Massiver Anstieg von rassistischer Gewalt in Sachsen

Erstveröffentlicht: 
25.02.2015

Statistik der Opferberatung: 2014 deutlich mehr Attacken gegen Ausländer

 

Von Juliane Just


Dresden. Die Bilanz zu rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt macht das deutlich, was seit einigen Monaten heftig diskutiert wird: Im vergangenen Jahr gab es einen massiven Anstieg von rassistischer Gewalt im Freistaat. Das Projekt Opferberatung des Vereins für Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen (RAA Sachsen) veröffentlichte gestern in der RAA-Außenstelle Dresden eine Statistik zum Jahr 2014.


Im vergangenen Jahr zählten die Beratungsstellen für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt des Vereins RAA Sachsen 257 Angriffe mit insgesamt 419 betroffenen Menschen. Damit stieg die Zahl derartiger Angriffe im Vergleich zum Vorjahr erneut. 2013 waren es 34 Angriffe und rund 100 Betroffene weniger. Von diesen Angriffen waren im Jahr 2014 insgesamt 162 Straftaten rassistisch motiviert. Im Jahr 2013 wurden 85 derartige Straftaten gezählt. So sei die Zahl der Straftaten rassistischer Angriffe laut RAA Sachsen in einem Jahr um 90 Prozent gestiegen. "Das ist ein großer Trend im Vergleich zu den letzten Jahren", sagt Andrea Hübler, Beraterin bei der Opferberatung.


Die Schwerpunkte der Gewalttaten seien vor allem die Großstädte Dresden und Leipzig. In der Landeshauptstadt nahm die Zahl der Angriffe stark zu. Waren es im Jahr 2013 noch 32 Angriffe, wurden im vorigen Jahr 48 Übergriffe gezählt. 36 dieser verübten Angriffe waren rassistisch motiviert, im Vorjahr waren es 19. Damit stieg die rassistische Gewalt in der Landeshauptstadt in nur einem Jahr um 89 Prozent. In Leipzig blieb die Zahl mit 57 Angriffen hoch, aber im Vergleich zum Vorjahr mit 58 Angriffen nahezu gleich.


Die Zuständigen des Bereiches Opferberatung der RAA Sachsen zählten allein 15 rassistisch motivierte Angriffe in Dresden in den letzten drei Monaten des Vorjahres. Dieser Aspekt sei sehr auffällig. "Die Zunahme steht allem Anschein nach im Zusammenhang mit der zum Teil offen rassistischen Stimmung, die durch Anti-Asyldemonstrationen und Pegida erzeugt wurde", meint Hübler. So sei ein Klima erzeugt worden, das die Hemmschwelle der Gewalt gegen ausländische Mitbürger offensichtlich enorm sinken ließ.


Mit insgesamt 21 Angriffen bleibt der Landkreis Nordsachsen auch im Jahr 2014 Schwerpunkt rechter Gewalt im ländlichen Raum. Insbesondere die Städte Delitzsch, Eilenburg und Oschatz verzeichnen mehr Angriffe rassistischer Gewalt. In den Landkreisen Bautzen und Nordsachsen gab es im vergangenen Jahr einen erheblichen Anstieg von rassistischen Angriffen im Umfeld von neu eröffneten Unterkünften für Asylsuchende. In Hoyerswerda, Bautzen und Oschatz gab es zahlreiche Bedrohungen und Angriffe gegen Asylsuchende oder an den Unterkünften selbst. "Gerade bei solchen Vorfällen gilt es, Strategien zur Vermeidung zu entwickeln, denn in diesem Jahr sollen weitere Heime für Asylsuchende geöffnet werden", so Hübler. Auffällig sei, dass es in Städten mit bereits bestehenden Flüchtlingsheimen wie Kamenz oder Görlitz nur wenige Angriffe gab.


Im Vogtlandkreis sowie in den Landkreisen Leipzig, Meißen und Bautzen sei ebenfalls ein deutlicher Anstieg rechter Gewalt zu verzeichnen. Gesunken ist die Zahl der rechtsmotivierten Gewalttaten hingegen im Landkreis Mittelsachsen und im Erzgebirgskreis. In den Landkreisen Nordsachsen, Zwickau, Sächsische Schweiz Osterzgebirge und Görlitz sowie in der Stadt Chemnitz blieb die Anzahl der rechten Angriffe nahezu gleich.


Am häufigsten handelt es sich bei den gezählten Angriffen um Körperverletzungen, gefolgt von Nötigungen, Bedrohungen und versuchten Körperverletzungen. Die Täter seien vorwiegend Männer im Alter zwischen 27 und 40 Jahren. "Bis zum Jahr 2012 gingen die Zahlen rassistischer Gewalttaten zurück. Seitdem gibt es jedoch wieder einen rasanten Anstieg", berichtet Hübler. Statistisch gesehen ereignen sich in Sachsen insgesamt fünf Angriffe und drei Körperverletzungen pro Woche.