Statistik der Opferberatung: 2014 deutlich mehr Attacken gegen Ausländer
Von Juliane Just
Dresden. Die Bilanz zu rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt macht
das deutlich, was seit einigen Monaten heftig diskutiert wird: Im
vergangenen Jahr gab es einen massiven Anstieg von rassistischer Gewalt
im Freistaat. Das Projekt Opferberatung des Vereins für Regionale
Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen (RAA
Sachsen) veröffentlichte gestern in der RAA-Außenstelle Dresden eine
Statistik zum Jahr 2014.
Im vergangenen Jahr zählten die Beratungsstellen für Betroffene rechter
und rassistischer Gewalt des Vereins RAA Sachsen 257 Angriffe mit
insgesamt 419 betroffenen Menschen. Damit stieg die Zahl derartiger
Angriffe im Vergleich zum Vorjahr erneut. 2013 waren es 34 Angriffe und
rund 100 Betroffene weniger. Von diesen Angriffen waren im Jahr 2014
insgesamt 162 Straftaten rassistisch motiviert. Im Jahr 2013 wurden 85
derartige Straftaten gezählt. So sei die Zahl der Straftaten
rassistischer Angriffe laut RAA Sachsen in einem Jahr um 90 Prozent
gestiegen. "Das ist ein großer Trend im Vergleich zu den letzten
Jahren", sagt Andrea Hübler, Beraterin bei der Opferberatung.
Die Schwerpunkte der Gewalttaten seien vor allem die Großstädte Dresden
und Leipzig. In der Landeshauptstadt nahm die Zahl der Angriffe stark
zu. Waren es im Jahr 2013 noch 32 Angriffe, wurden im vorigen Jahr 48
Übergriffe gezählt. 36 dieser verübten Angriffe waren rassistisch
motiviert, im Vorjahr waren es 19. Damit stieg die rassistische Gewalt
in der Landeshauptstadt in nur einem Jahr um 89 Prozent. In Leipzig
blieb die Zahl mit 57 Angriffen hoch, aber im Vergleich zum Vorjahr mit
58 Angriffen nahezu gleich.
Die Zuständigen des Bereiches Opferberatung der RAA Sachsen zählten
allein 15 rassistisch motivierte Angriffe in Dresden in den letzten drei
Monaten des Vorjahres. Dieser Aspekt sei sehr auffällig. "Die Zunahme
steht allem Anschein nach im Zusammenhang mit der zum Teil offen
rassistischen Stimmung, die durch Anti-Asyldemonstrationen und Pegida
erzeugt wurde", meint Hübler. So sei ein Klima erzeugt worden, das die
Hemmschwelle der Gewalt gegen ausländische Mitbürger offensichtlich
enorm sinken ließ.
Mit insgesamt 21 Angriffen bleibt der Landkreis Nordsachsen auch im Jahr
2014 Schwerpunkt rechter Gewalt im ländlichen Raum. Insbesondere die
Städte Delitzsch, Eilenburg und Oschatz verzeichnen mehr Angriffe
rassistischer Gewalt. In den Landkreisen Bautzen und Nordsachsen gab es
im vergangenen Jahr einen erheblichen Anstieg von rassistischen
Angriffen im Umfeld von neu eröffneten Unterkünften für Asylsuchende. In
Hoyerswerda, Bautzen und Oschatz gab es zahlreiche Bedrohungen und
Angriffe gegen Asylsuchende oder an den Unterkünften selbst. "Gerade bei
solchen Vorfällen gilt es, Strategien zur Vermeidung zu entwickeln,
denn in diesem Jahr sollen weitere Heime für Asylsuchende geöffnet
werden", so Hübler. Auffällig sei, dass es in Städten mit bereits
bestehenden Flüchtlingsheimen wie Kamenz oder Görlitz nur wenige
Angriffe gab.
Im Vogtlandkreis sowie in den Landkreisen Leipzig, Meißen und Bautzen
sei ebenfalls ein deutlicher Anstieg rechter Gewalt zu verzeichnen.
Gesunken ist die Zahl der rechtsmotivierten Gewalttaten hingegen im
Landkreis Mittelsachsen und im Erzgebirgskreis. In den Landkreisen
Nordsachsen, Zwickau, Sächsische Schweiz Osterzgebirge und Görlitz sowie
in der Stadt Chemnitz blieb die Anzahl der rechten Angriffe nahezu
gleich.
Am häufigsten handelt es sich bei den gezählten Angriffen um
Körperverletzungen, gefolgt von Nötigungen, Bedrohungen und versuchten
Körperverletzungen. Die Täter seien vorwiegend Männer im Alter zwischen
27 und 40 Jahren. "Bis zum Jahr 2012 gingen die Zahlen rassistischer
Gewalttaten zurück. Seitdem gibt es jedoch wieder einen rasanten
Anstieg", berichtet Hübler. Statistisch gesehen ereignen sich in Sachsen
insgesamt fünf Angriffe und drei Körperverletzungen pro Woche.