnen“. Dresden
habe klar entschieden, aber nicht überreagiert. „Eine dauerhafte
Inanspruchnahme des Platzes, die über die Versammlungsfreiheit
hinausgeht, kann es nicht geben“, erklärte der Minister.
Das Protestcamp für mehr Rechte der Flüchtlinge war am Samstag nach
einer Demonstration in Dresden spontan entstanden. Die Teilnehmer nutzen
dafür Zelte und Toiletten, die für die Demo aufgestellt wurden.
Ursprünglich sollte das seit Samstag bestehende Camp der etwa 50
Migranten bereits am Montag abgebaut werden. Der Dresdner Rechtsbeistand
der Protestierenden, Mark Feilitzsch, hatte allerdings einen Eileintrag
gegen die geplante Räumung beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die
Kommune verzichtete daraufhin zwischenzeitlich auf den Vollzug.
Am
Dienstagmorgen wurde der Eilantrag von der Justizbehörde abgelehnt.
"Die Aufstellung der Zelte und Toiletten stellt eine straßenrechtliche
Sondernutzung dar, für die eine Erlaubnis erforderlich sei", heißt es in
dem am Dienstag ergangenen Beschluss. Vom Grundrecht der
Versammlungsfreiheit seien die Behausungen nicht geschützt, weil sie für
die Demonstration nicht "wesensnotwendig" seien, sonder darauf
abzielten, möglichst optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, so die
sechste Kammer (Az.: 6 L 147/15).
Attacke am Vorabend durch Polizei verhindert
Am
Montagabend war das Camp von Rechtsextremisten attackiert worden. Nach
einer Kundgebung der islamkritischen Pegida-Bewegung zogen etwa 100
Teilnehmer vom Neumarkt zum Theaterplatz, um gegen die Aktion der
Flüchtlinge und ihrer Sympathisanten zu protestieren. Etwa zwei Dutzend
Rechtsextreme versuchten auf den Platz zu stürmen, wurden aber von der
Polizei rasch abgedrängt.
Es gebe einen hohen Zugang an Flüchtlingen, so Ulbig. Demnach hat Sachsen im Februar 2015 rund 2100 Flüchtlinge aufgenommen, im Vorjahresmonat waren es knapp 500. Die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen wurden seit 2013 von 900 auf mittlerweile 2940 Plätze aufgestockt.
Ulbig kündigte an, künftig auch EU-Fördermittel für Stadtentwicklung für die Integration von Flüchtlingen nutzen zu wollen. So soll es sogenannte Quartiersmanager geben, die sich in den Stadtteilen um die soziale Betreuung und Integration von Asylbewerbern kümmern. Auch für die dezentrale Unterbringung in Wohnungen sollen Kommunen Fördermittel nutzen können. (mit dpa)